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Politik

Grüne: Jamaika ist kein Selbstläufer

Nina Werkhäuser
30. September 2017

Auf einem kleinen Parteitag sprachen sich die Grünen für Sondierungsgespräche mit CDU/CSU und FDP aus. Ob am Ende tatsächlich eine Jamaika-Koalition dabei herauskommt, halten sie aber für völlig offen.

Deutschland Länderrat Bündnis 90/Die Grünen | Göring-Eckardt und Özdemir
Suchen kein Bündnis um jeden Preis: Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt (li) und Parteichef Cem Özdemir (re)Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Für die Grünen sind die Verhandlungen über eine mögliche Jamaika-Koalition wie eine große Tüte, von der niemand weiß, was genau darin ist. Sie dennoch zu öffnen, sprich in die Verhandlungen mit CDU/CSU und FDP zu gehen, war Konsens auf einem kleinen Parteitag, den die Grünen knapp eine Woche nach der Bundestagswahl in Berlin abhielten. Ohne Gegenstimmen gaben die Delegierten dem 14-köpfigen Verhandlungsteam das Mandat, Sondierungsgespräche zu führen. Sollten diese Gespräche erfolgreich sein, wird später ein Bundesparteitag über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden.

Kritiker in der Minderheit

Zuvor hatte ein Redner nach dem anderen eine Lanze für Sondierungsgespräche gebrochen. Kritische Stimmen waren kaum zu hören. Der allgemeine Tenor war: Es sei der Wählerauftrag, über eine Jamaika-Koalition zu verhandeln, und der Anspruch der Grünen, Regierungsverantwortung zu übernehmen. "Selbstverständlich wollen wir regieren und natürlich werden wir unsere Ideen dabei nicht verkaufen", rief Fraktionschef Anton Hofreiter unter dem Beifall der Delegierten. Bei der Bundestagswahl hatten die Grünen 8,9 Prozent der Stimmen bekommen und sich damit gegenüber dem Wahlergebnis von 2013 verbessert. Seit dem Wahltag hat die Partei 1.000 neue Mitglieder gewonnen.  

"Schwierige Prüfung": Grünen-Vorsitzende Simone Peter (li) neben Fraktionschef Anton Hofreiter (re)Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

"Viele Menschen setzen immense Erwartungen in uns. Wir wollen schauen, ob wir das umsetzen können", betonte Parteichef Cem Özdemir. Die Delegierten waren aber auch der einhelligen Meinung, dass die Verhandlungen höchst kompliziert werden. Wenn die Grünen mit CDU/CSU und FDP verhandelten, dann sei das in etwa so schwierig, als ob Borussia Dortmund und Schalke 04 gemeinsam ein Fußballstadion bauen wollen, bediente sich Özdemir eines Vergleichs aus der Welt des Fußballs. Parteichefin Simone Peter sprach von einer der schwierigsten Prüfungen seit der Gründung der Grünen. "Wir unterwerfen uns nicht der Logik, dass es keine Alternative gibt. Die Opposition bleibt eine Option."

"Auf die Inhalte kommt es an"

Drei Themen wurden besonders häufig genannt, bei denen die Basis keine Abstriche an den Positionen der Partei hinnehmen möchte: Beim Klimaschutz, bei der Flüchtlingspolitik und bei dem Thema soziale Gerechtigkeit. Eine Obergrenze für Flüchtlinge, wie die CSU sie möchte, sei schlicht verfassungswidrig und daher überhaupt nicht akzeptabel. "Bei sozialen Themen muss etwas kommen, sonst gehen wir im Osten unter", sagte ein Delegierter aus Brandenburg, dem einzigen ostdeutschen Bundesland, in dem die Grünen keine Stimmen verloren haben.

Erhobenen Hauptes verhandeln

Auf ihrem Parteitag machten sich die Grünen auch selbst Mut für die anstehenden Gespräche. "Der weltbeste Hürdenläufer kommt aus Jamaika", ermunterte Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt ihre Parteifreunde. Nicht verdruckst, sondern mit einer Haltung der Stärke müssten die Grünen in die Sondierungsgespräche gehen, forderte Göring-Eckardt, die zusammen mit Ko-Spitzenkandidat Cem Özdemir das 14-köpfige Verhandlungsteam der Grünen anführen wird. Der wies Medienberichte zurück, nach denen bereits vor Beginn der Verhandlungen Geheimtreffen mit den anderen Parteien stattgefunden hätten, auf denen über die Verteilung von Ministerposten geredet worden sei. "Niemand von uns führt separat Gespräche. Es gibt keine Parallelverhandlungen." 

"Es ist unsere Aufgabe, die Schwierigkeiten zu überwinden", mahnte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. "Wir brauchen jetzt einfach eine verlässliche Regierung." Auch außen- und europapolitisch könne es "ein enormes Signal" sein, wenn Grüne an der Bundesregierung beteiligt seien. In den Verhandlungen sei wichtig, dass jeder Partner Freiraum bekomme für sein politisches Profil. Am Ende hatte dann Tarek Al-Wazir, grüner Verkehrsminister in Hessen, noch einen Rat für die Verhandlungen parat: "Die Nerven behalten und nicht hyperventilieren."

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