Grüne rüsten sich für Europawahl
8. Februar 2014Mehr Demokratie, mehr Bürgerbeteiligung, nachhaltiges Wirtschaften und fairer Handel - das sind Stichworte aus dem Wahlprogramm der Grünen. Eine der ersten Rednerinnen am Samstag war Ska Keller, die sich um die Spitzenkandidatur der deutschen Grünen bewirbt. Die 32-jährige Europa-Abgeordnete forderte in ihrem Debattenbeitrag einen besseren Flüchtlingsschutz in der EU. Die Abschottungs- und Abschiebungspolitik müsse ein Ende haben, sagte sie. Flüchtlinge, die versuchten, Europa über das Mittelmeer zu erreichen, dürften nicht länger in ihre Heimatländer zurück geschickt werden, wo ihnen oftmals Folter und Tod drohe. "Wir brauchen ein europäisches Asylrecht, das seinen Namen verdient," betonte Keller. Europa müsse sich daran messen lassen, wie es mit Flüchtlingen umgehe. "Flüchtlingsrechte werden bei uns groß geschrieben. Das ist das grüne Herz."
Auch der Bundestagsabgeordnete Volker Beck plädierte für Freizügigkeit in Europa. Vehement wies er Vorwürfe zurück, Arbeitssuchende aus Bulgarien, Rumänien und Ungarn wanderten nach Deutschland ein, um soziale Leistungen zu beziehen. Es stehe jedem Menschen in Europa zu, auf der Suche nach Arbeit sein Land zu verlassen. Die Armut in Europa führe aber dazu, dass viele Menschen, die in Deutschland nach Arbeit und Einkommen suchten, ausgebeutet würden. Dem müsse man einen Riegel vorschieben. "Es muss klar sein: wer ausbeutet, der fliegt", sagte Beck. Er spielte damit auf einen Slogan der bayerischen CSU an. Sie hatte mit dem Satz "Wer betrügt, der fliegt" gegen den befürchteten Missbrauch der sozialen Sicherungssysteme in Deutschland durch Migranten protestiert.
Klima- und Umweltschutz in der EU
Auch der Klimaschutz war Thema des Parteitags in Dresden. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Anton Hofreiter, warnte vor Rückschritten auf diesem Gebiet. "Je schlimmer die Prognosen werden, je drängender die Warnungen der Wissenschaft, je knapper die Zeit wird, desto entspannter legen die europäischen Regierungen untätig die Füße auf den Tisch", kritisierte er.
Die Bundesregierung versuche, den Ausbau erneuerbarer Energien abzuwürgen. Um den Anstieg der Strompreise zu begrenzen, schränke sie ausgerechnet den Ausbau der billigsten Energieform, nämlich der Windkraft ein. Dies sei absurd. Die Grünen seien zwar bereit zu einem Konsens in der Energiepolitik, dies aber könnten sie nicht mittragen.
Hofreiter forderte auch, den Verbraucherschutz in der EU nicht auszuhöhlen. Das geplante Freihandelsabkommen mit den USA, TTIP, bedrohe die Standards im Umwelt- und Verbraucherschutz in der Europäischen Union. Auch die Grünen seien für den Freihandel und für die transatlantische Partnerschaft. Der Freihandel dürfe aber nicht dazu führen, dass Konzerne wie der Agrarriese Monsanto ihre Interessen zu Lasten der Verbraucher durchsetzten. "Wir Grüne wollen kein Fracking, kein Genmais und keine Chlorhühnchen", so der Grünen-Fraktionschef.
Spannende Kandidatenkür
Am Nachmittag stimmen die Grünen über ihre Kandidaten für die Europawahl ab. Um den ersten Listenplatz bewirbt sich neben der Ostdeutschen Keller die bisherige Fraktionsvorsitzende der Grünen im EU-Parlament, Rebecca Harms. Die 57-jährige aus Niedersachsen, die sich als Aktivistin gegen das Atomendlager Gorleben einen Namen gemacht hat, ist seit 2004 Abgeordnete in Straßburg und genießt in ihrer Partei einen guten Ruf. Um weitere Spitzenplätze bewerben sich auch der Finanzexperte Sven Giegold und der Vorsitzende der Europäischen Grünen, Reinhard Bütikofer.
Im Januar hatten die Grünen in einer europaweiten Online-Vorwahl ihre Spitzenkandidaten für die gemeinsame europäische Liste bestimmt. Diese Wahl, an der sich weniger als 23.000 Personen beteiligt hatten, hatte Keller gewonnen, zusammen mit dem 60-jährigen französischen Grünen-Politiker, José Bové.