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Grüne wollen ein anderes Europa

Bettina Marx, z.Zt. Dresden7. Februar 2014

Die Grünen wollen bei der Europawahl im Mai ein zweistelliges Ergebnis erzielen. Mit ihrem Parteitag in Dresden stimmen sie sich auf den Wahlkampf ein. Es geht um Klimaschutz, Menschenrechte und Einwanderungspolitik.

Bundesparteitag der Grünen in Dresden Foto: DPA
Bild: picture-alliance/dpa

Simone Peter wird nicht laut, wenn sie spricht. Die Vorsitzende von Bündnis90/Die Grünen, die erst im letzten Herbst ins Amt kam, wirkt eher nüchtern als leidenschaftlich. Zurückhaltend ist sie deswegen aber nicht. Den Europaparteitag eröffnete sie mit scharfen Angriffen auf die Bundesregierung. "Nie zuvor hatte eine Regierung so viel Macht und so wenig Gestaltungswillen," sagte sie mit Blick auf die große Koalition in Berlin. Die Bundesregierung habe keinen Plan für die Zukunft. Dies werde nirgendwo so deutlich wie beim Klimaschutz. So habe sich die schwarz-rote Regierung von der Energiewende verabschiedet und die Förderung der erneuerbaren Energien zurückgenommen. Stattdessen setze sie auf die klimaschädliche Kohle. So aber sei die Energiewende nicht zu schaffen. Die Welt rase auf den Abgrund zu, doch auch die EU falle als Klimaschützer vollkommen aus. Verantwortlich dafür sei auch der deutsche Energiekommissar Günter Oettinger (CDU), der sich für "seine dreckigen Freunde" Kohle, Atom und Fracking einsetze und nicht für den Klimaschutz.

Menschenrechte und Flüchtlingspolitik

Auch bei der Frage der Bürgerrechte wollen die Grünen Zeichen setzen. Sie sprechen sich gegen die Vorratsdatenspeicherung aus und fordern Aufklärung in der Affäre um den amerikanischen Geheimdienst NSA. Die massenhafte Ausspähung der Bürger in Deutschland und Europa sei der "Super-GAU der Bürgerrechte", sagte Peter. Die Grünen-Vorsitzende rief Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu auf, den amerikanischen Geheimdienstexperten Edward Snowden nach Deutschland einzuladen und ihm sicheren Aufenthalt zu gewähren. Er solle als Zeuge vor dem geplanten parlamentarischen Untersuchungsausschuss aussagen. "Wir wollen hören, was er zu sagen hat", erklärte sie.

Grünen-Chefin Peter eröffnet den Parteitag Foto: DPABild: picture-alliance/dpa

Veränderungen fordern die Grünen auch bei der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. "Die Grünen streben ein Europa an, das Verantwortung für die Welt übernimmt", betonte Peter. Dabei solle die EU aber als Friedensmacht auftreten. "Frieden durch Gerechtigkeit, das bleibt für uns der Grundsatz der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik." In diesem Zusammenhang plädieren die Grünen für eine europäische Einwanderungspolitik. Europa sei ein Einwanderungskontinent, sagte die Grünen-Chefin. "Wir wollen Europa zu einem echten Schutzraum für Flüchtlinge machen. Die Werte Europas enden nicht an den Außengrenzen."

Kampf um den ersten Listenplatz

Am Samstag stellen die Grünen ihre Kandidatenliste für die Europawahl auf. Dabei kommt es zu einer Kampfabstimmung zwischen erfahrenen Politikern und jüngeren Abgeordneten. Um den ersten Listenplatz streiten sich die einflussreiche und weithin bekannte Fraktionsvorsitzende im Europaparlament, Rebecca Harms, und die junge Europa-Abgeordnete Ska Keller. Sie hatte die europaweiten grünen Vorwahlen gewonnen. Die Abstimmung, die nicht nur Grünen-Mitgliedern, sondern auch Sympathisanten und anderen Interessenten offenstand, fand im Internet statt. Zur Enttäuschung der Organisatoren nahmen aber noch nicht einmal 23.000 Bürger daran teil, weit weniger als erhofft.

Die 32-jährige Keller wurde an die Spitze der europäischen Liste gewählt, zusammen mit dem französischen Europaabgeordneten José Bové. Sie beansprucht nun auch den ersten Listenplatz bei den deutschen Grünen. Für weitere Spitzenplätze kandidieren auch der Finanzexperte Sven Giegold und der Vorsitzende der Europäischen Grünen, Reinhard Bütikofer. Er war Spitzenkandidat bei den letzten Europawahlen im Jahr 2009. In die Kritik ist er durch die Online-Vorwahl geraten. Die Verantwortung für die schlecht vorbereitete und letztlich nicht wirklich gelungene Wahl wird ihm angelastet.

Kämpfen um den ersten Listenplatz: Rebecca Harms (l.) und Ska KellerBild: Bence Járdány/European Green Party/dpa

Die Europawahl ist für die deutschen Grünen ein wichtiges Stimmungsbarometer nach der Bundestagswahl im letzten Herbst. Entgegen den Erwartungen hatten sie nur 8,4 Prozent der Stimmen erzielt. Bei der Europawahl 2009 hatten die Grünen 12,1 Prozent erreicht und waren auch damit hinter ihren Hoffnungen zurückgeblieben.