Eine weitere Krise gerät angesichts der Corona-Pandemie weitgehend aus dem Fokus: der Klimawandel. Unterdessen geht die Naturzerstörung durch die Erderwärmung weiter, wie ein Bericht aus Australien deutlich macht.
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Eines der größten Ökosysteme der Erde, das Great Barrier Reef vor der australischen Nordküste, ist zum dritten Mal binnen fünf Jahren von einer massiven Korallenbleiche heimgesucht worden. Grund ist die wärmere Meerestemperatur während der australischen Sommermonate, wie die zuständige Behörde, die Great Barrier Reef Marine Park Authority (GBRMPA), mitteilte. Luftüberwachungen hätten gezeigt, dass einige südliche und bisher ganz oder weitgehend verschont gebliebene Gebiete des weltgrößten Riffs eine gemäßigte oder sogar schwere Bleiche aufwiesen.
Weiteres Korallensterben droht
Als Bleiche wird ein Verblassen der farbenprächtigen Steinkorallen bezeichnet: Bei zu hohen Wassertemperaturen stoßen die Nesseltiere die für die Färbung verantwortlichen Algen ab, mit denen sie sonst in einer Gemeinschaft zu gegenseitigem Nutzen leben. Ohne diese sogenannten Zooxanthellen können die Korallen auf Dauer jedoch nicht überleben: Wenn sich die Algen nicht binnen einiger Wochen oder Monate wieder ansiedeln, sterben die Korallen ab.
Das Great Barrier Reef dehnt sich auf einer Fläche von mehr als 344.000 Quadratkilometern aus und übertrifft damit die Größe Italiens. Bereits 2016 und 2017 waren geschätzt ein Drittel bis die Hälfte der Korallen vor der Nordküste Australiens abgestorben, nachdem sich die Meerestemperaturen erhöht hatten. Dabei beobachtete man auch, dass nicht alle gebleichten Korallen sterben: Leicht oder mittelschwer gebleichte Korallen können sich wieder erholen.
Klimawandel größte Gefahr für das Great Barrier Reef
Derzeit beobachteten Experten aus der Luft etwa 1000 Riffe, um das gesamte Ausmaß der Korallenbleiche einzuschätzen, wie es weiter hieß. Die von Touristen meistbesuchten Riffs im Norden oder der Mitte des Great Barrier Reef weisen lediglich eine moderate Bleiche auf, so die GBRMPA.
Der Klimawandel stellt der Behörde zufolge nach wie vor die größte, einzelne Gefahr für das Great Barrier Reef dar. Die Vereinten Nationen haben in der Vergangenheit gewarnt, dass 90 Prozent aller Korallen auf der Welt abstürben, wenn die globalen Temperaturen um 1,5 Grad Celsius stiegen.
Great Barrier Reef: Meeresschildkröten leiden unter Männermangel
Durch die Klimaerwärmung werden am Great Barrier Reef fast nur noch weibliche Grüne Meeresschildkröten geboren. Könnte dies das Aus für eine ganze Art bedeuten?
Bild: Imago/Imagebroker/N. Probst
Sind Weibchen bald alleine im Ozean?
Forscher machten eine schockierende Entdeckung: In der größten Kolonie Grüner Meeresschildkröten - auch Suppenschildkröten genannt, werden fast nur noch Weibchen geboren. An den Legeplätzen vor dem Great Barrier Reef entwickeln sich in nur einem Prozent der Eier männliche Schildkröten. Wissenschaftler fürchten um das Fortbestehen der Suppenschildkröte.
Bild: picture alliance/dpa/Prisma/R. Mohammed
Zu heiß um ein Mann zu sein
Wenn die Meeresschildkröten ihre Eier im Sand ablegen, ist keineswegs klar, wie viele Jungs und Mädchen später schlüpfen. Das entscheidet die Umgebungstemperatur: Je wärmer der Sand, in dem die Eier liegen, umso wahrscheinlicher wird der Knirps ein Weibchen. Ab 29,9 Grad Celsius sieht es schlecht aus für die Männer. Und durch die Klimaerwärmung wird diese Marke immer häufiger geknackt.
Bild: Imago/Nature Picture Library/Zankl
Mann oder Frau? Auf den ersten Blick schwer zu sagen
Das Geschlecht einer Meeresschildkröte ist nur schwer zu erkennen. Man kann es erst sicher bestimmen, wenn die Tiere ausgewachsen sind - und das dauert mindestens 20 Jahre. Die männlichen Tiere unterscheiden sich dann von den Weibchen durch einen größeren Schwanz und längeren Krallen. Der Frauenüberschuss ist deshalb vermutlich lange Zeit unentdeckt geblieben.
Bild: Imago/imagebroker
Frühtest zur Geschlechtserkennung
Nun aber haben australische und amerikanische Forscher eine Methode entwickelt, um das Geschlecht von Suppenschildkröten anhand von DNA- und Blutproben bereits im jungen Alter sicher festzustellen. Doch mit solchen Ergebnissen hatten auch die Wissenschaftler nicht gerechnet: Bereits jetzt sind 90 Prozent der Grünen Meeresschildkröten am Great Barrier Reef weiblich.
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Sex nur alle drei Jahre
Nicht nur die geringe Anzahl an Männern stellt Suppenschildkröten auf eine harte Probe. Die Tiere sind erst mit 15 Jahren geschlechtsreif. Und auch dann bleibt Sex ein rares Ereignis: Die Meeresbewohner paaren sich durchschnittlich nur alle drei Jahre. Ein geringer Frauenüberschuss in den Populationen ist evolutionär gesehen übrigens normal. Doch ganz ohne Männer geht es nicht.
Bild: Imago/StockTrek Images
200 Schildkrötenbabys in einem Nest
Weibliche Meeresschildkröten kehren immer wieder an ihren Geburtsstrand zurück, um dort ihre Eier abzulegen. Am Strand von Raine Island, dem größten Legeplatz für Suppenschildkröten im Pazifik, können sich in der Hochsaison bis zu 18.000 Tiere tummeln. Nur von der Sonne ausgebrütet, wackeln die Jungtiere nach ihrer Geburt ins Meer und kehren erst zum Nisten wieder an den Strand zurück.
Bild: Imago/Zuma Press
Great Barrier Reef gibt den Warnschuss
Nicht nur an Australiens Küsten krabbeln fast ausschließlich weibliche Suppenschildkröten ins Meer. Wissenschaftler vermuten ähnlich gravierende Geschlechterverschiebungen in Populationen weltweit. Deshalb untersuchen sie den Einfluss steigender Temperaturen auf Meeresschildkröten auch an den Küsten von Hawaii und Saipan. Die neue Methode könnte auch hier zu überraschenden Ergebnissen führen.
Bild: Imago/ZUMA Press
Wenn Hitze zur Bedrohung wird
Die Ergebnisse der australischen Studie lassen nicht nur Schildkrötenliebhaber zittern. Denn auch andere Reptilien wie Krokodile oder Eidechsen entwickeln ihr Geschlecht abhängig von der Temperatur. Bei Alligatoren verhält es sich jedoch genau umgekehrt wie bei Meeresschildkröten. Bei hohen Temperaturen schlüpfen aus den Eiern Männchen statt Weibchen.