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Reise

Great Barrier Reef - ein Weltwunder auf Zeit

Julian Tompkin
2. November 2018

Australiens Great Barrier Reef hat zwei Jahre hintereinander unter Korallenbleiche gelitten. Wissenschaftler warnen vor einer drohenden Katastrophe für das UNESCO-Welterbe. Verschwindet das Naturwunder im Klimawandel?

Australien - Great Barrier Reef
Bild: picture-alliance/dpa/N. Probst

Die australische Regierung war erleichtert, als die UNESCO 2017 entschied, das Great Barrier Reef Australiens von seiner Liste der gefährdeten Welterbestätten zu streichen. Doch die Regierung hält an der Stromversorgung durch Kohle fest, obwohl das größte Korallen-Ökosystem der Welt unter extremer Korallenbleiche leidet. Nach Schätzungen wird das Riff bis zu 50 Prozent seiner Korallen verlieren.

Die Vereinten Nationen haben ihre Warnungen für den Fortbestand von Korallenriffs bekräftigt. Sie würden verschwinden, wenn die globale Erwärmung zwei Grad Celsius über das vorindustrielle Niveau steigt.

Die australische Regierung unter dem konservativen Premierminister Scott Morrison hält an der Kohle fest. Im vergangenen Jahr hatte Morrison, damals noch als Schatzmeister, ein Stück Kohle mit ins Parlament gebracht, um zu verkünden, dass niemand davor Angst habe müssen. Kohle scheint wieder im Geschäft zu sein.

Kohleförderung und Klimaschutz passen nicht zusammen, betont hingegen Richard Leck vom WWF Australien. "Einige unserer größten nationalen Reichtümer, einschließlich des Great Barrier Reefs, sind in großer Gefahr."

Kohle versus Klima

Mit 2300 Kilometern Länge und 344.400 Quadratkilometern Größe ist das Great Barrier Reef das größte Korallenriff-Ökosystem der Welt. Zusammen mit dem Sydney Opera House ist es wohl Australiens bekannteste Sehenswürdigkeit. Es lockt über zwei Millionen Besucher pro Jahr.

Warum sollte die Regierung eine so wichtige Ikone gefährden? Es ist ein Reizthema, das oft mehr von Polemik als von Politik geprägt scheint, befeuert von der Schwerindustrie, konservativen Kommentatoren und Leugnern des Klimawandels. Aber diese Polemik scheint aufzugehen, denn die australische Regierung strich in der letzten Woche eine Zehn-Millionen-Dollar-Investition für PR-Maßnahmen, die die positive Rolle der Regierung bei der Rettung des Riffs herausstellen sollten.

Taucher vor der Koralleninsel Michaelsmay Cay auf dem Great Barrier ReefBild: picture-alliance/dpa/R. Kaufhold

"Ich habe derzeit nicht viel Vertrauen, dass die Regierung ihr Bestes tut, um unsere Naturschätze zu bewahren", sagt die Klimaforscherin Sarah Perkins-Kirkpatrick von der Universität New South Wales. "Wenn sie den Schutz des Riffs ernst nehmen, müssen sie die Verschmutzung stoppen und größere Anstrengungen zur Verringerung des Klimawandels unternehmen."

Jetzt oder nie

"Umfragen zeigen, dass die Mehrheit der Australier ehrgeizigere Aktion gegen den Klimawandel befürwortet", sagt Richard Leck vom WWF. Als die Regierungspartei 2017 - aus Angst vor Protesten ihrer religiösen und konservativen Basis - darauf verzichtete, ein Gesetz zur Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Ehen zu erlassen, entschied sie sich stattdessen für eine unverbindliche Volksabstimmung. Ein eindeutiges Votum dafür zwang die Regierung schließlich, das Eheänderungsgesetz umzusetzen.

Sichtbare Spuren der ansteigenden Meerestemperaturen - Korallenbleiche im Great Barrier ReefBild: picture-alliance/dpa/G. Torda

Das Great Barrier Reef könnte das nächste Thema für eine Volksabstimmung werden. Im nächsten Jahr wählt Australien ein neues Parlament. Das Great Barrier Reef bringt der australischen Wirtschaft jährlich etwa 5,4 Milliarden Dollar und Arbeitsplätze für 70.000 Menschen.

"Die meisten Australier sehen den Schutz des Great Barrier Reefs als Umweltproblem Nummer eins in Australien. Ohne unsere Emissionen zu reduzieren und eine international führende Rolle im Klimaschutz zu spielen, werden wir es nicht schaffen, das Riff in einem gesunden Zustand an unsere Kinder und Enkelkinder weiterzugeben", sagt Richard Leck.

Obwohl das Riff unter der Korallenbleiche ebenso wie unter dem Dornenkronenseestern gelitten hat, hat es seine magische Anziehungskraft als Reiseziel bewahrt. Einige Tourismusunternehmen an der australischen Nordostküste Queenslands beklagen einen Rückgang der Besucherzahlen als Folge der Meereserwärmung. Andere bemerken einen neuen Trend:  Eine Art des "Jetzt oder nie"-Tourismus.

Transfer zum Great Barrier Reef - wie lange noch?Bild: picture-alliance/dpa/R. Kaufhold

Ein Gedanke, der auch Sarah Perkins-Kirkpatrick nicht fremd ist. "Basierend auf den aktuellen Zusagen zur globalen Emissionsreduzierung wird es bis zum Jahr 2100 noch um 2,7 bis 3 Grad wärmer werden", sagte sie der DW. "Es besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass wir bis 2050 1,5 Grad überschreiten werden. Das Riff wird sich unwiderruflich verändern. Ich werde anderen nicht vorschreiben, was sie in Bezug auf ihre Reisepläne tun sollen, aber ich weiß, dass ich es meinen Kindern zeigen will - bevor es zu spät ist."

Viele Menschen wissen, dass das Great Barrier Reef nicht ewig bestehen wird, meint auch Richard Leck. Aber er glaubt, dass "es immer noch Teile des Riffs geben wird, die einem den Atem rauben werden. Das Riff ist immer noch inspirierend. Es ist noch keine Ödnis - sondern eine unglaubliche Sache, die es wert ist, gerettet zu werden."