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Greenspan geht, Bernanke kommt

Daniel Scheschkewitz31. Januar 2006

Nach 18 Jahren als Vorsitzender der US-Notenbank wird Alan Greenspan von Ben Bernanke abgelöst. Der Neue gilt als Garant für Kontinuität.

Der Neue: Ben BernankeBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Greenspans Wortwahl, seine Satzmonster und sein bewusst intendierter Interpretationsspielraum, sind in den USA Gegenstand zahlloser Witze und Anekdoten. Eine der schönsten stammt angeblich von seiner Frau. Sie habe seinen Heiratsantrag erst beim dritten Mal als solchen verstanden, so umständlich formuliert gewesen sei er. Ein beliebtes Radioquiz in den USA trägt den Titel "What did the Fed Chief say?" - frei übersetzt: "Was hat Greenspan eigentlich gemeint?"

Solide Bilanz

Der Alte: Alan GreenspanBild: AP

Doch der manchmal gewagten Satzakrobatik des 79-jährigen, der am Dienstag (31.1.2006) durch Ben Bernanke abgelöst wird, steht eine solide finanzpolitische Bilanz gegenüber. Sein Nachfolger tritt schon deshalb kein einfaches Erbe an, weil Greenspan es erfolgreich verstand, die US-Wirtschaft durch den Börsencrash von 1987, durch zwei Rezessionen und die Krise nach dem 11.September 2001 zu manövrieren. Obwohl bekennender Republikaner, blieb Greenspan auch als Zentralbankchef politisch unabhängig. Bill Clinton vertraute ihm als Demokrat, während ihn George W. Bushs Vater für seine Wahlniederlage im Jahr 1992 verantwortlich machte. Greenspan hatte sich seinerzeit geweigert, die Zinsen im Sinne Bushs zu senken.

Der amtierende Präsident Bush ist dennoch voll des Lobes über ihn: "Alan Greenspan hat sein Zeitalter so dominiert wie kein Zentralbankchef vor ihm. Er hat zu einem größeren Wohlstand aller Amerikaner beigetragen. Ich danke ihm für seine Dienste." Auch wenn Greenspan sicher zu den Ikonen des amerikanischen Kapitalismus gehört, warnte der überzeugte Wirtschaftsliberale doch auch immer wieder vor negativen gesellschaftlichen Trends. So im Herbst 2005, als er in einem Interview davon sprach, dass die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich in Amerika die Zukunft des demokratischen Kapitalismus gefährde.

Brillanter Analytiker

Gebetsmühlenartig trug der Notenbankchef auch immer wieder seine Warnung vor einem zu hohen Haushaltsdefizit vor: "Wir sollten nicht vergessen, dass wir das Ziel einer Reduzierung des Haushaltsdefizits so schnell wie möglich realisieren müssen. Jedenfalls bevor wir in den Jahren 2012 oder 2014 ernsthafte Probleme bekommen."

Sein Nachfolger Bernard Bernanke, der zu den meist zitierten Ökonomen weltweit zählt, gilt in Finanzkreisen als brillanter Analytiker; seine wirtschaftstheoretischen Abhandlungen gehören in der Fachwelt zur Pflichtlektüre. Er hat an der angesehenen Princeton University gelehrt und im Gouverneursrat der US-Notenbank gesessen. Seit Juli ist er wirtschaftlicher Chef-Berater von Präsident Bush.

Strikte Inflationsbekämpfung

Schon Bernankes Nominierung durch Präsident Bush im Oktober war auf ein positives Echo gestoßen. So würdigte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, den 51-Jährigen als "außergewöhnlichen Ökonomen" und "erfahrenen Mann", der als Geldpolitiker in besonderem Maße respektiert werde. "Ich freue mich darauf, mit ihm die gleiche enge und fruchtbare Zusammenarbeit zu entwickeln und die gleiche vertrauensvolle und freundschaftliche persönliche Beziehung zu genießen, die ich zu Alan Greenspan hatte", sagte Trichet. Auch an der Wall Street wurde die Nominierung Bernanke positiv aufgenommen. Die wichtigsten Indizes legten unmittelbar nach Bekanntwerden der Nominierung zu.

Während sich Greenspan bei seinen Entscheidungen über die Zinsraten gern auf seinen zuverlässigen Instinkt verließ, vertraut sein Nachfolger lieber auf die nüchterne Analyse der Fakten. Und anders als Greenspan, der sich einer Festlegung des Inflationsziels nach dem Beispiel der Europäischen Zentralbank stets verweigerte, will Bernanke genau dies prüfen lassen. Bernanke gilt wie Greenspan als Anhänger einer strikten Inflationsbekämpfung. Ansonsten aber versprach Greenspans Nachfolger schon bei seiner Nominierung vor allem eines: Kontinuität. „Wenn ich für diesen Posten bestätigt werde, wird mein oberstes Ziel die Kontinuität in der Politik und den strategischen Politikzielen der Greenspan-Jahre sein“, erklärte er. Einen Traditionsbruch mit der Greenspan-Epoche wird es aber in jedem Fall geben. Das beliebte Radioquiz "What did the Fed Chief say?" wird es mit Bernanke sicher nicht mehr geben.

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