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Politik

Grenell wird Balkan-Vermittler

Austin Davis myk | Anila Shuka
5. Oktober 2019

Neben seiner Arbeit als Botschafter in Deutschland soll Richard Grenell künftig die USA im Dialog mit Serbien und dem Kosovo vertreten. Könnte Grenells neuer Job für Spannung zwischen Berlin und Washington sorgen?

US-Botschafter Richard Grenell
Bild: picture-alliance/dpa/D. Bockwoldt

Kurz vor den Parlamentswahlen im Kosovo hat US-Präsident Donald Trump einen engen politischen Vertrauten mit einer wichtigen Aufgabe in der Region betraut: Richard Grenell soll künftig zusätzlich zu seinem Amt als US-Botschafter in Deutschland die USA als Sondergesandter für die Friedensverhandlungen zwischen Serbien und dem Kosovo vertreten.

Die überraschende Ernennung Grenells zeige, dass Washington sich in Zukunft verstärkt darum bemühen werde, den jahrzehntelangen Konflikt zwischen den beiden Nachbarländern im Balkan zu lösen, heißt es aus diplomatischen Kreisen. Vergangenen Monat war bereits Matthew Palmer aus dem US-Außenministerium zumSondergesandten für den Westbalkan ernannt worden. 

Allerdings befürchten manche Experten, dass die Ernennung des umstrittenen Botschafters Grenell für Spannungen zwischen Berlin und Washington sorgen könnte und somit gemeinsame Vermittlungsversuche westlicher Verhandlungspartner untergraben könnte.

Grenells Ernennung sei ein Zeichen, dass Washington erkannt habe, dass Berlin in den Friedensverhandlungen zwischen Serbien und Kosovo ein wichtiger Partner sei, sagte James Ker-Lindsay von der London School of Economics. Doch: „Um Berlin zu überzeugen ist er aus vielerlei Gründen vielleicht nicht die beste Wahl“, so der Balkan-Experte. 

Deutschland wolle sich weiter mit seinen US-amerikanischen Partnern bezüglich der Westbalkan-Politik abstimmen, erklärte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, auf Nachfrage der Deutschen Welle. "Das werden wir auch tun, wenn jetzt Herr Grenell der Sonderbeauftragter ist", sagte er im Rahmen der Bundespressekonferenz.

Richard Grenell: Ein umstrittener Botschafter

Seit seinem Amtsantritt in Berlin im Mai 2018 hat Richard Grenell immer wieder für Stirnrunzeln in der Hauptstadt gesorgt. Kurz nach seiner Ernennung kritisierte er Deutschlands wirtschaftliche Beziehungen zum Iran; auch seine Aussage, er wolle "Konservative in Europa... definitiv stärken" sorgte für Empörung. 

"Was dieser Mann macht, ist einmalig in der internationalen Diplomatie", kritisierte damals Martin Schulz, ehemals SPD-Vorsitzender, den US-amerikanischen Diplomaten. "Wenn der deutsche Botschafter in Washington sagen würde, ich bin hier, um die Demokraten zu stärken, dann würde er sofort rausgeschmissen."

Politische Nähe zu Trump, geographische Nähe zu Merkel

Vor seinem Umzug nach Berlin war Grenell lange US-Pressesprecher bei den Vereinten Nationen gewesen. Das qualifiziere ihn dafür, zwischen den konkurrierenden Interessengruppen zu vermitteln, die ein Friedensabkommen zwischen Serbien und dem Kosovo schon so lange erschweren würden, sagte ein hochrangiger Diplomat aus dem Balkan der DW.

IS-Rückkehrer im Kosovo

04:19

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Zudem könnten sowohl Grenells enge Beziehung zu US-Präsident Trump als auch seine geographische Nähe zur Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin eine direkte Kommunikation zwischen dem Balkan, den USA und Europa ermöglichen, so der Diplomat.

Kosovos Präsident Hashim Thaçi begrüßte die Ernennung Grenells. Eine transatlantische Einigung darüber, wie der Konflikt gelöst und die Integration sowohl des Kosovo als auch Serbiens in die NATO, die Vereinten Nationen und die EU könne so vorangetrieben werden, so Thaçi. „Wir sehen den Prozess des Austauschs jetzt zuversichtlicher", schrieb der Präsident in einem Statement in den sozialen Netzwerken.

Kosovo und Serbien: Komplexe Beziehungen

Zwanzig Jahre nach der Bombardierung Serbiens durch NATO-Truppen und dem Ende des Jugoslawienkrieges herrscht immer noch kein Frieden zwischen dem Kosovo und Serbien. Die ethnisch-motivierte Gewalt ist verebbt, aber Serbien erkennt 12 Jahre nach der Staatsgründung die Souveränität des Kosovo immer noch nicht an. Die Anerkennung des Nachbarlandes ist eine Voraussetzung, damit Serbien EU-Mitglied werden kann. 

2018 schlugen die Präsidenten beider Länder einen Gebietstausch als Lösung vor: Kosovo würde die von überwiegend Serben bewohnte Provinz im Norden des Landes gegen Serbiens Presevo-Tal tauschen, eine ethnisch albanische Region. Dafür sagte Serbien zu, den Kosovo anzuerkennen.

Die Trump-Regierung unterstützte das Abkommen, Deutschland und andere EU-Mitglieder lehnten es vehement ab. Seitdem liegt der Vorschlag auf Eis.

Solche Grenzverschiebung seien ein gescheitertes Konzept aus dem 19. und 20. Jahrhundert, sagte der deutsche Staatsminister für Europa, Michael Roth, der DW: „Diese Büchse der Pandora wollen wir nicht öffnen", sagte Roth. „Es ist nicht tauglich für eine europäische Perspektive für die Staaten des Westlichen Balkans."

Am kommenden Sonntag können 2 Millionen Kosovaren ein neues Parlament wählen. Um die 120 Sitze im Parlament konkurrieren 25 politische Parteien und Koalitionen. Als größte Herausforderung für die künftige Regierung gilt weiterhin das ungeklärte Verhältnis zu Serbien.

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