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Grenzkonflikt zwischen Nord- und Südsudan

17. März 2011

70 Tote, zehntausende Vertriebene, vorrückende Truppen: Im Grenzgebiet zwischen Nord- und Südsudan gibt es neue Gewalt. Manche Experten warnen bereits vor einem bevorstehenden Krieg.

Eingepanzertes Fahrzeug der Friedensmission UNMIS patroulliert an der Grenze zwischen Nord- und Südsudan (Foto: AP)
An der Grenze zwischen Nord- und Südsudan kommt es zu neuer GewaltBild: AP

Abyei – das sei doch nur eine Stadt voller Strohhütten, sagt ein Sudan-Kenner hinter vorgehaltener Hand. Doch um den Distrikt Abyei streiten sich Nord- und Südsudan schon seit Jahren. Seit Tagen nimmt die Gewalt dort wieder zu – neben den Toten und Verletzten sollen beide Seiten auch Truppen an der gemeinsamen Grenze zusammengezogen haben. Aus den USA kamen Warnungen: Ein neuer Krieg zwischen Nord und Süd stehe unmittelbar bevor.

In dieser Woche (seit dem 14.03.2011) sollten Gespräche über die Zukunft von Abyei stattfinden – doch der Süden sagte sie nach dem jüngsten Gewaltausbruch ab. Manch ein Experte warnt vor einem neuen Krieg zwischen Nord- und Südsudan. Anja Dargatz ist da etwas vorsichtiger. Sie leitet das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Khartoum, der Hauptstadt des Nordens. "Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass diese Brandherde bleiben und permanent für Instabilität und Unsicherheit sorgen werden", sagt die Sudan-Kennerin. "Dass die aktuelle Lage aber einen Flächenbrand auslöst, so dass sich die Armeen des Nordens und des Südens wieder gegenüberstehen, halte ich bislang für unwahrscheinlich."


Streit um Wasser und Öl

Nord und Süd streiten auch ums ÖlBild: AP

Das heißt aber auch: Gewalt könnte es in Regionen wie Abyei auch in Zukunft geben. Denn: Eine Reihe von Problemen, bleiben nach wie vor ungelöst. Abyei ist ein Brennpunkt. Immer wieder geraten die Ngok Dinka – einer Volksgruppe die dem Südsudan zugerechnet wird – mit den Misseriya aus dem Norden aneinander. Für beide ist Abyei wichtig: "Auf dem Gebiet, in dem die Ngok-Dinka leben, liegen zahlreiche wichtige Wasseradern, an denen die Misseriya-Normaden ihr Vieh regelmäßig tränken", erklärt Douglas Johnson. Er ist Buchautor und einer der führenden Experten für die Region. Doch Wasser ist knapp- auch die Ngok Dinka brauchen die Ressource. "Zudem liegen dort Ölfelder. Da der Nordsudan durch die Unabhängigkeit des Südens wohl den Zugriff auf die meisten Ölfelder verlieren wird, möchte man natürlich so viele andere wie möglich behalten", so Johnson.


Eigentlich sollte in Abyei eine Volksabstimmung stattfinden, bei der die Menschen selbst entscheiden, ob das Gebiet künftig zum Norden oder zum Süden gehören soll. Aber beide Seiten konnten sich nicht auf die Zusammenstellung der Wahlkommission einigen. Daher sollten sich nun die Regierungen beider Seiten abstimmen, was mit der Region passiert. Denn: Beobachter fürchten, dass Abyei ein Konfliktherd bleibt, wenn der Süden unabhängig wird, bevor der Status von Abyei geklärt ist.

"Deal-Making" in der Politik

Auch in Abyei war die Freude über die Unabhängigkeit des Südens großBild: AP

Auch wenn beide Seiten die Gespräche unterbrochen haben – Experten halten es für möglich, dass sie sich trotzdem noch rechtzeitig einigen. "Es ist immer ein 'Deal-Making' in der sudanesischen Politik. Was erwartet der Norden, um Abyei nicht mehr explodieren zu lassen, was will der Süden dafür?", erklärt Peter Schumann, ehemaliger politischer Koordinator der UN-Mission im Südsudan kurz UNMIS, das Muster. Und da es zahlreiche Punkte gibt, bei denen sich Nord und Süd noch einigen müsste, könnte die Abyei-Frage zur Verhandlungsmasse werden. Das hieße: Ein Kompromiss wäre möglich.

Doch unter dem politischen Streit leidet die Bevölkerung. Sie muss Gewalt und Vertreibung hinnehmen – immer wieder. Denn die Blauhelme der UN greifen selten ein: "Von den ungefähr 10.000 Blauhelmen vor Ort ist knapp die Hälfte dafür zuständig, die einzelnen Militärstandorte zu sichern. Das heißt, wir haben sehr wenige kampfbereite Einheiten", sagt Peter Schumann. "Man überschätzt die Möglichkeiten der Blauhelme in diesem Konflikt, überhaupt militärische Hilfe zu leisten", so der Experte weiter.

Umso wichtiger, dass sich das Ausland verstärkt engagiert: Der Konflikt hat jetzt auch die Afrikanische Union (AU) und das Ausland auf den Plan gerufen: Beide haben die Gewalt in Abyei inzwischen als "beunruhigend" eingestuft.

Autor: Daniel Pelz
Redaktion: Jan-Phillip Scholz/Stephanie Gebert

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