Seit Tagen sitzen rund 1.200 Flüchtlinge an der griechisch-mazedonischen Grenze fest. Nun hat die Polizei begonnen, die Grenze zu räumen. Journalisten und Hilfsorganisationen mussten das Gelände verlassen.
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Nach Polizeiangaben fuhren die Migranten aus dem Grenzgebiet bei Idomeni mit 14 Bussen nach Athen. Von dort würden sie die Heimreise antreten, sagte ein Polizeisprecher. Vor zwei Tagen hatte der für Migration zuständige griechische Vizeminister Ioannis Mouzalas auch die Option offen gelassen, dass sie in Athen Antrag auf Asyl stellen könnten.
Nur wenige Migranten verließen das Flüchtlingslager vorab freiwillig. Daraufhin entschied Mouzalas auf Zwangsräumung. Mitarbeiter von Hilfsorganisationen waren aufgefordert worden, das Gelände zu verlassen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur AFP konnten sich Journalisten nicht mehr als drei Kilometer nähern. Einige von ihnen seien vorübergehend festgenommen worden.
Flüchtling zweiter Klasse
Mit dem Warten kommt die Wut
Seit Mazedonien einen drei Kilometer langen Zaun an der Grenze zu Griechenland errichtet hat, stecken tausende Flüchtlinge fest. Die Spannungen nehmen zu. Hilfsorganisationen fordern Unterstützung aus Athen.
Bild: DW/D. Cupolo
Gestrandet in Idomeni
Die Brüder Hasan (l.) und Mohammed Segir aus Pakistan hocken an einem Grenzstein und versuchen, mit einer Mülltüte ein Feuer zu machen. Mazedonien, Serbien und Slowenien erlauben nur noch Flüchtlingen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak die Weiterreise. Deshalb stecken die beiden in einem improvisierten Flüchtlingslager im griechischen Idomeni fest, gemeinsam mit etwa 1500 bis 2000 Menschen.
Bild: DW/D. Cupolo
Draußen in der Kälte
Im Lager leben noch viel mehr Menschen. Obwohl "Ärzte ohne Grenzen" (MSF) beheizte Zelte für 2000 Menschen aufgestellt hat, müssen viele im Freien bleiben. "Mehr als 1000 Menschen schlafen jede Nacht draußen - bei gerade einmal 6 Grad", sagt Antonis Rigas von MSF. "Wir haben die Regierung um mehr Platz gebeten, damit wir unsere Kapazitäten verdoppeln können. Aber wir haben keine Antwort bekommen."
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Keine Unterstützung
Ein Jugendlicher aus Marokko wartet, dass die Grenze wieder für alle Migranten geöffnet wird. Doch dieses Szenario sei unwahrscheinlich, sagt Rigas von MSF. "Wir fordern, dass die Regierung Vertreter schickt, die uns helfen, das Camp zu verwalten", sagt er. "Dieser Ort wird momentan nur von Hilfsorganisationen am Laufen gehalten. Es ist nicht unsere Aufgabe, die Rolle der Regierung zu übernehmen."
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Nach Nationalitäten getrennt
Zurzeit dürfen täglich mehrere Tausend Syrer, Iraker und Afghanen nach Mazedonien einreisen. Diejenigen, die zurückbleiben, sind frustriert. "Wir wollen nicht illegal nach Europa, wir wollen legal dorthin", sagt der 32-jährige Shyamal Rabbi aus Bangladesch. "Auch wir sind Menschen und wir haben Menschenrechte. Wenn die Menschen aus drei Ländern gehen können, können wir das auch."
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Spannungen zwischen Asylsuchenden
Die schwierigen Umstände sorgen für Ärger: Immer wieder kommt es zu Schlägereien in Idomeni. Raij aus Nepal erzählt, ein Iraner habe ihn während eines Streits geschlagen. Am vergangenen Freitag mussten Ärzte der Organisation "Médecins du Monde Greece" zwei Menschen aus Nordafrika mit Stichwunden behandeln. Besonders bei der Verteilung von Essen kommt es immer wieder zu Streitigkeiten.
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Aus friedlichem Protest wird Gewalt
Vergangene Woche nähten sich gestrandete Flüchtlinge den Mund zu und begannen einen Hungerstreik. Am Wochenende dann wurde aus friedlichem Protest Gewalt: Es kam zu Zusammenstößen mit der mazedonischen Polizei. "Die Menschen sind wütend", sagt Fatini Keleksoglou von der Hilfsorganisation Praksis. "Sie haben seit fast zwei Wochen nicht mehr geduscht. Einige trinken am Tag auch Alkohol."
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Ausnahmesituation
"Innerhalb von 30 Minuten wird aus Ruhe Chaos und dann ist es wieder ruhig", sagt Alexandros Voulgaris, Teamleiter des UNHCR in Idomeni. "Wir können nicht planen. Das hier ist eine Ausnahmesituation, wir versuchen einfach, die Menschen zu schützen." Er versuche die Flüchtlinge zu überzeugen, ins Olympiastadion nach Athen zu gehen. Das wurde in eine Flüchtlingsunterkunft umgewandelt.
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"Sie wollen, dass wir in den Krieg ziehen"
Rami Altahari kommt aus dem Jemen. Der 22-Jährige zeigt ein Foto von seiner zerbombten Nachbarschaft in Sanaa auf seinem Smartphone. Er reist gemeinsam mit elf anderen Jemeniten. Sie alle wurden gezwungen, sich der Huthi-Miliz anzuschließen. "Sie wollen, dass wir in den Krieg ziehen. Aber wir kämpfen nicht, die Saudis werden uns töten", sagt er. "Wir warten hier, bis die Grenze geöffnet wird."
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Das neue Calais
Mitglieder einer griechischen Gewerkschaft verteilen Hilfsgüter. "Das wird hier wie in Calais, wenn wir nicht schnell handeln", sagt Nikitas Kanakis, der Präsident von "Médecines du Monde Greece". "Die Ausstattung hier reicht nicht für alle. Ich fürchte, die Menschen werden versuchen, während des Winters andere Wege zu finden. Menschenschmuggler können sehr kreativ sein."
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Was ist der Plan B?
Am Wochenende errichtete Mazedonien einen drei Kilometer langen Grenzzaun in der Nähe von Idomeni. "Aus der ganzen Welt kommen Menschen hierher um zu helfen, nur der griechische Staat nicht", sagt Kanakis. "Wir befürchten, dass die Grenze in den nächsten Tagen komplett geschlossen wird. Wenn wir alle nach Athen bringen, was passiert danach? Was ist der Plan B?"
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Die Lage an der Grenze war spätestens seit gut zwei Wochen angespannt, als eine neue Regelung in Kraft trat, nach der Mazedonien nur noch Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan und Irak einreisen lässt. Nach Polizeiangaben handelt es sich bei den nun abtransportierten Menschen hauptsächlich um Pakistaner und Marokkaner.
Die Abgewiesenen versuchten Protestaktionen zu organisieren. So bauten sie Zelte auf Bahngleisen auf und blockierten so seit den Zugverkehr zwischen den beiden Ländern. Die Zelte räumte die Polizei ebenfalls. Einige der Flüchtlinge nähten sich die Münder zu. Vorige Woche starb ein Marokkaner, weil er der Polizei zufolge bei dem Versuch, auf einen Eisenbahnwaggon zu klettern, eine Hochspannungsleitung berührte.
Vor ungefähr zwei Wochen begann Mazedonien mit dem Bau eines Grenzzauns zu Griechenland. Mit Serbien und Kroatien liegt es auf der sogenannten Balkanroute, über die hunderttausende Menschen in die EU fliehen.