Falsches Signal
1. Februar 2010In der Wirtschaftskrise richten sich die Blicke nach Deutschland: Europas stärkste Volkswirtschaft soll bei einer Rettungsaktion für das wankende Griechenland die Hauptlast tragen. Schließlich muss nicht nur der drohende Staatsbankrott Griechenlands, sondern auch massiver Schaden von der Gemeinschaftswährung Euro abgewendet werden. Der Schaden ist bereits sichtbar: Seit Anfang Dezember 2009 hat der Euro im Verhältnis zum Dollar bereits acht Prozent an Wert verloren.
Hoffnungslose Lage in Griechenland?
Auf der anderen Seite war Mitte Januar 2010 eine milliardenschwere Staatsanleihe Griechenlands mehrfach überzeichnet: Die Griechen boten Zinsen von vier Prozentpunkten oberhalb des Zinssatzes für deutsche Bundesanleihen, dem Referenzwert für die Aufnahme von Staatskrediten der Euro-Länder.
Für Investoren ist das ein gutes Geschäft, da an den Märkten von einer Auffanglösung für Griechenland ausgegangen wird. Weitere gute Geschäfte stehen in Aussicht, denn bei einer Staatsverschuldung von mehr als 300 Milliarden Euro - 113 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts - muss die Regierung in Athen im laufenden Jahr 54 Milliarden Euro über Anleihen umschulden; hinzu kommt noch die Abdeckung des diesjährigen Defizits im Staatshaushalt. Die Last des Zinsendienstes droht Griechenland die Luft abzuschnüren.
Mit falschen Zahlen zum Euro
Die Griechen haben über ihre Verhältnisse gelebt und sich den Schlamassel selbst eingebrockt. Allerdings haben die übrigen Euro-Länder und die Europäische Zentralbank auch nicht genau genug hingesehen, sondern den Zahlen aus Athen vertraut. Dabei hat sich Griechenland mit gefälschten Statistiken den Zugang zur Euro-Zone verschafft und nicht nur mehr als lax gewirtschaftet, sondern auch weiterhin eifrig die Statistiken gefälscht. In der allgemeinen Finanz- und Wirtschaftskrise, einem besonders ungünstigen Zeitpunkt, ist der Schwindel aufgeflogen.
Das griechische Staatsdefizit belief sich im vergangenen Jahr auf 12,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - nach den Euro-Stabilitätskriterien liegt die Obergrenze bei drei Prozent. Der Staatsbankrott kann nur durch ein rigides Sparprogramm oder durch auswärtige Hilfe abgewendet werden. Zwar hat die Regierung in Athen massive Einschnitte bei den Staatsausgaben und bei den Sozialversicherungen angekündigt, aber niemand traut ihr zu, dieses Programm gegen eine rebellierende Bevölkerung durchzusetzen.
Mehrere Problemkinder in der EU
Deutschland hat seit der Einführung des Euros unter erheblichen Schmerzen die Haushaltssanierung eingeleitet und seine Wettbewerbsfähigkeit verbessert. Andere Mitglieder der Euro-Zone haben dagegen die Zügel schleifen lassen. Griechenland ist nur das herausragende Beispiel. Auch andere Euro-Staaten wie Irland, Spanien, Portugal und Italien haben über ihre Verhältnisse gelebt, hohe Schuldenberge angehäuft und in besorgniserregender Weise an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Es knirscht im Euro-Gebälk. Denn es ist nicht mehr möglich, wie früher über eine Abwertung der nationalen Währung zu Lasten anderer die Wettbewerbsposition zu verbessern.
Jedes Land muss seine Hausaufgaben machen. Einige haben das vernachlässigt und müssen das nun nachholen. Beistandskredite sind im Vertrag über die Arbeitsweise der EU ausdrücklich nicht vorgesehen. Wenn Griechenland dennoch Beistand erhalten würde, stünden bald andere Wackelkandidaten auf der Matte - und das würde die EU insgesamt überfordern und eine unseriöse Finanzpolitik belohnen. Es wäre das falsche Signal. Für Hilfe in der Not ist Griechenland beim Internationalen Währungsfonds an der richtigen Adresse. Der Versuch, die übrigen Euro-Mitglieder anzupumpen, bringt dagegen nichts.
Autor: Karl Zawadzky
Redaktion: Julia Kuckelkorn