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Politik

Griechenland und China kommen sich näher

Jannis Papadimitriou
2. November 2019

Griechenlands Regierungschef Kyriakos Mitsotakis ist auf China-Reise. Mit dabei sind mehr als 60 Wirtschaftsvertreter, die auf gute Geschäfte im Reich der Mitte hoffen.

Flaggen von Griechenland und China
Bild: picture alliance/AP Photo/J. Lee

Die Gäste erwartet ein volles Programm: Griechenland ist Gastland auf der Wirtschaftsmesse "China International Import Expo 2019", die am Sonntag in Shanghai ihre Pforten öffnet. Gemeinsam mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping will der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis dort den griechischen Pavillon vor Ort besuchen. Nur eine Woche später findet ein Gegenbesuch von Xi in Athen statt - Handelsdiplomatie im Eiltempo.

"Für griechische Exporteure bietet die Messe in Shanghai eine Chance, aber nur wenn sie konkrete Vorschläge auf den Tisch bringen", meint der Athener Politikwissenschaftler Jorgos Tzogopoulos, der gelegentlich mit chinesischen Denkfabriken zusammenarbeitet und sich derzeit in Peking aufhält. Griechische Exporte nach China seien heute weniger als eine Milliarde Euro wert, da gäbe es einiges nachzuholen, sagt Tzogopoulos.

Doch es geht um viel mehr: Die Großinvestition der chinesischen Staatsreederei COSCO im Hafen von Piräus gilt als Vorzeigeprojekt und soll in naher Zukunft ausgebaut werden. Mehr als 800 Millionen Euro hat Peking in Piräus bereits investiert, weitere 600 Millionen sollen dazu kommen. Immerhin bietet Griechenland den ersten EU-Tiefseehafen, den Containerschiffe aus Asien im östlichen Mittelmeer erreichen. Auf der Neuen Seidenstraße, Chinas Megaprojekt zur Eröffnung neuer Handelswege in Richtung Westen, kommt Piräus eine wichtige Rolle zu. Anfang 2019 sind die Griechen der Seidenstraße-Initiative offiziell beigetreten.

Ministerpräsident Mitsotakis: Griechen haben Chinas Engagement nicht vergessenBild: picture alliance/Pacific Press/D. Karvountzis

Nicht alle EU-Partner sind davon begeistert. Politikwissenschaftler Tzogopoulos kann das nicht verstehen. Schließlich erhalte Griechenland nicht einmal ein Prozent der chinesischen Investitionen in Europa, gibt er zu bedenken. Gerade die Griechen würden von den internationalen Gläubigern unter Druck gesetzt, Privatisierungen schnell voranzubringen - da sei Kritik von außen fehl am Platz. "Negative Reaktionen aus Europa sind wohl darauf zurückzuführen, dass Piräus zum ernsthaften Konkurrenten für die Häfen in Hamburg und Rotterdam wird", glaubt der Analyst. Ein Aspekt sei allerdings nicht verhandelbar: "EU-Vorgaben haben Vorrang, sind für Griechenland verbindlich und müssen auch im China-Geschäft respektiert werden."

Hoffnungen auf den chinesischen Tourismus

In Griechenland gilt der Tourismus weiterhin als wichtigster Wirtschaftsmotor. Aus China kommen derzeit 170.000 Besucher jährlich - Tendenz steigend. Konstantinos Giannidis, Chef der griechisch-chinesischen Handelskammer in Athen, sieht ein großes Potential: "Die meisten Besucher aus China meiden zwar Sonne und Strand, interessieren sich aber umso mehr für den Städtetourismus, für Archäologie und Kultur oder auch für exklusives Shopping." Viele kämen in der Nebensaison - gerne auch im Dezember. Dadurch hätten Tourismusunternehmer in Griechenland ganz neue Möglichkeiten, die Urlaubssaison zu verlängern und ihre Einnahmen zu verbessern, freut sich Giannidis.

Über 1500 Firmen seien in der griechisch-chinesischen Handelskammer aktiv, erläutert der Handelskammerpräsident, der aus Piräus stammt, eine Lack- und Farbenfabrik besitzt und auch selbst im China-Geschäft tätig ist. Er hoffe, dass beim anstehenden Besuch der griechischen Wirtschaftsdelegation in Shanghai gute Ergebnisse erzielt werden.

Hafen von Piräus: Griechisch-chinesisches Vorzeigeprojekt Bild: picture-alliance/Zumapress

Allerdings: "In der Vergangenheit waren ähnliche Unternehmerreisen nicht immer ertragsreich. Man braucht schon einen längeren Anlauf, um mit chinesischen Partnern ins Geschäft zu kommen", so Giannidis. Ob die Chinesen schwierige Verhandlungspartner sind? "Sie sind harte Verhandlungspartner und wollen das Beste erreichen, aber das wollen wir Griechen ja auch", antwortet er diplomatisch. Zum umstrittenen Staatskonzern Huawei sagt Giannidis, da gäbe es schon eine gewisse Zurückhaltung seitens der USA. Doch der Technologieriese aus China sei auf internationale Partnerschaften angewiesen.

Interessant in dieser Hinsicht: Mitte Oktober unterzeichnete Griechenlands Wirtschaftsminister Adonis Georgiadis in Peking ein "Memorandum zur bilateralen Zusammenarbeit". In den Bereichen Informatik und Telekommunikation ist dort ein "verstärkter Erfahrungsaustausch" vorgesehen. Politikwissenschaftler Tzogopoulos glaubt, dass Huawei in Griechenland stärker Fuß fasst, wobei allerdings das umstrittene 5G-Innovationsprogramm für ein superschnelles Mobilfunknetz ausgeklammert wird.

Hohe Sympathiewerte für China

Nach einer jüngsten Umfrage des US-Meinungsforschungsinstituts "Pew Research Center" haben 51 Prozent der Griechen eine positive Meinung über China. Es ist der zweithöchste Wert in der Europäischen Union: Nur in Bulgarien ist der Anteil der China-Freunde mit 55 Prozent noch höher. "Dass Griechen und Chinesen jeweils auf eine alte Kultur zurückblicken, sorgt für gegenseitige Sympathien", glaubt Politikwissenschaftler Tzogopoulos. Als positiv wurde in den vergangenen Jahren nicht zuletzt die Unterstützung Chinas für das krisengeschüttelte Griechenland registriert: "In der schwersten Stunde der Schuldenkrise hat sich Peking öffentlich für den Verbleib Griechenlands im Euro-Raum ausgesprochen", gibt Tzogopoulos zu bedenken. Außerdem investierten die Chinesen zu diesem Zeitpunkt Milliarden in griechische Staatsanleihen. Das haben die Griechen nicht vergessen.