1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Griechische Medien in Aufruhr

12. Juni 2013

Nach der überraschenden Entscheidung der Athener Regierung, den staatlichen Rundfunk ERT aus Spargründen stillzulegen, sind alle Journalisten des Landes in den Streik getreten.

Zahlreiche Demonstranten versammeln sich vor der Zentrale des staatlichen griechischen Rundfunks ERT in Athen (Foto: Louisa Gouliamaki/AFP/Getty Images)
Bild: Louisa Gouliamaki/AFP/Getty Images

In allen griechischen Radio- und Fernsehsendern gibt es seit 6.00 Uhr Ortszeit (7.00 MESZ) keine Nachrichten mehr. "Wir werden solange streiken, bis die Regierung ihren Beschluss zurücknimmt", sagte der Präsident des Verbandes der Athener Zeitungsredakteure (ESIEA), Dimitris Trimis. Die Journalisten-Gewerkschaft sprach von einem "Staatstreich", um den Kollegen einen Maulkorb zu verpassen. Einige Mitarbeiter besetzten das ERT-Gebäude. Mitarbeiter des Kanals NET sendeten ohne staatliche Erlaubnis über das Internet weiter. In Athen versammelten sich Journalisten zu einer Protestkundgebung.

Kampfbereit: Journalisten-Verbandschef TrimisBild: picture-alliance/dpa

Am Donnerstag auch keine Zeitungen

Griechische Gewerkschaften riefen zudem für Donnerstag einen 24-stündigen Streik aus. An dem Ausstand wollen sich sowohl die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes ADEDY als auch die GSEE beteiligen, die Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft vertritt. "Wir wollen unsere Solidarität mit den Mitarbeitern des staatlichen Rundfunks zeigen und gegen die inakzeptablen Reformen im öffentlichen Sektor protestieren, die von den Gläubigern gefordert wurden", sagte ADEDY-Generalsekretär Ilias Iliopoulos. Auch Zeitungen sollen am Donnerstag in Griechenland nicht erscheinen.

Es ist eine der bislang drastischsten Sparmaßnahmen in Griechenland: Die Fernsehkanäle und Hörfunkprogramme des Senders ERT stellten in der Nacht ihren Betrieb ein. Zuletzt verstummte auch der Mittelwellensender auf der Traditionsfrequenz 729 Kilohertz. Zur Begründung erklärte Regierungssprecher Simos Kedikoglu, die Sender seien "ein typischer Fall unglaublicher Verschwendung" geworden - mit Kosten von 300 Millionen Euro im Jahr und siebenmal mehr Personal als vergleichbare Anstalten.

Neustart Ende August als NERIT

Tatsächlich stand die ERT in dem Ruf, eine der letzten Bastionen des griechischen Systems der Vetternwirtschaft zu sein. Betrieben wurden drei landesweite TV-Programme, ein Satellitenprogramm, sieben landesweit ausgestrahlte Radioprogramme sowie 19 regionale Radiosender Nach jüngsten Angaben der Gewerkschaft der ERT-Angestellten verlieren 2656 Menschen ihre Arbeit.

Funkstille in Griechenland

01:28

This browser does not support the video element.

Allerdings: Nach einer Sanierung soll der griechische Staatsrundfunk Ende August wieder den Sendebetrieb aufnehmen. Dazu meinte Kedikoglou: "Die ERT schließt nicht. Was schließt, ist ein in Schieflage und auf faule Fundamente gebautes Bauwerk." Die neue griechische Hörfunk- und Fernsehanstalt solle nur noch etwa 1200 Angestellte haben - statt bislang rund 2600 - und NERIT heißen. Die neue Institution werde unabhängig sein. "In Europa gibt es keine Journalisten als Staatsbedienstete", sagte Kedikoglou.

Bitterer Fehlschlag bei Privatisierung

Nach dem Willen der Regierung soll die Verkleinerung des staatlichen Rundfunks dazu beitragen, die Auflagen des Sparprogramms zu erfüllen, das die internationalen Geldgeber dem hochverschuldeten Land auferlegt haben. Griechenland muss im Rahmen seines Konsolidierungsprogramms bis Ende des Jahres 4000 Staatsbedienstete entlassen. Bis Ende 2014 sollen 15.000 gehen.

Griechenland hatte erst am Montag einen herben Rückschlag bei der Privatisierung von Unternehmen hinnehmen müssen, da es keinen einzigen Käufer für die Gasfirma DEPA auftreiben konnte. Die Inspektoren der sogenannten Troika waren am Montag in Athen eingetroffen, um die Fortschritte bei der Umsetzung des Sparprogramms zu untersuchen.

sti/qu (dpa, rtr, afp)