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Großbaustelle Deutsche Bank

1. Februar 2019

Der erste Gewinn seit Jahren ist für Deutschlands größte Bank ein Hoffnungsschimmer. Doch nicht jeder teilt den Optimismus von Bank-Chef Sewing.

Frankfurt Zentrale Deutsche Bank
Bild: Reuters/K. Pfaffenbach

Von Frustration oder gar Zweifeln sah man keine Spur bei Christian Sewing. Mit freundlichem Blick durch seine runde Brille, ganz der sympathische Mann von nebenan, trug er am Freitag zum ersten Mal vor, wie es der Deutschen Bank im letzten Jahr ergangen ist.

Grund für eine weniger optimistische Haltung hätte Sewing durchaus gehabt. Immerhin ist er in den letzten 30 Jahren groß geworden in diesem Finanzkonzern - ist vom Lehrling bis zum Vorstand aufgestiegen. Dementsprechend hat er auch alle Skandale, in die die Deutsche Bank verwickelt war - und es waren zahlreiche - mit durchlebt.

Deutsche Bank Chef Christian Sewing verkündet kleinen Gewinn in 2018Bild: Reuters/K. Pfaffenbach

Ein Lichtblick nach düsteren Jahren

"Wir haben gehalten, was wir versprochen haben", sagte Sewing. "Seit einem Verlust von mehr als sechs Milliarden Euro im Jahr 2015 haben wir unser Ergebnis schrittweise verbessert. 2018 haben wir unseren Vorsteuergewinn leicht gesteigert auf nun 1,3 Milliarden Euro. Vor allem aber erreichen wir wieder ein positives Nettoergebnis von 341 Millionen Euro." Es ist der erste Jahresgewinn der Bank seit 2014.

Aber so richtig Grund zum Aufatmen gibt der Gewinn nicht. Denn das vierte Quartal - als es am Kapitalmarkt nicht mehr so rund lief - war für die Bank ein Desaster; in diesen drei Monaten hat sie netto 409 Millionen Euro verloren.

Vergleicht man die Deutsche Bank mit den Großen der Branche, dann spielt sie eben doch in einer kleineren Liga. Die US-Bank JP Morgen Chase hat im vergangenen Jahr einen Gewinn von umgerechnet 27 Milliarden Euro erwirtschaftet und ist an der Börse mehr als 300 Milliarden Euro wert. Der Buchwert der Deutschen Bank liegt dagegen bei nur 16,5 Milliarden Euro, das ist Platz 89 auf der Liste der wertvollsten Banken.

Im Vergleich zu den anderen Finanzgrößen spielt die Deutsche Bank keine große RolleBild: picture-alliance/Photoshot

Der Kampf mit den Altlasten

Turbulenzen an den Börsen waren nicht der einzige Grund für das verlustreiche Schlussquartal der Deutschen Bank - es wurden auch weitere Skandalebekannt. Altlasten – das erklärte auch Sewing gegenüber den Journalisten, denn die neuen Skandale würden aus der Zeit vor 2016 herrühren, als er zwar im Vorstand saß, aber noch nicht Chef der Bank war.

"Man kann Christian Sewing keine großen Fehler vorwerfen, er hat ein schweres Erbe übernommen", urteilt Gunther Schnabl, Professor für Wirtschaftspolitik an der Universität Leipzig.

Da ist zum einen die größte europäische Geldwäsche-Affäre rund um die Danske Bank, in die die Deutsche Bank verwickelt zu sein scheint. Außerdem rückteim November die Staatsanwaltschaft an, durchsuchte Geschäftsräume und Vorstandbüros. Der Verdacht: Die Bank könnte Kunden geholfen haben, Geld mit Hilfe von Briefkastenfirmen in der Karibik zu waschen.

Im November 2018 durchsuchte die Staatsanwaltschaft Geschäftsräume der Deutschen BankBild: REUTERS

Überhaupt ist die Deutsche Bank gefühlt an jedem größeren Finanzskandal mehr oder weniger beteilig. Der einst gute Ruf - schon lange nicht mehr vorhanden. All das schafft kein Vertrauen und verursacht hohe Kosten. So fällt es auch schwer zu glauben, dass die Bank inzwischen wirklich eine sauberere Weste hat.

"Die Deutsche Bank leidet immer noch unter den früheren Fehlern und den Folgen der globalen Finanzkrise", meint Schnabl. "Allerdings hat sie auch keine grundsätzlichen Lösungen gefunden, die die Deutsche Bank nachhaltig auf den Weg der Besserung gebracht haben."

"Was machte die Bank in der Vergangenheit und wieviele Risiken stehen noch in den Büchern?", fragt Sascha Steffen von der Frankfurt International School of Finance and Management. Offene Fragen wie diese machen der Bank noch immer das Leben schwer.

Politik möchte nationalen Champion bilden

Derzeit sieht alles danach aus, als ob sich die weltweite Wirtschaftslage verschlechtert. Weitere Turbulenzen oder gar eine Rezession könnten dann auch Bilanz der Deutschen Bank treffen.

Wirtschaftsminister Altmaier will in der kommenden Woche eine Strategie verkünden, wie die Regierung Schlüsselindustrien stärker fördern will - dazu gehört wohl auch die Deutsche Bank. Man wünscht sich eben einen nationalen Champion in der Finanzbranche.

Seit Monaten wird über eine Fusion zwischen Deutscher Bank und Commerzbank spekuliert. Hartnäckige Fragen zu diesem Thema weist Sewing konsequent ab. "Wir haben unseren Plan und den arbeiten wir ab. Über alles andere mache ich mir keine Gedanken."

Christian Sewing äußert sich nicht zu Gerüchten über eine Fusion von Deutscher Bank und CommerzbankBild: Reuters/K. Pfaffenbach

Auch Wirtschaftsprofessor Schnabl ist skeptisch: "Wenn man zwei schwache Banken fusioniert, wird noch lange keine starke Bank daraus." Analysten könnten kein großes Potenzial für Kostenersparnisse erkennen, zudem seien im traditionellen Bankgeschäft in Deutschland die Sparkassen und Genossenschaftsbanken sehr gut aufgestellt. "Deswegen sehe ich für einen neuen deutschen Bankriesen kein großes Potenzial", so Schnabl.

Am Ende könnte der Steuerzahler wieder der Dumme sein

Außerdem steigt bei einer Fusion auch die Gefahr, dass die Bank im Krisenfall wieder mit Steuergeld gerettet werden müsste. Schon heute gilt die Deutsche Bank als "too big to fail", also systemrelevant. Bei der Commerzbank ist der Staat seit der Finanzkrise größter Einzelaktionär. "Das kann dazu führen, dass die neue Bank leicht zu ihren Gunsten politische Entscheidungen beeinflussen kann", so Schnabl.

Deutsche-Bank-Chef Sewing scheint seinen Weg ohnehin lieber allein gehen zu wollen. Sein Rezept: Kosten runter, Liquidität rauf, dazu ein Umbau des Konzerns. "Wenn wir nachhaltig profitabel sein wollen, dann müssen wir auch wieder wachsen", sagt er - und zwar in den Bereichen, in denen die Bank stark ist.

Chancen für ein wirkliches Wachstum aus eigener Kraft sieht Schnabl allerdings nicht. Zum einen sei das Umfeld stark von europäischen Behörden reguliert, zum anderen gibt es die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank mit ihren Nullzinsen.

Damit "wird dem traditionellen Bankgeschäft eigentlich die Luft zum Atmen genommen", so Schnabl. "Sie können nur dann große Gewinne machen, wenn sie auf den internationalen Finanzmärkten spekulieren und ins Risiko gehen. Und gerade das will ja die Deutsche Bank nicht mehr tun."

"Für Investoren ist nicht klar, wohin sich die Bank bewegt", sagt Steffen von der Frankfurt International School of Finance and Management. Auch wie ihr künftiges Geschäftsmodell aussehe, sei noch unklar.

Seit Christian Sewing im April den Chefposten übernommen hat, ist die Deutsche Bank Aktie um rund 40 Prozent eingebrochen. Trotz seines optimistischen Auftritts in Frankfurt - die Anleger konnte er nicht überzeugen. Heute gab die Aktie um weitere vier Prozent nach.

Insa Wrede Redakteurin in der Wirtschaftsredaktion
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