Großbrand verschärft Kubas Energiekrise
10. August 2022Auch den gesamten Dienstag über kämpften kubanische, mexikanische und venezolanische Feuerwehrleute und Spezialkräfte weiter gegen den Großbrand eines Treibstofflagers in der Küstenstadt Matanzas, gelegen rund 100 Kilometer östlich von Havanna. Mit Hubschraubern besprühten die Einsatzkräfte die Öltanks oder besser das, was noch von ihnen übrig war, mit Löschchaum - die brütend heißen Temperaturen hatten sie bislang daran gehindert - während militärische Bauspezialisten Barrieren errichteten, um das auslaufende Öl einzudämmen.
Mexiko und Venezuela hatten technische Brigaden zur Unterstützung der Löscharbeiten entsandt, da Kuba weder über die Erfahrung noch die technische Ausrüstung verfügt, um einen Brand dieser Dimension zu bekämpfen. Auch die USA boten Kuba "technische Beratung" an.
Löscharbeiten werden noch Tage dauern
Nach vier Tagen ist das Feuer weiterhin nicht vollständig unter Kontrolle. Aber es wurden bereits Fortschritte bei der Eindämmung erzielt, so die Behörden am Dienstagabend Ortszeit. Auf der Oberfläche der Tanks seien noch immer Flammen zu sehen, wenn auch keine großen, hieß es. Es wird erwartet, dass die Löscharbeiten noch einige Tage andauern. Zuvor war auch der vierte Großtank eingestürzt. Am Montag war der dritte Tank in Flammen aufgegangen, "nachdem Treibstoff aus dem zweiten Tank ausgelaufen war", wie der Gouverneur der Provinz Matanzas, Mario Sabines, gegenüber der Presse erklärte. Dieser zweite Tank wiederum war Sonntagnacht nach fast 40 Stunden Branddauer zusammengebrochen und hatte einen riesigen Feuerball verursacht, der die ganze Stadt Matanzas erleuchtete und sogar auf dem Malecón in Havanna zu sehen war. Sabines verglich die Situation mit einer "olympischen Fackel", die von einem Tank auf den nächsten überspringt.
Nach Angaben der staatlichen Ölgesellschaft Cupet enthielt der erste Tank, der in Brand geriet, etwa 26 Millionen Liter Rohöl, das sind 50 Prozent seines Fassungsvermögens. Der zweite enthielt 52 Millionen Liter Heizöl. Der dritte Tank fasste ebenfalls 52 Millionen Liter, aber es gibt keine offiziellen Angaben, wie viel Öl sich in ihm befand. Der vierte Tank war den Behörden zufolge zuvor geleert worden. Die vier anderen großen Tanks auf dem Gelände der Treibstoffbasis in Matanzas, die nicht von dem Feuer betroffen waren, seien erhalten und sicher, sagte ein Vertreter des Verteidigungsministeriums am Dienstagnachmittag.
Der Großbrand war am Freitagabend nach einem Blitzeinschlag in einem Rohöltank auf der Supertanker-Basis Matanzas ausgebrochen. Nach vorläufigen Erkenntnissen war die Blitzableitertechnik an dem Tank mit der Intensität der elektrischen Entladung überfordert. Bislang gab es ein Todesopfer, 14 weitere Menschen werden vermisst. Die Suche nach den vermissten Feuerwehrleuten aber gestaltet sich schwierig, da die Unglücksstelle auch am Dienstag aufgrund der hohen Temperaturen weiterhin kaum zugänglich war.
Tanklager entscheidend für Versorgung auf der Insel
Rund 5000 Menschen wurden nach offiziellen Angaben aus dem Katastrophengebiet evakuiert. Es gab zudem mehr als 120 Verletzte. Die meisten von ihnen wurden wegen Verbrennungen und Rauchvergiftungen behandelt, fünf von ihnen befanden sich am Dienstag weiterhin in kritischem Zustand. Die örtlichen Behörden riefen die Bewohner auf, Gesichtsmasken zu tragen oder im Haus zu bleiben. Eine akute Gesundheitsgefahr bestehe aber nicht. Die Rauchwolke, die die Region einhüllte, war sogar in der fast 100 km entfernten Hauptstadt Havanna zu sehen.
Die Anlage in Matanzas mit ihren acht Tanks ist die wichtigste auf der Insel und entscheidend für die Versorgung der thermoelektrischen Kraftwerke mit Brennstoff. Außerdem dient sie als Entlade- und Umschlagplatz für importiertes Rohöl, Heizöl und Diesel. Das Unglück ereignete sich in einer Zeit, in der Kuba mit Treibstoffknappheit zu kämpfen hat und aufgrund des schlechten technischen Zustands vieler Kraftwerke mehrstündige Stromabschaltungen an der Tagesordnung sind. Die Katastrophe dürfte die Energiekrise auf der Insel weiter verschärfen.
Am Montag musste das größte Kraftwerk des Landes aufgrund des Feuers vom Netz genommen werden. Das Energieministerium teilte mit, es habe das Wärmekraftwerk Antonio Guiteras in Matanzas wegen Wassermangels vom Netz genommen. Der Großbrand habe die Wasserversorgung der Anlage beeinträchtigt, hieß es. Durch den Ausfall des Kraftwerks konnte landesweit nur noch etwas mehr als die Hälfte des maximalen Strombedarfs gedeckt werden. Dienstagnacht wurde das Kraftwerk wieder mit dem nationalen Stromnetz synchronisiert, musste aber nach 17 Minuten erneut vom Netz genommen werden. Die Gründe waren zunächst unklar.