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Großbritannien: Triumph für Labour, Debakel für Tories

5. Juli 2024

Mehr als 14 Jahre lang dominierte die Konservative Partei die britische Politik. Das ist zu Ende. Mit einem deutlichen Sieg bei der Unterhauswahl zieht Labour-Chef Keir Starmer in die 10 Downing Street in London ein.

Großbritannien | Keir Starmer und König Charles III
Labour-Chef Starmer bei König Charles im Buckingham-Palast: Auftrag zur RegierungsbildungBild: Yui Mok/AP Photo/picture alliance

Es waren noch gar nicht alle Wahlkreise in Großbritannien ausgezählt, da war schon klar: Die oppositionelle Labour-Partei bekommt die absolute Mehrheit im Parlament in London: Mehr als 410 der 650 Sitze im Unterhaus gehen an sozialdemokratische Abgeordnete.

Die bislang in London regierenden Tories des konservativen Premierministers Rishi Sunak haben sich mehr als halbiert, rutschten auf 120 Sitze ab und fahren das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte ein. Damit kommt es in Großbritannien zu einem Machtwechsel. Neuer Premier wird Labour-Chef Keir Starmer.

Schon in der Nacht räumte Rishi Sunak die Niederlage ein. Der 44-Jährige übernahm die Verantwortung für das "ernüchternde" Wahlergebnis und gratulierte Starmer zum Sieg.

Scheidender Premier Sunak bei Abschiedsrede in der Downing Street: "Es tut mir leid"Bild: Henry Nicholls/AFP/Getty Images

Bei seiner Abschiedsrede am späten Vormittag vor dem Amtssitz in 10 Downing Street sagte Sunak: "Dem Land möchte ich zuallererst sagen: Es tut mir leid. Ich habe in diesem Job alles gegeben, aber Sie haben ein klares Signal gesendet, dass sich die Regierung des Vereinigten Königreichs verändern muss."

Zudem kündigte er seinen Rückzug vom Tory-Vorsitz an: "Nach diesem Ergebnis werde ich als Parteichef zurücktreten, nicht sofort, sondern erst, wenn alles vorbereitet ist, um meinen Nachfolger zu bestimmen", so der Noch-Premierminister.

Brexit-Befürworter Farage erringt erstmals Parlamentssitz

Die ebenfalls oppositionellen Liberaldemokraten legten auch deutlich zu und errangen mehr als 70 Mandate. Sie würden damit die Schottische Nationalpartei, die auf weniger als zehn Sitze abrutscht, als drittstärkste Kraft im Parlament ablösen. Brexit-Verfechter Nigel Farage hat es im achten Anlauf nun erstmals geschafft, selbst ins Unterhaus einzuziehen. Seine einwanderungsfeindliche Partei Reform UK kommt auf vier Sitze, ebenso wie die Grünen.

Labour-Chef Keir Starmer versprach dem Land eine "nationale Erneuerung". "Wir haben es geschafft!", rief Starmer jubelnden Anhängern zu. "Der Wechsel beginnt hier." Ab jetzt gelte die Devise: "Zuerst das Land, dann die Partei".

Labour-Chef Starmer bei Wahlparty in London: "Der Wechsel beginnt hier"Bild: Suzanne Plunkett/REUTERS

Der Wahlsieger mahnte jedoch, dass der Wechsel nicht über Nacht erfolgen könne. Der künftigen Labour-Regierung stehe "harte Arbeit" bevor. "Es reicht nicht, einen Knopf zu drücken, um ein Land zu verändern", betonte der 61-jährige Starmer. Er sprach von einer "veränderten Labour-Partei", die "bereit sei, dem Land zu dienen".

Am Mittag wurde der Labour-Chef dann von  König Charles offiziell mit der Regierungsbildung beauftragt. Starmer habe den Auftrag angenommen, heißt es aus dem Buckingham-Palast. 

Der britische Wahlkampf war geprägt von Enttäuschung über Chaos und Skandale unter Sunaks Amtsvorgängern Boris Johnson und Liz Truss. Zudem sorgten stark gestiegene Lebenshaltungskosten für Unmut in der Bevölkerung. Hinzu kam ein erbitterter Streit über die Migrationspolitik, der die Gesellschaft spaltete.

Reaktionen aus Deutschland

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßte den Erfolg von Labour. Er freue sich über den Wahlsieg "unserer Schwesterpartei", sagte Scholz in Berlin.

Über den neuen Londoner Regierungschef sagte der Kanzler, Starmer werde ein "sehr erfolgreicher Premierminister sein". Scholz betonte, die Bundesregierung habe mit der britischen Regierung auch im vergangenen Jahr gut zusammengearbeitet, und es sei "gut zu wissen, dass das auch für die Zukunft so sein wird".

Der konservative deutsch-britische Politiker David McAllister, der für die CDU als Abgeordneter im Europa-Parlament sitzt, sagte der Deutschen Welle, dass Starmer ein "wichtiger Partner" der EU sei. Man müsse aber realistisch sein: "Labour hat nicht versprochen, der Europäischen Union beizutreten, auch nicht dem Binnenmarkt oder der Zollunion."

McAllister forderte von dem neuen Premier eine "formalisierte Zusammenarbeit" zwischen Großbritannien und der EU in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung. Schließlich sei im Labour-Wahlprogramm von einer "geostrategischen Zusammenarbeit" die Rede, so der Europa-Abgeordnete.

AR/sti/jj (rtr, afp, kna, dpa, BBC, DW)

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