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Politik

Upskirting in Großbritannien verboten

Franziska Apfel
17. Januar 2019

Monatelang kämpfte die Britin Gina Martin gegen das sogenannte "Upskirting". Jetzt hat das britische Oberhaus ein Gesetz verabschiedet, das das heimliche Fotografieren unter Frauenröcke unter Strafe stellt.

Upskirting-Gesetz - Großbritannien verbietet Fotografieren unter Röcke
Bild: Getty Images/AFP/A. Dennis

Im Juli 2017 besuchte die junge Britin Gina Martin ein Musikfestival, auf dem sie nach eigenen Angaben von einem Mann bedrängt wurde. Unbemerkt machte er mit seinem Handy ein Bild unter ihrem Rock und verschickte es an einen Freund, der in der Nähe stand. "Fünf Minuten später sah ich, dass sein Freund sich ein Foto von dem Schritt einer Frau ansah. Ich erkannte sofort, dass ich es war", sagte Martin in einem Interview. Sie griff sich das Telefon des Mannes und ging damit zur Polizei. Diese war jedoch unschlüssig was sie machen sollte. Am Ende forderten die Beamten den Mann lediglich auf, das Foto zu löschen. Wenige Tage später erhielt sie einen Anruf. Die Ermittlungen gegen den Mann wurden eingestellt, der Fall ad acta gelegt. Der Grund: Das Vergehen war damals in England und Wales nicht strafbar.

"Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte", erzählte Martin. Sie startete eine Kampagne für ein gesetzliches Verbot heimlich aufgenommener Fotos unter Frauenröcken. Besonders durch die heutige Technik und die kleinen Smartphonekameras können derartige Bilder relativ leicht aufgenommen und verbreitet werden. Mehr als 110.000 Unterschriften sammelte Martin in einer Online-Petition. Dennoch dauerte es mehrere Monate, bis ihre Forderung erhört wurde. Jetzt aber hat das Oberhaus des britischen Parlaments ein Gesetz gegen das sogenannte Upskirting verabschiedet. Eine Zuwiderhandlung kann in Großbritannien nun mit einer Geldstrafe, in besonders schwerwiegenden Fällen sogar mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden. Auf Twitter postete die Aktivistin stolz:" Wir haben für das Gesetz gekämpft und wir haben gewonnen. Upskirting wird als Sexualdelikt gelten."

Erhobenen Hauptes in den Kampf

Bis dahin war es jedoch ein mühsamer Weg. Direkt nach dem Vorfall auf dem Musikfestival begann Gina Martin zusammen mit ihrem Anwalt Ryan Whelan, ihrem Freund und ihrer Familie, über das Internet nach anderen Frauen zu suchen, denen Ähnliches passiert war. Zahlreiche junge Mädchen meldeten sich und berichteten von Vorfällen in Schulen, an Bushaltestellen oder im öffentlichen Nahverkehr. Zugleich habe Martin Hassbotschaften bis hin zu Vergewaltigungsdrohungen in den sozialen Netzwerken erhalten. "Tenor war, es sei meine eigene Schuld, weil ich einen Rock trug", sagte sie.

Im Juni vergangenen Jahres drohte die Kampagne zu scheitern: Ein entsprechender erster Gesetzesvorschlag wurde im Unterhaus durch den konservativen Abgeordneten Christopher Chope gestoppt. Die Regierung unter Premierministerin Theresa May nahm sich jedoch in einer parteiübergreifenden Initiative der Sache an und brachte das Verbot durch das Unterhaus.

In Großbritannien ist das heimliche Fotografieren unter Frauenröcke verboten Bild: picture-alliance/J. Brooks

Am Dienstag zog auch das Oberhaus nach und entschied, Upskirting in England und Wales künftig unter Strafe zu stellen. Damit das neue Gesetz in Kraft treten kann, braucht es nur noch die Zustimmung von Queen Elizabeth II. Frauenrechtlerinnen feiern den Gesetzesentwurf als großen Fortschritt. Shami Chakrabarti, Mitglied des britischen Oberhauses, lobte Martin für ihre Hartnäckigkeit: "Ich zolle meinen Respekt an die Aktivistin Gina Martin, die ihre persönliche Demütigung in eine starke Kampagne umwandelte, um etwas Wichtiges voranzutreiben, das wir alle unterstützen können".

Auch Londons Bürgermeister Sadiq Kahn gratulierte Martin und begrüßte das neue Gesetz auf Twitter: "London sollte eine der sichersten Städte der Welt für Frauen und Mädchen sein. Nach langen Forderungen, Upskirting als Sexualdelikt anzusehen, sind das sehr gute Nachrichten. Für ihre exzellente Kampagne verdient Gina Martin Anerkennung".

Komplizierte Rechtslage in Deutschland

Upskirting ist in Schottland bereits seit 2010 verboten. Auch in Australien und Neuseeland wird das Fotografieren unter den Rock einer Frau als Straftat angesehen. Im US-Bundesstaat Massachussets wird das heimliche Fotografieren oder Filmen intimer Bereiche einer anderen Person mit bis zu zweieinhalb Jahren Haft oder bis zu 5000 Dollar bestraft.

In Deutschland ist das Fotografieren unter den Rock einer Frau kein eigener Straftatbestand, ein entsprechender Paragraph ist im aktuellen Strafgesetzbuch nicht vorhanden. Betroffene haben lediglich die Möglichkeit, auf Umwegen gegen die Täter vorzugehen, erklärte Rechtsanwalt Christian Solmecke der Deutschen Welle. "Möglicherweise kommen andere Paragraphen in Betracht, die zwar nicht explizit das Upskirting, jedoch andere Taten verbieten". Bei einer Verbreitung im Internet könnten so etwa Persönlichkeitsrechte oder das Recht am eigenen Bild verletzt werden, sollte die Person eindeutig identifizierbar sein. Nach neuester Rechtslage könnte es auch datenschutzrechtlich relevant sein.

Ob auf Rolltreppen, an Haltestellen oder in der Bahn - Immer wieder werden Frauen durch heimliche Fotografien sexuell belästigtBild: Getty Images/AFP/B. Smialowski

Schon die Aufnahme derartiger Fotos kann eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn bereits durch den Besitz von Fotos die Unsicherheit besteht, dass es zu einer Veröffentlichung kommen werde, die den Abgebildeten nachhaltig und nicht hinnehmbar belasten könnte. "Dies ist gerade dann der Fall, wenn durch die Aufnahmen in die Intimsphäre, also den Kernbereich der höchstpersönlichen Lebensgestaltung eingegriffen wurde", so Solmecke. 

Ihm zufolge wird es Zeit, dass diese Rechtslücke in Deutschland geschlossen wird. "Es kann nicht sein, dass der Staat ein solches Verhalten nicht sanktioniert und jegliche rechtliche Verfolgung solcher Taten den betroffenen Personen überlässt. Vielmehr wäre es Aufgabe des deutschen Gesetzgebers, ein Gesetz zu schaffen, dass auch Upskirting und andere Formen von Voyeurismus unter Strafe stellt."

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