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Großbritannien: Wenig Licht am Ende des Tunnels für Starmer

24. September 2024

Keir Starmer ist nicht einmal drei Monate britischer Premierminister, schon sind seine Umfragewerte im Keller. Auch beim Labour-Parteitag kann er keine Aufbruchstimmung verbreiten. Birgit Maaß aus Liverpool.

Liverpool, Labour-Parteitag: Premierminister Keir Starmer am Rednerpult
Kaum Konkretes: Premier und Labour-Chef Keir Starmer beim Labour-Parteitag in LiverpoolBild: Jon Super/AP/picture alliance

"Change begins" - jetzt beginnt der Wandel: Das ist der Slogan auf dem Parteitag in Liverpool. Es ist Keir Starmers erster Parteitag als Regierungschef. Nach 14 Jahren konservativer Tory-Regierungen sind die Erwartungen an den neuen Premierminister von der Labourpartei groß. Im Wahlkampf hatte er versprochen, die Wirtschaft anzukurbeln, im großen Stil neuen Wohnraum zu schaffen, das aus allen Nähten platzende Gesundheitssystem in Großbritannien zu reformieren.

Aber all das braucht Zeit. Bis die neuen Häuser gebaut und die neuen Geräte für die Krankenhäuser gekauft sind, wird es eine Weile dauern. Und die britische Öffentlichkeit scheint ungeduldig: Laut einer neuen Umfrage ist Starmers Popularität seit den Wahlen Anfang Juli um 45 Prozentpunkte gesunken. Nach der konservativen Sparpolitik und dem chaotischem Brexit wollten die Briten einen schnellen Neuanfang.

Labour-Chef Starmer wird neuer britischer Premier

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Dazu kommt, dass sowohl Starmer als auch seine Finanzministerin Rachel Reeves kaum eine Gelegenheit auslassen, zu erklären, wie miserabel es um die Finanzen des Landes bestellt sei. Schuld daran sei die konservative Vorgängerregierung, die ein "schwarzes Loch" von 22 Milliarden Pfund hinterlassen habe.

Teure Geschenke für den Premier - keine Heizkostenhilfe für Rentner

Damit begründet die neue Regierung zum Beispiel, dass Rentner in Zukunft keine Zuschüsse zu den Heizkosten mehr bekommen und nur noch die ganz Bedürftigen unterstützt werden. In der Bevölkerung ist diese Entscheidung sehr unbeliebt. Laut Meinungsforschenden des Instituts More in Common kommt die Regierung bei den wichtigsten Themen schlecht weg: Gesundheit, Lebenshaltungskosten und Einwanderung. Zudem sorgten in den vergangenen Wochen Berichte für negative Schlagzeilen, nach denen der Premier, seine Gattin und sein Team teure Geschenke in Form von Kleidung, Fußball- und Konzerttickets bekommen haben sollen. Für Starmer, der sich gern als kompetenter und korrekter Saubermann präsentiert, ist das peinlich.

Große Versprechen: Labour-Chef Keir Starmer (m) auf Wahlkampftour in einer Klinik des National Health Service im JuniBild: Stefan Rousseau/empics/picture alliance

Wie also das Ruder herumreißen? Luke Tryl, Meinungsforscher bei More in Common, meint, Starmer müsse besser erklären, wie er das Land verändern will, und zwar nicht mit bombastischen Worthülsen wie der Konservative Boris Johnson: "Labour muss die Veränderungen nicht nur versprechen, sondern auch liefern."

Punkte sammeln mit Klimaschutz und Energiewende

Gelungen sei das beispielsweise in der Klimapolitik: Starmer will ein staatliches Energieunternehmen gründen, Great British Energy. Das soll private Investitionen in erneuerbare Energien ankurbeln und bezahlbare Strompreise garantieren. Auch hat die Regierung ein De-facto-Verbot für Windkraftanlagen an Land aufgehoben und will keine neuen Öl- und Gaslizenzen mehr erteilen. Diese Vorhaben fänden große Unterstützung, so Meinungsforscher Tryl, Energiesicherheit sei der Bevölkerung ein hohes Gut. Solche konkreten Ziele müsse die Regierung stärker in den Vordergrund stellen.

Obligatorischer Applaus? Premier Keir Starmer und Gattin Victoria treffen beim Parteitag einBild: Peter Byrne/dpa/picture alliance

Und tatsächlich gibt es auf dem Parteitag viele Veranstaltungen zu Klimaschutz und Energiewende. Man werde sehr schnell sehr viel aufbauen, verspricht der zuständige Minister Ed Miliband bei einer Veranstaltung mit jungen Klimaaktivisten. Sonne und Wind dürften nicht privatisiert werden, fordert eine junge Gewerkschaftsvertreterin und erntet dafür großen Applaus.

Warnung vor Finanzlöchern statt mitreißender Reden

Wie soll sich die neue Regierung positionieren? Für Dan Carden ist klar: Die politische Führung muss sich entscheiden, für wen sie kämpft - für ihn sind das ganz klar die Arbeiterinnen und Arbeiter. Der junge Abgeordneter vertritt den Wahlbezirk Liverpool Walton, einen der ärmsten im ganzen Land. Die Unzufriedenheit der kleinen Leute, so Carden, hätte sich bei den jüngsten ausländerfeindlichen Unruhen im Norden Englands gezeigt. Die meisten Randalierenden seien jüngere Menschen aus der Region gewesen.

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Die Unruhen greift Keir Starmer auch in seiner Rede auf. Man müsse Verständnis haben für die Sorgen der Bevölkerung, auch, was die Zuwanderung betreffe - aber für Rassismus sei kein Platz. Nach den Krawallen hatte er eine harte Hand gezeigt, das hatte Anklang gefunden.

Ansonsten blieb der Regierungschef in seiner Rede größtenteils allgemein, konkrete neue Vorhaben benannte er kaum. Respekt, Sicherheit, Reformen - das nannte er als Ziele: "Es wird Licht geben am Ende des Tunnels", versprach er. Und bekam dafür den obligatorischen Beifall. Klimapolitik kam nur am Rande vor. Das Land zu erneuern werde dauern, warnte er erneut. Vielen Briten aber kann es nicht schnell genug gehen.

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