Große Herausforderungen
22. August 2014Mit der Wahl Joko Widodos ins Präsidentenamt leitet Indonesien eine neue Ära ein. Denn "Jokowi", wie er auch genannt wird, ist seit Einführung der Demokratie vor 16 Jahren der erste Staatschef, der nicht zu Zeiten der Suharto-Diktatur politisch sozialisiert wurde. Am Donnerstag (21.08.2014) entschied das indonesische Verfassungsgericht, die Klage seines Widersachers Prabowo Subianto gegen das offizielle Wahlergebnis abzuweisen. Damit besitzt der 53-jährige Jokowi nun das offizielle Mandat, die größte Volkswirtschaft Südostasiens zu führen.
Doch Zeit zum Jubeln bleibt kaum. Denn auf Jokowi warten enorme Herausforderungen. Denn er erntet nicht nur Lob und Anerkennung, sondern erbt auch einige hochbrisante Probleme, die von seinen Vorgängerregierungen seit Jahren verschleppt wurden.
Schwierige Zeiten
Da ist zum einen die schwächelnde Wirtschaft. Indonesien befindet sich gerade in seiner schwächsten wirtschaftlichen Phase seit 2009. Eine der größten Belastungen für den Staatshaushalt sind die hohen Benzinsubventionen. Im letzten Jahr betrugen diese fast 15 Milliarden Euro und machten über 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Viele Politiker trauten sich in der Vergangenheit nicht, diese Subventionen zu kürzen, aus Angst vor Protesten der Wähler. Doch gleichzeitig kämpft Indonesien mit einem erdrückenden Haushaltsdefizit. "Es sieht so aus, dass Jokowi keine Wahl hat. Er muss die Benzinsubventionen kürzen, ansonsten hat er kaum finanziellen Spielraum für seine sozialen Programme", sagt Haryo Aswicahyono, Wirtschaftsexperte des Thinktanks CSIS in Jakarta der Deutschen Welle.
Kostenlose Grundschulen und eine umfassende Gesundheitsversorgung für die Armen - das waren zwei zentrale Versprechen in Jokowis Wahlkampfprogramm. Wie diese finanziert werden sollen, ist allerdings bislang noch unklar.
Mehr Transparenz und Toleranz?
Ein weiteres Problem ist die grassierende Korruption im Land. Obwohl Indonesien in den vergangenen Jahren einige Fortschritte in der Korruptionsbekämpfung erzielt hat, gilt das Land immer noch als eines der korruptesten Länder der Erde. Nach dem Korruptionsindex von Transparency International belegt Indonesien Platz 114 von 177 Ländern.
Jokowi hat seinen Wählern versprochen, hart gegen die Korruption vorzugehen. "Der größte Gegenwind für Jokowi wird von der Bürokratie kommen, die ein starkes Netzwerk innerhalb der politischen Elite gebildet hat", erklärt Metta Dharmasaputra, investigativer Journalist von KataData. "Vor den Wahlen gab es eine Umfrage mit dem Ergebnis, dass gerade viele Beamte Jokowi nicht wählen wollen, weil er immer wieder betont hat, dass er für mehr Transparenz im indonesischen Verwaltungsapparat sorgen wolle." Als Gouverneur von Jakarta und vorher Bürgermeister der mitteljavanischen Stadt Solo hat Jokowi genau dies getan.
"Eigentlich besitzt Jokowi jetzt einen größeren Spielraum zur Korruptionsbekämpfung. Viele freiwillige Wahlkampfhelfer haben ihm geholfen, er musste nicht soviel Geld für den Wahlkampf ausgeben. Also hat er wenig Schulden, auch politische Schulden, bei den politischen Parteien und bei den Unternehmern", sagt Dharmasaputra.
Aber nicht nur die Korruption, auch zunehmende religiöse Spannungen brachten das Land in den vergangenen Jahren des Öfteren in die Schlagzeilen. Der ausscheidende Präsident Susilo Bambang Yudhoyono hat sich in der Vergangenheit gescheut, klar Stellung zu beziehen, so Novriantoni Kahar von der Paramadina-Universität Jakarta. "Unter Yudhoyono, wurde das Volk allein gelassen. Ich glaube, Jokowi wird hier strenger reagieren", sagte der Islamexperte gegenüber der DW. "Jokowis Erklärung während des Wahlkampfes, dass er für einen friedlichen und toleranten Islam steht, war sehr gut. Das ist ein politisches Zeichen für die Zukunft", so Kahar.
Kompromisse sind nötig
Um seine Vorhaben in die Praxis umzusetzen, ist Jokowi auf die Unterstützung des Parlaments angewiesen. Seine jetzige Koalition kommt aber nur auf knapp 40 Prozent der Sitze. Politikbeobachter Kuskrido Ambardi glaubt, dass Jokowi jetzt weitreichende Kompromisse eingehen muss. Er müsse auch Mitgliedern ehemaliger Oppositionsparteien anbieten, um diese Parteien ins Boot holen und eine Mehrheit im Parlament hinter sich scharen zu können. Denn angesichts der Herausforderungen brauche er jetzt eine breite Unterstützung im Parlament, um sinnvoll regieren zu können.