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Duett der Giganten

Carla Bleiker15. Dezember 2013

Die neue Regierung aus Konservativen und Sozialdemokraten kann viel erreichen. Das zeigt die deutsche Geschichte mit zwei erfolgreichen großen Koalitionen. Doch die Opposition steht schlecht da.

Sigmar Gabriel, Angela Merkel und Horst Seehofer stellen den Koalitionsvertrag vor. (Foto: REUTERS/Thomas Peter)
Bild: Reuters

"GroKo", die Abkürzung für große Koalition,‬ ist das Wort des Jahres 2013. Das gab die Gesellschaft für deutsche Sprache am Freitag (13.12.2013) bekannt. Die Gesellschaft wählt jedes Jahr ein Wort, das für ein Thema steht, welches die Menschen und Medien in Deutschland im zu Ende gehenden Jahr besonders beschäftigt hat. Dieses Jahr war das die geplante große Koalition der konservativen CDU und ihrer bayrischen Schwesterpartei CSU mit den Sozialdemokraten (SPD).

Zum ersten Mal ein Mitgliederentscheid

In einer großen Koalition bilden die beiden Parteien mit den meisten Stimmen eine Regierung – und das sind für gewöhnlich die CDU und die SPD. Angela Merkels CDU holte, gemeinsam mit der CSU, 41,5 Prozent der Stimmen bei der diesjährigen Bundestagswahl. Die SPD konnte mit Spitzenkandidat Peer Steinbrück 25,7 Prozent der Stimmen gewinnen.

Nach harten Verhandlungen und erst zwei Monate nach der Wahl einigten sich die Parteien unter Angela Merkel, CSU-Vorsitzendem Horst Seehofer und SPD-Vorsitzendem Sigmar Gabriel auf einen Koalitionsvertrag. Das allein reichte allerdings noch nicht. Zum ersten Mal in der Geschichte ließ die SPD ihre Mitglieder über den Koalitionsvertrag abstimmen. Wäre eine Mehrheit dagegen gewesen, hätte neu verhandelt werden müssen.

Die Konservativen konnten die Rente für Mütter und die PKW-Maut für Ausländer auf deutschen Autobahnen durchsetzen, die SPD schaffte es, dass die Rente mit 63 Jahren und ein flächendeckender Mindestlohn im Koalitionsvertrag stehen.

Effiziente große Koalitionen

Auf Bundesebene hat es eine große Koalition bisher zweimal gegeben. Das erste Mal bildeten CDU und CSU 1966 mit der SPD eine Regierung. Willy Brandt (SPD), der am 18. Dezember 100 Jahre alt geworden wäre und als einer der größten deutschen Politiker gilt, wurde Vizekanzler unter Kurt Kiesinger (CDU).

Willy Brandt (links) und Kurt Georg Kiesinger während der Koalitionsverhandlungen 1966. Auch damals war das Medieninteresse groß.Bild: picture-alliance/dpa

"Die große Koalition von 66-69 hat die erste ernsthafte wirtschaftliche Rezession in der Geschichte der Bundesrepublik bewältigt", sagt Everhard Holtmann, Forschungsdirektor am Zentrum für Sozialforschung der Universität Halle-Wittenberg, der DW. Die Deutschen waren dann auch mit Brandts Arbeit zufrieden: Bei der folgenden Wahl 1969 gewann seine SPD kräftig hinzu und Willy Brandt wurde Bundeskanzler.

Die zweite Große Koalition ist noch nicht lange her: Sie wurde 2005 bis 2009 von Angela Merkel angeführt. Auch diese Regierung leistete laut Holtmann gute Arbeit: "Die globale Wirtschafts- und Finanzkrise, die 2008 mit Macht nach Deutschland durchgeschlagen ist, konnte bewältigt werden. Das spricht auch für die Effektivität und Effizienz einer großen Koalition." Die SPD erreichte allerdings bei der Wahl nach dieser Koalition, 2009, das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte.

Mini-Opposition

Die Regierung einer großen Koalition kann viel für die Deutschen erreichen, sagt Everhard Holtmann: "Durch die Kompromissbildung, die durch große Koalitionen herbeigeführt werden muss, wird eine relativ große Bandbreite gesellschaftlicher Interessen berücksichtigt."

Große Koalition heißt aber auch kleine Opposition. Die beiden Parteien, die nicht Teil der Regierung sind, bilden im Vergleich zur Übermacht der "GroKo" eine verschwindend geringe Minderheit. Sowohl Linke als auch Grüne gewannen jeweils weniger als neun Prozent der Stimmen. Das heißt, dass im Bundestag jetzt 504 Regierungsabgeordnete nur 127 Oppositionsabgeordneten gegenüber sitzen.

Gregor Gysi (Linke) und Anton Hofreiter (Grüne) sehen die Minderheitenrechte gefährdetBild: picture-alliance/Tagesspiegel

Die Opposition ist laut "Spiegel Online" so klein wie seit 40 Jahren nicht mehr. Dieses Verhältnis bedeutet nach derzeit gültigem Recht, dass Linke und Grüne keinen Untersuchungsausschuss einsetzen können. Auch die Beiträge ihrer Abgeordneten bei parlamentarischen Debatten würden sehr kurz ausfallen, weil sich die Redezeiten nach der Stärke der Partei richten. Die Oppositionsparteien verlangen deswegen, dass ihre Rechte durch Änderungen in der Bundestags-Geschäftsordnung gesichert werden. CDU und SPD wollten sich noch nicht festlegen.

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