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Politik

Große Spendenwelle für Kapitänin Rackete

1. Juli 2019

Deutschland und Italien streiten weiter über das Hilfsschiff "Sea-Watch 3" und die Kapitänin Carola Rackete. Die Deutsche muss sich in Agrigent vor Gericht rechtfertigen. Immer mehr Spender greifen ihr unter die Arme.

Italien Kapitänin Carola Rackete
Bild: Reuters/G. Mangiapane

Solidarität mit Carola Rackete

01:40

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Die Spenden für die deutsche Hilfsorganisation Sea-Watch sind nach der Festnahme ihrer Kapitänin Carola Rackete am Samstagmorgen in die Höhe geschossen. Inzwischen sind zusammen rund 1,1 Million Euro eingegangen. Über den Aufruf der Fernsehmoderatoren Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf kamen bis Montagmittag mehr als 735.000 Euro von rund 27.000 Spendern zusammen, auf einer italienischen Facebook-Seite wurden mehr als 410.000 Euro gesammelt. Das Spendengeld sei für die Gerichtskosten von Rackete bestimmt, erklärte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer. Er fügte aber hinzu: "Wenn das Schiff beschlagnahmt bleibt, brauchen wir ein neues."

Rackete war mit dem Rettungsschiff "Sea-Watch 3" und 40 Migranten an Bord am Samstag unerlaubt in den Hafen der italienischen Insel Lampedusa gefahren. Dort wurde sie festgenommen und unter Hausarrest gestellt. Die "Sea-Watch 3" wurde beschlagnahmt. Die 40 Flüchtlinge durften an Land gehen.

Richter vertagt Entscheidung

Rackete wurde am Montagnachmittag von einem Ermittlungsrichter in Agrigent vernommen. Zuvor war sie mit einem Schiff der Finanzpolizei von Lampedusa in die sizilianische Stadt gebracht worden. Der Richter muss dort entscheiden, ob der Hausarrest aufrecht erhalten bleibt. Nach der Vernehmung vertagte der Richter seinen Beschluss auf Dienstag, so dass die Kapitänin bis auf weiteres unter Hausarrest bleibt. Der 31-Jährigen werden Beihilfe zur illegalen Einwanderung, Verletzung des Seerechts und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen, weil sie sich Anweisungen von Militärschiffen widersetzt haben soll. Im Falle eines Schuldspruchs drohen ihr bis zu zehn Jahre Haft. 

Rackete hatte nach der Rettung von Migranten vor der libyschen Küste zwei Wochen auf dem Meer vergeblich auf eine Erlaubnis zum Anlegen in Italien gewartet. Sie rechtfertigte ihre Entscheidung, das Anlegen zu erzwingen, mit der verzweifelten Lage an Bord und der Sorge, dass Migranten über Bord in den Tod springen könnten. Italien will aber keine NGO-Schiffe anlegen lassen, wenn es keine Sicherheit gibt, dass die Migranten auf andere EU-Staaten verteilt werden. Selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte sich in die Sache eingeschaltet und Italien wegen der Festnahme kritisiert.

Berlin pocht auf rechtsstaatlichen Weg

Die Bundesregierung kritisierte nach der Festnahme der deutschen Kapitänin eine "Kriminalisierung von Seenotrettern". "Wenn es konkrete Vorwürfe der italienischen Behörden gibt, müssen sie auf rechtsstaatlichem Wege und so schnell wie möglich geklärt werden", sagte Vize-Regierungssprecherin Martina Fietz. Das humanitäre Engagement zur Rettung von Menschenleben auf See verdiene Respekt, müsse aber auch im Einklang mit geltendem Recht stehen. Zu dem Spendenaufruf sagte Fietz, es sei "ein wertvoller Beitrag der Zivilgesellschaft", sich hinter die Seenotretter zu stellen. Mit Blick auf die Flüchtlinge auf dem Schiff bekräftigte Fietz, Deutschland sei zur Aufnahme "einer bestimmten Anzahl" bereit und erwarte dies auch von den anderen EU-Partnern.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas machte deutlich, dass er die Kapitänin der "Sea-Watch 3" bald wieder auf freiem Fuß sehen will. "Aus unserer Sicht kann am Ende eines rechtsstaatlichen Verfahrens nur die Freilassung von Carola Rackete stehen", schrieb er auf Twitter. Der SPD-Politiker missbilligte zugleich grundsätzlich den Umgang mit Flüchtlingen in Europa. "Das Geschachere um die Verteilung der Geflüchteten ist unwürdig und muss ein Ende haben", schrieb er. 

Diplomatische Kanäle aktiv

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin ergänzte, zwischen Diplomaten und den Ministern Deutschlands und Italiens gebe es Kontakte, um zu einer Lösung zu kommen. Laut Bundesregierung gab es auch Kontakte zwischen den Delegationen beider Länder beim EU-Gipfel in Brüssel.

Der Vater Racketes sagte, er hoffe nun auf den Einsatz der Bundesregierung. "Ich denke, der internationale Druck auf die italienische Regierung wird einiges bewirken", erklärte Ekkehart Rackete der Deutschen Presse-Agentur. Er halte Italien aber nach wie vor für einen souveränen Rechtsstaat und mache sich keine großen Sorgen um seine Tochter. Erst am Sonntag habe er mit ihr telefoniert: Sie sei "guter Dinge und sieht der ganzen Sache eigentlich gelassen ins Auge".

Spontandemo für Solidarität mit Kapitänin Carola Rackete in MünchenBild: Imago Images/Overstreet

Europäische Lösung angemahnt

Deutsche Politiker forderten unterdessen eine Lösung der Flüchtlingsfrage auf europäischer Ebene. "Es geht nicht nur um einen Einzelfall, es geht darum, dass wir in Europa endlich eine Lösung finden müssen, wie wir mit Flüchtlingen gemeinsam umgehen", sagte EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger. Mit Blick auf die Kritik des italienischen Innenministers Matteo Salvini am Verstoß der deutschen Kapitänin sagte der CDU-Politiker: "Mir sind die Bewertungen von Salvini egal. Als Bürger Europas habe ich volles Verständnis für diese Frau, die - glaube ich - mutig gehandelt hat. Und ich habe Vertrauen in die Justiz in Italien."

Entwicklungsminister Gerd Müller erklärte, Rackete habe "in einer absoluten Notlage" gehandelt. "Deswegen erwarte ich, dass Brüssel hier ein deutliches Signal sendet und die sofortige Freilassung einfordert", unterstrich der CSU-Politiker.

kle/se (dpa, epd)

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