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Katastrophe

Große Spendenwelle für Notre-Dame rollt

17. April 2019

Nach dem Großbrand in der Pariser Kathedrale Notre-Dame ist die Solidarität groß, auch international. Zumal keine Versicherung für die Brandschäden zahlt. Schon bald dürften die Spenden die Milliarden-Schwelle erreichen.

Frankreich Paris | Zerstörung nach Brand der Kathedrale Notre-Dame de Paris
Bild: Reuters/C. Petit Tesson

Für den Wiederaufbau der schwer beschädigten Pariser Kathedrale Notre-Dame sind schon fast eine Milliarde Euro an Spenden zusammengekommen. "Am Morgen waren es fast 900 Millionen. Ich denke, wir werden heute noch die Milliardengrenze überschreiten", sagte der Fernsehmoderator Stéphane Bern. Er ist der Beauftragte des Staatspräsidenten für das kulturelle Erbe und damit auch für die Renovierung historischer Baudenkmäler in Frankreich zuständig. "Die ganze Welt ist an unserer Seite", sagte Bern. Er erhalte Spenden aus vielen Ländern für die 850 Jahre alte Kirche im Herzen von Paris.

Allein 600 Millionen Euro kamen bisher durch Großspenden der Milliardärsfamilien Arnauld (Luxuskonzern LVHM), Pinault (Kering) und Bettencourt (L'Oréal) sowie durch den Ölkonzern Total zusammen. Weitere Spenden zwischen zehn und 20 Millionen Euro versprachen der Milliardär Marc Ladreit, der Bauriese Bouygues, die Familie Decaux, die brasilianische Milliardärin Lily Safra und ihre Stiftung, die Bankengruppe BPCE, die Bank Société Générale sowie der Versicherungskonzern Axa. Die Stadt Paris will 50 Millionen Euro freistellen. Die Region Ile-de-France, die größtenteils dem Großraum Paris entspricht, kündigte eine Soforthilfe von zehn Millionen Euro an.

Solidarität jenseits der Religionen

Religionsführer im ganzen Land drückten unterdessen ihre Solidarität aus. Der Rektor der Pariser Großen Moschee, Dalil Boubakeur, appellierte "an alle Muslime in Frankreich, sich an der Spendenaktion für den Wiederaufbau zu beteiligen". Ähnlich äußerten sich der Präsident der Vereinigung der Moscheen Frankreichs (UMF), Mohammed Moussaoui, und der Präsident des Französischen Islamrates (CFCM), Ahmet Ogras. Auch der Vorsitzende der Protestantischen Föderation Frankreichs, Francois Clavairoly, und Frankreichs Oberrabbiner Haim Korsia äußerten ihr Mitgefühl.

Nach dem Brand des Pariser Wahrzeichens kennt die Solidarität auch keine Länder-Grenzen. Vor allem aus den USA wurden viele Spenden angekündigt, unter anderem von Apple, dem Investor Henry Kravis (knapp neun Millionen Euro) und der katholischen University of Notre Dame aus Indiana (knapp 90.000 Euro). Auch in Deutschland gibt es Spendenaufrufe. So appellierte das Erzbistum Berlin an alle Pfarrgemeinden, ihre Osterkollekte für den Wiederaufbau bereitzustellen.

Solidarität in New York City: Das Empire State Building ist in die Farben Frankreichs gehülltBild: Reuters/J. Moon

Wiederaufbau in nur fünf Jahren?

Kurz nach dem Ausbruch des Feuers am Montag hatte Präsident Emmanuel Macron zugesagt, das weltberühmte Gebäude wieder aufzubauen. In einer Fernsehansprache am Dienstag kündigte er an, dass dies binnen fünf Jahren passieren sollte. Er nannte die Franzosen ein "Volk von Baumeistern" und appellierte an den Zusammenhalt der französischen Gesellschaft. Kunsthistoriker, Denkmalschützer und Architekten halten Macrons Zeitplan für zu ambitioniert, sie gehen eher von zehn bis 15 Jahren aus. Der Handwerksverband Compagnons du Devoir erklärte, es fehle an Fachkräften, vor allem an Steinmetzen, Zimmerleuten und Dachdeckern.

Am Wiederaufbau sollen sich Architekten aus aller Welt beteiligen: Die Regierung in Paris kündigte einen internationalen Wettbewerb für den Spitzturm an. Der mehr als 90 Meter hohe Turm war bei dem Brand eingestürzt. Der neue Turm solle "den Techniken und Herausforderungen unserer Epoche angemessen" sein, sagte Premierminister Edouard Philippe nach einer Kabinettssitzung, die ausschließlich dem Wiederaufbau der Kathedrale gewidmet war.

Laut Philippe sollen vier Organisationen offiziell mit der nationalen Spendenaktion betraut werden, unter anderem die Kulturerbe-Stiftung Fondation du Patrimoine. Nach Kritik an den Spenden mehrerer französischer Milliardärsfamilien will die Regierung zudem die Absetzbarkeit von der Steuer neu regeln: Nach den Worten Philippes sollen Spenden bis 1000 Euro zu 75 Prozent absetzbar sein, höhere jedoch nur zu 66 Prozent.

Rettung fast in letzter Minute

Die Rettung der Kathedrale vor dem Einsturz war nach Angaben der Regierung noch knapper als angenommen: Innenstaatssekretär Laurent Nuñez sagte, es habe sich "um 15 bis 30 Minuten" gehandelt. Die Feuerwehr habe den Brand gerade noch rechtzeitig löschen können. Die Grundfesten der Kathedrale und die beiden Glockentürme halten nach seinen Worten stand, Sorgen bereiten aber weiter das Gewölbe und ein Giebel im nördlichen Querschiff.

So wüteten die Flammen in der gotischen Kathedrale Bild: Getty Images/AFP

Der Brand war am Montagabend im Dachstuhl der Kathedrale ausgebrochen und hatte sich rasend schnell über das gesamte Dach und ein Baugerüst ausgebreitet. Viele Kunstschätze fielen den Flammen zum Opfer, auch die Hauptorgel wurde beschädigt. Kostbare Reliquien, darunter die Dornenkrone Jesu, und das Hauptkreuz der Kirche konnten jedoch gerettet werden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Brandstiftung.

Der Pariser Erzbischof Michel Aupetit dankte nochmals den "mutigen Feuerwehrleuten, die den Dom vor einer totalen Katastrophe bewahren konnten". Er zeigt sich auch "tief berührt" von der spontanen Welle aus Gebet und großzügigen Spendenzusagen. Notre-Dame sei angesichts ihrer Historie "die Seele Frankreichs". Am Abend, genau um 18.50 Uhr, begannen dann Kirchenglocken in ganz Frankreich zu läuten. Dazu hatte die französische Bischofskonferenz aufgerufen. Um 18.50 Uhr war am Montag der Brand in Notre-Dame entdeckt worden. Zahlreiche Menschen versammelten sich vor der Pariser Kirche Sacré-Coeur im Touristenviertel Montmartre, der Kathedrale St. André in Bordeaux oder auch vor dem Straßburger Münster, um dort innezuhalten. 

kle/sti (dpa, afp, kna)

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