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Politik

Großmächte auf Konfliktkurs

23. März 2018

Der jüngste Handelsstreit zwischen Peking und Washington zeigt nur eine Facette der spannungsvollen Beziehung zwischen etablierter und aufsteigender Supermacht. Schnappt die Thukydides-Falle zu?

China Peking - Xi Jinping und Donald Trump
Chinas Präsident Xi Jinping (links) mit US-Präsident Donald Trump (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/F. Dufour

Die ersten Schüsse sind abgefeuert in einer Auseinandersetzung, die sich zu einem echten Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt ausweiten kann. Auf die Verhängung amerikanischer Strafzölle in Milliardenhöhe regierte Peking ebenfalls mit der Androhung von Strafzöllen - und der Bemerkung, man scheue nicht vor einem Handelskrieg zurück.

Dabei sind die Volkswirtschaften beider Seiten eng miteinander verflochten: China erwirtschaftet im Handel mit den USA gigantische Überschüsse. Im Jahr 2016 bei einem Handelsvolumen von knapp 700 Milliarden Dollar einen Überschuss von knapp 400 Milliarden Dollar. Mit einem bedeutenden Teil dieser Summe wiederum kauft China US-Staatsanleihen und finanziert so den US-Haushalt. 

Mit dem Streit würden sich deshalb beide Seite ins eigene Fleisch schneiden, betont Thomas Eder vom Berliner China-Forschungsinstitut Merics: "Wenn man jetzt an Zölle auf amerikanische Agrarprodukte wie Sojabohnen, Sorghum, Schweinefleisch denkt - dann führt das zu einer Inflation in China, höheren Kosten für chinesische Konsumenten."

China schafft Fakten im Südchinesischen Meer - und baut auf umstrittenen RiffenBild: Reuters/E. de Castro

Wichtigste bilaterale Beziehungen der Welt

Es knirscht vernehmlich zwischen der etablierten Supermacht USA und dem wirtschaftlich, militärisch und politisch immer mächtigeren - und selbstbewussteren - China. So sehr, dass kaum eine Betrachtung der sino-amerikanischen Beziehungen ohne Rückgriff auf den griechischen Strategen und Historiker Thukydides auskommt. Der soll schon vor 2500 Jahren mit Blick auf die damaligen Rivalen Athen und Sparta formuliert haben: "Wenn eine neue Macht droht, eine etablierte Macht zu ersetzen, ist Krieg unausweichlich". Noch allerdings überwiegt die Hoffnung, Peking und Washington könnten die sogenannte Thukydides-Falle vermeiden.

Die Rivalität ist dennoch unübersehbar: Die im letzten Dezember veröffentlichte jüngste Nationale Sicherheits-Strategie der US-Regierung spricht von einer "Rückkehr der Großmachtkonkurrenz". Sogar in diesem Strategiepapier wird die Begründung für die US-Strafzölle aufgeführt: Der massenhafte Diebstahl geistigen US-Eigentums. Aber die Sorgen sind sehr viel grundsätzlicher: Schon auf der zweiten Seite kommt die Sicherheitsstrategie zu dem Schluss: "China und Russland fordern Amerikas Macht, Einfluss und Interessen heraus. Sie versuchen Amerikas Sicherheit und Wohlstand zu erodieren."

Top Risiko 2018 und Systemkonkurrenz

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte vor dem 19. Parteitag im vergangenen Herbst seine Ambition verkündet, China bis 2050 zur ersten modernen sozialistischen Weltmacht zu machen. "Politisch, kulturell, ethisch, sozial und ökologisch." Xi empfahl zugleich anderen Staaten das "Chinesische Model" zur Nachahmung. Die Systemkonkurrenz zwischen den liberalen demokratischen Ordnungen des Westens und Chinas Staatskapitalismus ist in vollem Gange. Und das zu einer Zeit, da sich die USA unter ihrem Präsidenten Donald Trump zumindest teilweise aus der Weltpolitik zurückziehen. Der Sympathievorsprung der USA gegenüber China ist in den letzten Jahren weltweit dahin geschmolzen. In einigen Kernstaaten des Mittleren Ostens, Lateinamerikas und selbst Europas ist China nach einer PEW-Studie vom August 2017 deutlich populärer als die USA.

China auf der Höhe seiner Macht

"China ist auf der Höhe seiner Macht in moderner Zeit", stellt Michael Kovrig von der Crisis Group im DW-Interview fest. "Und dem Rest der Welt ist die Bedeutung dessen noch nicht voll aufgegangen". Der massive Aufbau der chinesischen Streitkräfte sowie der robuste Auftritt Chinas in der Region beunruhigt allerdings Chinas Nachbarn. Ex-Diplomat Kovrig zufolge will China das internationale System zwar nicht umstürzen, aber stärker prägen. Und in Nordost-Asien wird China eine immer größere Einflusssphäre schaffen, wagt Kovrig einen Blick in die Zukunft: "Zunächst durch das schiere Gewicht der chinesischen Wirtschaft. Dann aber auch mit militärischen und geopolitischen Mitteln. Und hier kann es potenziell zum Konflikt mit der etablierten Sicherheitsstruktur der USA kommen." Mit der Ernennung von John Bolton zum Nationalen Sicherheitsberater des US-Präsidenten ist die Gefahr eines solchen Konfliktes eher noch gewachsen. Bolton ist unter anderem dafür bekannt, sich für Präventivschläge gegen Nordkorea ausgesprochen zu haben.

Seidenstraße Richtung Dominanz 

Wirtschaftliche Gravitationskraft soll auch die "Seidenstraßen-Initiative" entfalten, auch bekannt unter dem Namen One-Belt-One-Road, oder kurz: OBOR. Gigantische Infrastrukturmaßnahmen in Chinas näherer und weiterer Umgebung sollen den Weg für mehr Handel und wirtschaftlichen Austausch bereiten. Für Kovrig ein weiteres Instrument für China, um seine Dominanz in der Region kontinuierlich auszubauen. Insgesamt, fasst Kovrig zusammen, gebe es in den US-chinesischen Beziehungen eine Menge Risiken. Salomonisch fügt der frühere Diplomat an, alles "hängt davon ab, wie sich die verschiedenen Spieler verhalten und wie sie miteinander reagieren".

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