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Großprojekt: Glasfasernetz soll Nahost und Europa verbinden

3. Dezember 2025

Katar und Saudi-Arabien investieren in neue terrestrische Kabelnetze. Diese sollen die Unterseekabel im Roten Meer entlasten. Die Projekte sind Teil einer grundsätzlichen Modernisierungsstrategie.

Werbewand des Telekommunikationsunternehmens Ooredoo
Das in Katar ansässige Telekommunikationsunternehmen Ooredoo will Milliarden in Glasfasernetze investierenBild: Lynn Bo Bo/EPA/picture alliance

Es sind gewaltige Investitionen: Eine halbe Milliarde US-Dollar (rund 430 Millionen Euro*) will das in Katar ansässige Kommunikationsunternehmen Ooredoo in den kommenden Jahren in eine neue terrestrische Glasfaserleitung investieren. Sie soll von der arabischen Halbinsel bis nach Europa reichen. Starten solle sie im Oman und von dort über den Irak und die Türkei bis nach Marseille laufen, berichtet dieser Tage die katarische Nachrichtenagentur QNA. 

Unabhängig davon verhandeln Presseberichten zufolge auch Saudi-Arabien und Syrien über eine neu zu bauende Leitung. Auch sie soll von der arabischen Halbinsel - genauer: dem saudischen Königreich - bis nach Europa führen. 

Es sei bemerkenswert, dass Katar und Saudi-Arabien nun versuchten, eine Verbindung über den Landweg zu etablieren, sagt der Berliner Organisations- und Transformationsforscher Ayad Al-Ani im DW-Interview. "Denn diese Landverbindung setzt voraus, dass sowohl der Irak wie auch Syrien als sichere Transitländer gelten, in denen sich investieren lässt. Dadurch werden beide Länder stärker in das internationale Daten- und Kommunikationssystem integriert, wovon auch die lokale Digitalwirtschaft profitieren kann. Das dürfte absehbar auch deren wirtschaftliche Entwicklung fördern."

Reaktion auf jüngste Krisen

Der Bau des neuen Netzes sei auch Folge aus den jüngsten Krisen, deutete Aziz Aluthman Fakhroo, CEO von Ooredoo, an. Dieses werde die Widerstandsfähigkeit globaler Netzwerke stärken und alternative Routen schaffen, zitiert ihn QNA. Damit ließen sich die aktuellen Herausforderungen im Roten Meer und in der Straße von Hormus umgehen. 

Die Meerenge Bab al-Mandab im Roten Meer, eine der am stärksten frequentierten Wasserstraßen weltweitBild: Karim Sahib/AFP/Getty Images

Aus Sicht der Netzbetreiber gelten beide Meereszonen derzeit als riskant. Die Straße von Hormus trennt die Arabische Halbinsel vom Iran - und damit von Staaten, zu denen Teheran lange in scharfer Rivalität stand, vor allem Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Mit Saudi-Arabien kam es mehrfach zu  Konfrontationen in der Straße von Hormus, während Katar ein vergleichsweise gutes Verhältnis zu Teheran pflegt.

 

Fragiler ist die Situation am Roten Meer. Die dort gelegene Meerenge Bab al-Mandab passieren jährlich 22.000 Schiffe. Dicht ist auch das digitale Netz: Derzeit verlaufen dort 15 interkontinentale Unterseekabel. Über sie laufen dem Telekommunikationsunternehmen Hongkong Global Communications (HGC) zufolge80 Prozent des Datenverkehrs zwischen Asien, Afrika und Europa. 

Wiederholte Angriffe auf digitale Infrastruktur

Diese Kabel waren wiederholt Ziel von Angriffen - oder könnten es zumindest gewesen sein, da eine bewusste Beschädigung nicht immer eindeutig nachgewiesen werden konnte. 

Zu einem ersten Ausfall kam es im Jahr 2008. Damals wurden einer Studie der Henry Jackson School of International Studies der University of Washington zufolge fünf Kabel beschädigt. Drei davon verbanden Asien und Europa. In der Folge verlor Ägypten zeitweise 70 Prozent seiner Internetverbindung und Indien 50 bis 60 Prozent. Ob es sich um eine mutwillige Beschädigung handelt, ist bis heute ungeklärt. 

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Während des Gaza-Krieges unterstützten die Huthi-Rebellen im Jemen die radikalislamische Hamas. In diesem Rahmen attackierten sie über Monate nicht nur die internationale Schifffahrt durch das Rote Meer, sondern beschädigten im Frühjahr 2024 dem Telekommunikationsunternehmen Hongkong Global Communications (HGC) zufolge vier der insgesamt 15 dort verlaufenden Kabel, darunter auch Asia-Africa-Europe 1, das die drei Kontinente miteinander verbindet.

Insgesamt war demnach ein gutes Viertel des Datenverkehrs beeinträchtigt. In einer Meldung beschrieb HGC beschrieb, wie es die interkontinentale Kommunikation aufrechterhielt: Einen Teil der Daten habe es über das chinesische Festland nach Europa umgeleitet, einen anderen über die USA, und einen dritten über die unversehrten Unterseekabel durch das Rote Meer. 

Telekommunikationsbranche: systematischer Ausbau

Vorfällen wie diesen sollen nun die beiden geplanten Netze vorbeugen. Die Region sei ein globaler logistischer und digitaler Knotenpunkt, über den 30 Prozent der weltweiten Daten und 90 Prozent der zwischen Europa und Asien ausgetauschten Daten liefen, erklärte Aziz Aluthman Fakhroo, der Vorstandsvorsitzende von Ooredoo, laut QNA.

Katar baut seine Telekommunikationsbranche systematisch aus. So hatten die beiden Unternehmen Qatar National Broadband Network (QNBN) und Gulf Bridge International (GBI) im vergangenen Herbst erklärt, ihre Telekommunikationssparten zusammenführen zu wollen. Diese Fusion ist nun vollzogen. QNBN ist auf Glasfaserkabel spezialisiert, GBI auf See- und Landkabel. Indem sie diese kombinieren, wollten die beiden Firmen Katar zu einer führenden Plattform für den internationalen Datenverkehr durch und nach Katar machen, berichtet die katarische Zeitung The Peninsula.

Mehr als reine Infrastruktur 

Hinzu komme, dass sich die Projekte nicht in reiner Infrastruktur erschöpften, sondern mit eigener Digitaltechnik, etwa Rechenzentren, vernetzt würden, sagt Ayad Al-Ani. "Bereits die bloße Infrastruktur gilt heute als bedeutende Einnahmequelle. Doch im Zusammenhang mit eigenen Rechen- und Entwicklungszentren liefert sie die Voraussetzung für eine erfolgreich Digitalwirtschaft.

Nahezu unbegrenzte Energie: Solartechnik in KatarBild: Clive Rose/Getty Images

Gulf Bridge zufolge versucht Katar derzeit, innovative KI-Unternehmen aus Europa und Asien nach Katar zu holen und ein nahtloses Tor zur Vernetzung im Nahen Osten anzubieten, berichtet Gulf Bridge. Bei der Verschmelzung der Unternehmenssparten von QNBN und GBI gehe es zuletzt darum, auch die globale Präsenz auszubauen, heißt es in der Zeitung Gulf Times aus dem Oktober 2024. Damit wolle man der steigenden Nachfrage nach grenzüberschreitender Datenkonnektivität gerecht werden.

Katar wie auch Saudi-Arabien und die Vereinigten Emirate setzten mit diesen Netzen auch auf die Zeit nach den fossilen Brennstoffen, sagt Ayad Al-Ani. Beide Staaten lägen nicht strategisch günstig im Schnittfeld dreier Kontinente, nämlich Asien, Afrika und Europa. "Die Region verfügt zudem über nahezu unbegrenzte Solarenergie für den Betrieb von Rechenzentren, die vergleichsweise günstig ist. Das ist in dieser energieintensiven Branche ein erheblicher Vorteil. Man braucht für sie keine zusätzlichen Kernkraftwerke, wie es etwa in den USA der Fall ist."

* Die Umrechnung in Euro haben wir nachträglich korrigiert.

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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