Für die Produktion von Schokolade, Käse, Suppen und Ziegel heizen Fabriken oft mit Erdgas. Weil das teuer ist, nutzen immer mehr Betriebe jetzt Abwärme und Wärmepumpen. Vier Beispiele, wie das CO2 und Geld spart.
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Mehr Aroma für Schokolade: Heizen und Kühlen mit einer Maschine
Das leckere Aroma bekommt die Schokolade durch das sogenannte Conchieren – die Schokoladenmasse wird dabei über mehrere Stunden bei 60 Grad durchgerührt. Die Wärme dafür wird bei vielen Betrieben noch durch Erdgas erzeugt, doch es geht auch günstiger.
Früher ging die Abwärme aus der Kühltechnik einfach verloren. Da Wärmepumpen und Kühlschränke das selbe Prinzip nutzen, sind die Prozesse sehr gut zu kombinieren. Die modernen Maschinen bei Maestrani erzeugen nun beides, Kälte und Wärme, und sind besonders effizient.
Damit sank der Energieverbrauch in der gesamten Fabrik um 20 Prozent, 170 Tonnen CO2-Emmissionen werden pro Jahr gespart.
Abwärme aus dem Rechenzentrum für die Käseproduktion
Die Berg-Käserei in Gais (Schweiz) nutzt die Abwärme von einem benachbarten Rechenzentrum. Die Server laufen dort rund um die Uhr und müssen gekühlt werden. Mit der Abwärme wird Wasser auf 20 Grad aufgeheizt und dann durch Rohre zur Käsefabrik gepumpt. Dort ist eine Wärmepumpe angeschlossen, die das Wasser bis 85 Grad erhitzt. Damit werden täglich bis zu 50.000 Liter Milch für die Käseherstellung pasteurisiert.
Die Wärmepumpe deckt den kompletten Wärmebedarf der Käserei. Der Betrieb spart damit nach eigenen Berechnungen fast zwei Millionen Kilowattstunden Erdgas pro Jahr. Nur im Notfall und bei Reparaturen springt nochmal die Gasheizung an, damit die Produktion nicht unterbrochen wird.
Ziegel trocknen mit Hochtemperatur-Wärmepumpe
Die Herstellung von Ziegeln ist sehr energieintensiv. Lehm, Ton und Sand werden zuerst mit Wasser vermischt, in Form gebracht und getrocknet. Dann werden die Ziegel bei bis zu 1000 Grad Celsius im Ofen gebrannt.
Die Ziegelfabrik in Uttendorf (Österreich) nutzt für das Trocknen der Ziegel vor dem Brennen seit 2019 eine Hochtemperatur-Wärmepumpe. Diese nutzt die warme Abluft des Brennofens und erzeugt so bis zu 160 Grad im Trockenraum. Der Einsatz der Wärmepumpe spart rund 30 Prozent Erdgas, außerdem fallen jährlich 2000 bis 3000 Tonnen CO2-Emissionen weniger an.
Betrieben wird die Fabrik von der Wienerberger AG, dem größten Ziegelproduzenten der Welt mit über 200 Fabriken in 28 Ländern. Auch in Polen, Großbritannien und den Niederlanden plant die Firma den Einbau von Hochtemperatur-Wärmepumpen. In Uttendorf soll nun zudem ein Elektro- Brennofen den Gasofen ersetzen.
Ein Drittel der Produktion bald mit Wärmepumpen?
In der Lebens- und Futtermittelfabrik Pischelsdorf (Österreich) nutzt der internationale Lebensmittelkonzern AGRANA eine Hochtemperatur-Wärmepumpe, um damit bei bis zu 160 Grad Wasser aus Weizenstärke zu ziehen. Das getrocknete Pulver wird in der Lebensmittelindustrie als Binde- und Verdickungsmittel von Soßen, Suppen und Pudding gebraucht.
Laut dem österreichischen Forschungsinstituts AIT liefert die Wärmepumpe rund 10 Prozent der Heizleistung der Trocknungsanlage. So werden bis zu 3,2 Millionen kWh Erdgas und etwa 600 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr eingespart.
Solche Hochtemperaturpumpen könnten nach Einschätzung von Veronika Wilk, Expertin für industrielle Wärmepumpen am AIT, vielerorts gut in bestehende Anlagen integriert werden. Mehr als ein Drittel der Produktionsprozesse weltweit könnte künftig davon profitieren, etwa in der Papier-, Lebensmittel- und chemischen Industrie. "Die Rückgewinnung der ungenutzten Abwärme verringert den Bedarf an fossilen Brennstoffen beträchtlich und führt so zur Dekarbonisierung der Prozesse," so Wilk.
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Chemiekonzern BASF mit weltgrößter Wärmepumpe?
Bislang werden Wärmepumpen in der Industrie noch selten genutzt, um Prozesswärme für die Produktion zu erzeugen. Solange Gas günstig war, fehlte vielen der Anreiz zum Einbau der modernen Technik.
Durch den Ukrainekrieg und den stark gestiegenen Erdgas-Preis haben sich die Bedingungen verändert, das zwingt Manager zum Umdenken. Hersteller von Großwärmepumpen bekommen immer mehr Anfragen aus der Industrie.
Die geplante Großwärmepumpe soll Abwärme aus dem fabrikeigenen Kühlwassersystem nutzen. Sie könnte bis zu 150 Tonnen Dampf pro Stunde produzieren, den Erdgasverbrauch stark senken und bis zu 390.000 Tonnen CO2-Emissionen jährlich einsparen.
Klimaneutral heizen mit Wärmepumpe
Wärmepumpen werden immer beliebter. Sie nutzen die Wärme aus der Erde, im Wasser oder Luft zum Heizen. Durch die effiziente Technologie werden so aus einer Kilowattstunde Strom mehr als drei Kilowattstunden Heizwärme.
Bild: Gero Rueter/DW
1935: Kältetechnik verändert die Welt
Elektrische Kühlschränke gingen in den 1930er Jahren in Serie. Die Wärmepumpe setzt auf das selbe Prinzip, denn die Kältetechnik kann umgekehrt auch zum Heizen genutzt werden: Während ein Kühlschrank den Innenraum kühlt, und Wärme nach außen leitet, entzieht eine Wärmepumpe dem Außenbereich Wärme und leitet sie als Heizenergie in den Wohnraum.
Bild: AEG/dpa/picture alliance
1938: Wärmepumpe heizt Rathaus in Zürich
Die Schweiz war Vorreiter bei der Entwicklung von großen Wärmepumpen. 1938 wurde im Rathaus von Zürich eine Wärmepumpe zum Heizen des Gebäudes eingebaut. Das war damals eine Sensation. Die Wärmepumpe ist bis heute in Betrieb. Als Wärmequelle wird das Flusswasser des Limat verwendet, der durch die Zürcher Altstadt fließt.
1973: Ölkrise beflügelt Produktion
Nach dem zweiten Weltkrieg war Öl billig. Da konnten Wärmepumpen im Vergleich zu günstigen Ölheizungen nicht mithalten. Doch 1973 begann die Ölkrise - Heizen mit Öl wurde um 300 Prozent teurer. Ingenieure entwickelten die Technik für Wärmepumpen weiter, Firmen produzieren sie in Serie. Für diese Pumpen wird Erdwärme genutzt.
Bild: BWP/Stiebel Eltron
1986: Meerwasser beheizt Stockholm
Die weltgrößte Wärmepumpe mit Meerwasser ging 1986 im schwedischen Stockholm in Betrieb. Sechs große Wärmepumpen nutzen die Wärme aus der Ostsee und speisen diese ins Fernwärmenetz. Rund 60 Prozent der Gebäude in der schwedischen Hauptstadt werden heute mit Fernwärme geheizt. Auch die skandinavischen Nachbarn setzen auf Großwärmepumpen. In Oslo (Norwegen) wird Abwasser als Wärmequelle genutzt.
Bild: Friotherm
1998: Trocknen mit Wärmepumpen-Prinzip
Wäschetrockner mit Wärmepumpe kamen auf dem Markt. Mit dieser Technik braucht der Trockner nur noch halb so viel Strom, das Trocknen wird günstiger. Heute werden Wärmepumpen auch in Elektroautos eingebaut. Das spart Energie - das Auto kann mit einer Akkuladung längere Strecken fahren.
Bild: BWP/Elektrolux
2010: Luft als Wärmequelle
Früher nutzten Wärmepumpen in Deutschland vorwiegend Erdwärme und Grundwasser als Wärmequellen. Seit 2010 werden in Deutschland mehr Geräte verkauft, die Luft als Wärmequelle nutzen. Neben den Solarmodulen auf diesem Dach stecken in dem Kasten Ventilatoren der Luftwärmepumpe. Mit selbst erzeugtem Solarstrom wird das Heizen besonders günstig.
Bild: picture alliance / dpa
2017: Wolkenkratzer mit Erdwärme
Der Lotte World Tower in Seoul, Südkorea, wurde 2017 eingeweiht. Mit 555 Metern war er damals das fünfthöchste Gebäude der Welt. Gekühlt und geheizt wird der Turm mit Wärmepumpen. Sie holen Erdwärme aus 200 Meter Tiefe und nutzen das Flusswasser zum Wärmen und Kühlen.
Bild: robertharding/imago images
2018: Saisonale Speicher sparen Heizkosten in Berlin
Im Berliner Stadtteil Lichterfelde wurden Mehrfamilienhäuser aus den Jahren 1930 und 1960 saniert. Die Besonderheit: Solarthermische Kollektoren auf dem Dach speisen jetzt im Sommer Solarwärme in einen Erdwärmespeicher. Diese gespeicherte Energie aus der Erde nutzen Wärmepumpen im Winter zum Heizen. Das ist besonders effizient und senkt die Heizkosten.
Bild: BWP/eTank
2019: Kaltes Wärmenetz heizt Häuser in der Stadt
Hier in Bad Nauheim werden 13 Kilometer Rohre in einem Acker verlegt. Durch die Rohre fließt später Wasser, das dem Boden etwas Wärme entzieht und dann weiter zu einem Wohnviertel gepumpt wird. Dort nutzen Wärmepumpen das Wasser und heizen damit Häuser. Solche sogenannten kalten Wärmenetze eignen sich besonders für Städte. Auch Abwärme aus Fabriken lässt sich so gut nutzen.
Bild: BWP
2020: Sparen mit Konzept
In modernen Industriegebäuden wie hier bei Heidelberg stehen zwei Wärmepumpen - sie kühlen und wärmen nach Bedarf. Mit gutem Konzept und effizienter Steuerung kann überschüssige Energie aus einem Teil des Gebäudes in einem anderen Bereich genutzt werden, das spart Energie und Kosten. In dieser Fabrik wird die Abwärme eines Computerservers zum Heizen mitgenutzt.