"GroKo"-Verhandler müssen nachsitzen
6. Februar 2018Der Endspurt der Koalitionsverhandlungen ist weniger ein Spurt, sondern vielmehr ein mühevoller Dauerlauf ins Ziel. Immer noch klaffen einige Lücken im Koalitionsvertrag, der inzwischen auf mehr als 160 Seiten angewachsen ist. Die meisten Kompromisse haben CDU/CSU und SPD, die seit dem 26. Januar miteinander verhandeln, binnen einer Woche geschmiedet. Und zwar - das betonen die Unterhändler immer wieder - in guter Stimmung und ohne größeren Streit. Doch nun geht es ans Eingemachte.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil betonte aber am Montagabend, dass die Gespräche am Dienstag dann die "Schlussrunde" seien. Es werde sich dann entscheiden, "ob wir die Verhandlungen erfolgreich abschließen oder nicht".
Differenzen bei sozialen Fragen
Als zähe Materie erweisen sich vor allem die Gesundheits- und Arbeitsmarktpolitik, in der die Positionen von Anfang an weit auseinander lagen. Die SPD besteht darauf, dass Arbeitsverträge nicht mehr ohne einen sachlichen Grund befristetet werden dürfen. Vor allem jungen Berufstätigen, die häufig Arbeitsverträge für nur ein oder zwei Jahre erhalten, soll mehr Sicherheit für ihre Lebensplanung gegeben werden.
Außerdem bestehen die Sozialdemokraten darauf, die gesetzlich krankenversicherten Patienten - das ist die überwiegende Mehrheit der Deutschen - besserzustellen. Zu diesem Zweck sollen Arzthonorare für Privat- und Kassenpatienten angeglichen werden. Für die SPD, die eigentlich eine "Bürgerversicherung" für alle wollte, ist das ein erster Schritt hin zu einem Ende der "Zweiklassen-Medizin". CDU und CSU halten davon wenig.
Über all diese Punkte wolle man "gründlich und konzentriert reden", hatte SPD-Chef Martin Schulz angekündigt. Oder, in den Worten der Fraktionschefin Andrea Nahles: Die SPD werde verhandeln, "bis es quietscht". Dazu nutzten die Unterhändler mit dem Montag den ersten von zwei "Reservetagen", die sie vorausschauend als Puffer eingeplant hatten.
Eigentlich hatten sie die Koalitionsverhandlungen schon am Sonntag abschließen wollen - also gut eine Woche nach deren Beginn. Doch dieser Zeitplan erwies sich als zu knapp kalkuliert für jene Fragen, die den jeweiligen Markenkern der Parteien berühren. In Fragen der sozialen Gerechtigkeit wollen die Sozialdemokraten nicht zu weit zurückweichen, da sie den Koalitionsvertrag noch ihrer skeptischen Parteibasis zur Abstimmung vorlegen müssen. Diese erwartet, das hat der Sonderparteitag am 21. Januar klargestellt, ein klares soziales Profil des Regierungsprogramms. Es steht also viel auf dem Spiel: Stimmt die Mehrheit der gut 440.000 Mitglieder mit "Nein", dann wird es keine neuerliche Große Koalition geben.
Geeinigt haben sich Union und SPD bereits darauf, vier Milliarden Euro in den Wohnungsmarkt zu investieren. Zwei Milliarden soll der Bund allein für den sozialen Wohnungsbau bereitstellen. Insgesamt sollen 1,5 Millionen neue Wohnungen gebaut werden. Den Kauf von Wohneigentum will der Staat durch ein "Baukindergeld" von 1200 Euro pro Kind und Jahr finanziell unterstützen - ein Ergebnis, das die Union als ihren Erfolg verbucht. Auch die Defizite im Breitband-Ausbau will die Große Koalition beseitigen: Alle Bürger sollen einen Anspruch auf eine schnelle Internetverbindung ab dem Jahr 2025 haben.