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Politik

Grosny demonstriert, Moskau verhaftet

Miodrag Soric Moskau
5. September 2017

Myanmars Umgang mit der muslimischen Minderheit der Rohingya sorgt weltweit für Protest - auch im weit entfernten Tschetschenien. Republikchef Ramsan Kadyrow will sich als Fürsprecher von Muslimen positionieren.

Grosny Russland Protest Rohingya Myanmar
In Grosny protestierten tausende Muslime für ein Ende der Gewalt gegen Rohingya in Myanmar Bild: picture-alliance/dpa/Z.Bairakov

Wie viele Menschen in Tschetscheniens Hauptstadt Grosny auf die Straße gingen, um gegen die Verfolgung der Rohingya in Myanmar zu demonstrieren, ist unbekannt. Auf jeden Fall waren es nach DW-Recherchen deutlich weniger als die von offiziellen Stellen genannten 1,1 Millionen Menschen. Die Kundgebung am Montag wurde von Anhängern des tschetschnischen Präsidenten Ramsan Kadyrow organisiert. Im Klartext: Schülern und Studenten, Arbeitern in Betrieben und Senioren in Altersheimen wurde eindringlich nahegelegt, an den öffentlichen Protesten teilzunehmen, so Beobachter vor Ort.

Kadyrow möchte sich einmal mehr als Führer in der muslimischen Welt präsentieren. Schließlich hat - formal gesehen - die Unterdrückung der Rohingya in Myanmar nichts mit dem Kaukasus zu tun. Doch Kadyrow glaubt mit der Kundgebung seinen Landsleuten und gegenüber dem Kreml punkten zu können, heißt es in Moskau.

"Er möchte gerne ein einflussreicher Führer der islamischen Welt sein," sagt Alexei Malaschenko vom Moskauer "Institut für den Dialog der Zivilisationen". Das würde auch erklären, weshalb sich der 41-jährige Kadyrow, bekennender Muslim, etwa zum Friedensprozess im Nahen Osten oder zu anderen Ereignissen in der islamischen Welt äußert.

"Regionalfürst" Kadyrow

Die Demonstranten in Grosny appellierten an Putin, dessen "internationales Ansehen einzusetzen, um den Genozid an den Muslimen in Myanmar zu stoppen". Ramsan Kadyrow hat in der Vergangenheit stets die Politik von Russlands Präsident Wladimir Putin unterstützt. Auch in Zukunft werde er dies tun, so Politologe Malaschenko.

Politisch aufeinander angewiesen: Präsident Putin und Tschetscheniens "Regionalfürst" Ramsan Kadyrow Bild: Getty Images/AFP/M. Klimentyev

Gleichzeitig nehme der politische "Regionalfürst" Kadyrow aber für sich in Anspruch, sich zu außenpolitischen Fragen zu äußern. Der Kreml, der eigentlich für die Außenpolitik der ansonsten autonomen Republik Tschetschenien zuständig ist, könne dies als Herausforderung betrachten, scheue aber vor einer Auseinandersetzung mit Kadyrow zurück. "Putin kann nicht ohne Kadyrow – und umgekehrt, Kadyrow ist auf Putin angewiesen", so der Moskauer Experte.

Präsident Putin hat inzwischen erklärt, dass Kadyrows Aussagen zu den Ereignissen in Myanmar dessen Privatmeinung seien. Kein Wort zu den Demonstrationen in Grosny, wo es inzwischen ruhig geworden ist. Kritischer für den Kreml: Auch in Moskau gingen Menschen auf die Straße. Sie protestierten vor Myanmars Botschaft in der russischen Hauptstadt. Sicherheitskräfte nahmen dort 17 Menschen fest, die alle aus Tschetschenien stammen sollen.

Aus Protest gegen die Vertreibung der Rohingya protestierten hunderte Tschetschenen vor der Botschaft in MoskauBild: Getty Images/AFP/V. Maximov

Moskau blockiert Resolution 

Offiziell versucht der Kreml die Ereignisse in Myanmar herunterzuspielen. Putins Sprecher Dimitry Peskov weigerte sich, die Unterdrückung der Rohingya in Myanmar zu kommentieren. "Wir wissen, dass die Muslime sehr emotional auf die Ereignisse in Myanmar reagieren," sagte Peskow. Der Kreml habe noch keine Haltung zu den Ereignissen. Russland und Myanmar hatten im vergangenen Jahr vereinbart, militärisch enger zusammenzuarbeiten. Im März blockierte Moskau gemeinsam mit China eine Resolution des UN-Sicherheitsrates zum Schutz der Minderheit in Myanmar.

Deshalb rechnet auch niemand mit einer Verurteilung der Regierung in Myanmar durch den Kreml. Zentral ist für Moskau die stetige Verbesserung der Beziehungen zu China. Die Führung in Peking gehört traditionell zu den Förderern von Myanmar, ist also ein wichtiger Partner, da Russland seinen Einfluss in Südost-Asien politisch und wirtschaftlich vergrößern will.

Was der Kreml auf jeden Fall verhindern will, sind Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Buddhisten in Russland selbst. Ein Grund mehr, dafür zu sorgen, dass das Thema Myanmar im eigenen Land nicht zu viel Aufmerksamkeit bekommt.

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