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Politik

Grundrenten, Schulden und andere Milliarden

Marko Langer
2. Juli 2020

Wenn mitten in der Corona-Krise ein Parlament eine Grundrente beschließt, mag das als positives Zeichen gelten. Der Bundestag debattierte auch die milliardenschwere Neuverschuldung.

Deutschland | Bundestag | Nachtragshaushalt | Olaf Scholz
Finanzminister Olaf Scholz wirbt nochmals eindringlich für die Grundrente Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Kein Manuskript. Nicht einmal einen zusammengefalteten Zettel oder ein gelbes Post-It-Zettelchen hatte der Bundesfinanzminister dabei, als er an diesem Donnerstagmorgen im Plenarsaal des Deutschen Bundestages an das frisch desinfizierte Rednerpult trat. Hatte er nichts zu sagen? Von wegen: Olaf Scholz (SPD), der bei anderen Gelegenheiten schon einmal von "Wumms" oder "Bazooka" gesprochen hatte, trug ohne "Äh" oder "Öhem" vor, wie er Deutschland aus der Krise herausführen will. Selten wurde deutlicher, welche Macht dieser Mann schon hat, die ihm seine Partei mitunter vorenthalten will.

Neuverschuldung: 217,8 Milliarden Euro

"Wir können mit Zuversicht durch diese Krise gehen", sagte Scholz bei den Beratungen über den zweiten Nachtragshaushalt, der angesichts der Bedeutung für Deutschland mehr als nur eine Formalie war. Es sei ein gutes Programm, das der Wirtschaft und bei der Erhaltung von Arbeitsplätzen helfe.

Der Nachtragshaushalt sieht eine Rekord-Neuverschuldung von 217,8 Milliarden Euro vor. Das Programm sorge dafür, dass die Konjunktur wieder anspringe, zeigte sich Scholz überzeugt. Das erste Paket zur Corona-Krise habe dazu gedient, durch die Zeit des Lockdowns zu kommen. Jetzt gehe es darum, dass es wieder losgehe.

Grundrente beschlossen

Gleich zu Beginn seines blattfreien Vortrags zeigte sich Scholz erfreut, dass im Laufe des Tages auch die Grundrente für Geringverdiener im Parlament beschlossen werden sollte. Diese sei ein Zeichen des Respekts, sagte der SPD-Politiker. Dafür müsse Geld da sein. Dass dies eine Herzensangelegenheit der Sozialdemokraten ist, konnte man auch an der vergleichsweise zufriedenen Miene von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in der Regierungsbank erkennen. Der Bundestag stimmte inzwischen mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen der Einführung der Grundrente zu. FDP und AfD lehnten die Grundrente ab, Grüne und Linke enthielten sich der Stimme.

Die Grundrente soll ab dem kommenden Jahr an insgesamt rund 1,3 Millionen Menschen gezahlt werden, die 35 Beitragsjahre vorweisen können. Der Weg für die Verabschiedung des lange umstrittenen Gesetzes war frei geworden, nachdem die Union einer Finanzierung aus dem Bundeshaushalt zustimmte. Ein Geringverdiener mit 35 Beitragsjahren oder anerkannten Jahren für Kindererziehung oder Pflege kann demnach unter bestimmten Voraussetzungen einen Zuschlag von bis zu 404,86 Euro monatlich erreichen. Einen Anspruch auf die Grundrente gibt es demnach ab dem 1. Januar 2021, die Auszahlung wird schrittweise ab Juli 2021 erfolgen.

Wo war der Vorsitzende?

Redner der Opposition hielten der Regierung vor, auf Kosten kommender Generationen Schulden anzuhäufen. Dass der AfD-Abgeordnete Peter Boehringer aber die Notwendigkeit des Nachtragshaushaltes in Abrede stellte und die Verschuldung durch die Corona-Pandemie quasi als "hausgemacht" beschrieb, löste bei Politikern anderer Fraktionen nicht nur Kopfschütteln aus. Sie provozierte auch den neuen haushaltspolitischen Sprecher der SPD, Dennis Rohde, darauf hinzuweisen, dass Boehringer während der entscheidenden Beratungen im Haushaltsausschuss mehrere Stunden lang gefehlt habe. Dazu muss man wissen: Boehringer ist Vorsitzender dieses Ausschusses. Der Abgeordnete wies die Kritik empört zurück.

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