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Gruppe von Staaten will Ausbau von Atomenergie beschleunigen

21. März 2024

Weltweit wird wieder verstärkt auf Kernkraft gesetzt - auch als Maßnahme im Kampf gegen den Klimawandel. Vertreter aus mehr als 30 Ländern haben darüber in Brüssel beraten. Deutsche Wissenschaftler zeigen sich skeptisch.

Belgien, Brüssel | Atomenergie-Gipfelteilnehmer beim Gruppenbild vor dem Atomium (21.03.2024)
Gipfelteilnehmer beim Gruppenbild vor dem Atomium in Brüssel: "Potenzial der Nuklearenergie voll ausschöpfen"Bild: Yves Herman/REUTERS

"Wir verpflichten uns dazu, das Potenzial der Nuklearenergie voll auszuschöpfen", heißt es in der gemeinsamen Erklärung, die bei dem ersten internationalen Gipfeltreffen für Atomenergie in Brüssel verabschiedet wurde. Die auf der Konferenz vertretenen rund 30 Staaten wollen sich weltweit für den schnelleren Ausbau und eine einfachere Finanzierung von Atomkraftwerken einsetzen. Strom aus Atomkraftwerken sei für die Verringerung klimaschädlicher CO2-Emissionen unerlässlich, heißt es in ihrer Erklärung weiter.

Kernkraft sorge für Energiesicherheit in der Europäischen Union und könne "helfen, den Klimawandel zu bekämpfen", erklärte EU-Ratspräsident Charles Michel bei dem von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) organisierten "Atomgipfel". An dem Treffen nahmen unter anderem Staats- und Regierungschefs aus Frankreich, den Niederlanden und Polen sowie hochrangige Vertreter aus den USA, China und Japan teil.

Die Politiker sprachen sich in ihrer Erklärung nicht nur für den Bau neuer AKW, sondern auch für die Verlängerung der Lebenszeit bestehender Anlagen aus. Weiter plädierten sie für den raschen Einsatz neuerer und kleinerer Reaktoren.

Führungsrolle Frankreichs

"Unsere Priorität muss sein, aus Kohle und dann aus Gas auszusteigen und auf Atomkraft und erneuerbare Energien umzustellen", betonte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Die Regierung in Paris setzt sich seit Jahren für den Einsatz von Atomkraft in der EU ein, inzwischen ist eine knappe Mehrheit von 14 Mitgliedsländern Teil eines Atomkraft-Bündnisses unter französischer Führung.

Im europäischen Recht gilt Atomenergie als eine der Technologien, mit denen die EU ihre Klimaziele erreichen will. Ihre Zukunft hänge jedoch von "der Disziplin der Kernkraftindustrie" ab, mahnte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. "Viel zu oft war der Bau neuer Kernkraftwerke mit erheblichen Mehrkosten und Verzögerungen verbunden", so von der Leyen.

Die Teilnehmer riefen internationale Finanzinstitutionen wie die Weltbank dazu auf, Atomprojekte verstärkt zu unterstützen und deuteten an, dass andere alternative Energieträger aus ihrer Sicht von Entwicklungsbanken bislang bevorzugt behandelt würden. Deutschland, das den Atomausstieg vollzogen hat, nahm nicht an dem Treffen teil.

Greenpeace-Aktion am Gipfelort in Brüssel: "Atom-Märchen"Bild: Nicolas Maeterlinck/Belga/dpa/picture alliance

Mit einer Protestaktion störten Umweltaktivisten vorübergehend den Ablauf des Atomenergie-Gipfels. Weil sich Greenpeace-Aktivisten vom Dach abseilten, mussten die Statements der eintreffenden Staats- und Regierungschefs unterbrochen werden.

Einer der Aktivisten wurde bereits vor der Aktion von der Polizei gestoppt. Ein anderer konnte sich abseilen und protestierte etwa 15 Minuten lang über dem Eingang mit einem Plakat mit den Worten "Nuclear Fairytale" ("Atom-Märchen"). Andere Demonstranten versuchten zudem, den Zugang zum Gipfel mit Fahrrädern und Autos zu blockieren. Greenpeace fordert, Regierungen sollten ihre Energieziele mit Hilfe erneuerbarer Energien erreichen.

Wissenschaftler skeptisch

Anders als von vielen Atomkraft-Befürwortern behauptet, können neuartige Reaktoren der vierten Generation aus Sicht des Öko-Institutes in Freiburg im Breisgau, der TU Berlin sowie des Physikerbüros Bremen in den kommenden Jahrzehnten nicht zum Einsatz kommen.

"Alle Technologien brauchen noch mindestens zwei bis drei Jahrzehnte, bis eine Einführung möglich ist", sagte der Physiker Christoph Pistner vom Öko-Institut parallel zum Gipfel von Brüssel bei der Vorstellung einer Studie zur Untersuchung neuer Reaktortypen in Berlin. Mitautor Christian von Hirschhausen von der Technischen Universität Berlin erwartet eine Marktreife und eine Wettbewerbsfähigkeit nicht in den kommenden "fünf bis sechs Jahrzehnten".

Weltweit sind der Internationalen Atomenergiebehörde zufolge 415 Reaktoren zur Stromproduktion in Betrieb. Bereits bei der Weltklimakonferenz Ende vergangenen Jahres hatten rund 20 Staaten angekündigt, die Kapazitäten zur Atomenergieerzeugung bis 2050 zu verdreifachen.

AR/se (dpa, afp)

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07:04

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