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Politik

GUS-Trend zur Dauerherrschaft

Ilja Kowal | Roman Goncharenko
26. September 2016

Mit einem Referendum haben die Bürger Aserbaidschans die Amtszeit ihres Präsidenten verlängert. Kein Einzelfall unter den ehemals sowjetischen Republiken: In etlichen GUS-Staaten verfahren die Staatschefs ähnlich.

Aserbaidschan Referendum Stimmabgabe Präsident Alijew
Bild: picture-alliance/AP Photo/V. Amrullayev

Dreimal hat Ilham Alijew die Präsidentenwahl in Aserbaidschan bereits gewonnen. Ernsthafte Konkurrenten hatte der heute 54-jährige autoritäre Staatschef weder 2003, als er den Posten von seinem Vater, Gejdar Alijew, quasi erbte, noch bei der jüngsten Wahl 2013. Demnächst dürfte Alijew noch seltener zur Wiederwahl antreten müssen. Dafür stimmten die Bürger der Kaukasus-Republik am Montag in einem Referendum einer Verfassungsreform zu.

Die neuen Regeln sehen unter anderem eine Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten von fünf auf sieben Jahre vor. Auch die Alterseinschränkung für künftige Präsidenten wird gestrichen. Bisher dürfen nur diejenigen als Staatsoberhaupt kandidieren, die älter als 35 Jahre sind. Manche Beobachter schließen nicht aus, dass Alijew so den Weg zur möglichen Präsidentschaft seiner Kinder freimachen könnte. 2009 hatte Alijew ebenfalls per Referendum die Bestimmung aushebeln lassen, dass ein Präsident nicht öfter als zweimal nacheinander gewählt werden darf.

Vorbild USA und postsowjetische Realität

Aserbaidschan ist die bisher einzige präsidiale Dynastie im postsowjetischen Raum. Die jetzige Verfassungsreform setzt jedoch den Trend zur längeren Amtszeit in Ländern der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) fort.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 haben viele der neu entstandenen Staaten Verfassungen nach US-amerikanischem Vorbild verabschiedet. Die vier- oder fünfjährige Präsidentschaft wurde dabei - wie in den USA - auf zwei Amtszeiten begrenzt.

Doch viele Staatschefs fanden eine Möglichkeit, diese Norm zu umgehen oder zu ändern. Sie gingen dabei unterschiedliche Wege. Oft haben sie eine neue Verfassung dafür benutzt, die Amtszeit neu zu rechnen. Doch das Ziel war fast immer das gleiche: eine Herrschaft auf Lebenszeit.

Zentralasiatische Dynastien

Islam Karimov regierte Usbekistan bis seinem TodBild: picture-alliance/dpa/M. Metzel

Ein prominentes Beispiel dafür war der Präsident Usbekistans Islam Karimow, der Anfang September im Alter von 78 Jahren gestorben ist. Karimow regierte die zentralasiatische Republik seit Ende der 1980er Jahre, wurde zum ersten Präsidenten gewählt und blieb 25 Jahre im Amt. 1995 dehnte Karimow seine Herrschaft per Referendum bis ins Jahr 2000 aus. 2002 folgte ein zweites Referendum, das seine Amtszeit von fünf auf sieben Jahre verlängerte. Dabei durfte Karimow laut Verfassung nicht mehr als zweimal Präsident sein, doch diese Einschränkung wurde faktisch ignoriert. 

Karimow wiederholte den Werdegang von Saparmurat Nijasow. Der wegen seines extremen Personenkults bekannte Präsident Turkmenistans sicherte sich eine lebenslange Amtszeit und nannte sich Turkmenbaschi (Führer aller Turkmenen). Die 15-jährige Herrschaft Nijasows endete mit seinem Tod 2006. 

Aus Zentralasien stammt auch der bisher dienstälteste Staatschef in der GUS: Nursultan Nasarbajew. Ähnlich wie Karimow regiert der kasachische Präsident sein Land seit Sowjetzeiten. Im gleichen Jahr wie Karimow, 1995, ließ Nasarbajew seine Amtszeit per Referendum bis 2000 verlängern. Auch in Kasachstan sieht die Verfassung nur zwei Amtsperioden für den Präsidenten vor. Doch für Nasarbajew wurde eine Ausnahme gemacht: Der heute 76-Jährige darf als Staatsgründer unbegrenzt wiedergewählt werden. 

Russlands Sonderweg

Das dürfen auch zwei weitere GUS-Präsidenten, die beide seit 1994 im Amt sind: der weißrussische Staatschef Alexander Lukaschenko und sein tadschikischer Amtskollege Emomali Rachmon. Beiden wird vorgeworfen, ihre Länder autoritär bis diktatorisch zu regieren, beide ließen die Verfassung per Referendum ändern. Rachmon wurde 2013 für sieben weitere Jahre wiedergewählt, Lukaschenko gewann 2015 seine fünfte Wahl für fünf weitere Jahre.

Fast 16 Jahren ist Wladimir Putin bereits an der MachtBild: picture alliance/landov/A. Zhdanov

Russland, das größte und mächtigste Land des früheren sowjetischen Reichs, ging einen anderen Weg. 2008, nach zwei vierjährigen Amtszeiten, verließ Präsident Wladimir Putin den Kreml. Die Verfassung hat er nicht gebrochen. Doch 2012 kehrte Putin nach einer Pause als Regierungschef in den Präsidentensessel zurück, diesmal allerdings für länger. Noch während der Amtszeit seines Vorgängers Dmitrij Medwedew verlängerte das Parlament die präsidiale Amtszeit auf sechs Jahre. Sollte Putin 2018 für weitere sechs Jahre gewählt werden, würde er am Ende fast genauso lange im Amt sein wie die jetzigen Herrscher in Zentralasien. 

Ausnahme Ukraine

Doch es geht auch anders. Zu den wenigen Ländern, in denen die Präsidenten nie mehr als zwei Amtszeiten regierten, zählt die Ukraine. Am längsten blieb der zweite ukrainische Präsident, Leonid Kutschma, an der Macht: 1994 bis 2004. Er dachte zwar über eine dritte Amtszeit nach und hätte sie auf die gleiche Weise durchsetzen können wie die Staatschefs in Zentralasien: mit einer neuen Verfassung. Doch am Ende wagte es Kutschma doch nicht und ging.

Ausnahmen von der Regel der Dauerherrschaft sind auch kleinere Republiken wie Moldawien, Georgien, Armenien oder Kirgisien. Hier haben entweder Aufstände die Präsidenten aus dem Amt gejagt oder die Staaten sind echte parlamentarische Demokratien, in denen die Macht des Staatschefs begrenzt ist.

 

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