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Politik

Amoklauf: Gutachter widersprechen Behörden

4. Oktober 2017

Neun Menschen tötete der 18-jährige David S. im Juli 2016 in München, ehe er sich selbst erschoss. Für die Behörden war es ein unpolitischer Amoklauf. Neue Gutachten widersprechen dieser Einschätzung offenbar.

Schießerei in München
Suche nach dem Täter: Polizeieinsatz am 22. Juli 2016 im Olympia Einkaufzentrum in MünchenBild: Getty Images/J. Koch

Die Tat müsse als politisch motivierte rechte Gewalttat eingestuft werden. Zu diesem Schluss seien drei von der Stadt München beauftragte Gutachter gekommen, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" nach gemeinsamen Recherchen mit dem Westdeutschen Rundfunk (WDR). Demnach spreche einer der Gutachter explizit von Rechtsterrorismus.

Rassistische Dimension der Tat

Die beauftragten Sozialwissenschaftler Christoph Kopke, Matthias Quent und Florian Hartleb kommen damit zu einem anderen Ergebnis als die Ermittlungsbehörden und die bayerische Staatsregierung, welche die Tat als nicht politisch motivierten Amoklauf einstufen. Die Behörden vernachlässigten die rassistische Dimension der Tat, bemängelten die Gutachter laut "Süddeutscher Zeitung". Sie hätten außerdem außer Acht gelassen, dass S. seine Tat lange und akribisch vorbereitet habe und in seinen Augen München vor Überfremdung habe schützen wollen.

Für die beauftragten Sozialwissenschaftler sei die Opferauswahl entscheidend, heißt es in dem Bericht weiter. David S. habe neun Menschen getötet, die allesamt Einwandererfamilien entstammten. Zuvor habe er in einer Art Manifest über "ausländische Untermenschen" geschrieben, die er exekutieren wolle. Außerdem habe S. seine Tat am Jahrestag des Attentats des rechtsextremen Anders Behring Breivik in Norwegen begangen, den er als Vorbild gesehen habe.

David S. ein "Einsamer-Wolf"-Terroist

Der Schüler habe keines seiner Opfer gekannt, jedoch gewusst, dass er am Tatort in der Nähe des Münchner Olympia-Einkaufszentrums viele Menschen mit Migrationshintergrund antreffen würde. Dabei spiele es keine Rolle, dass S. selbst iranische Eltern gehabt habe, urteilen die Gutachter. Durch die Abwertung von Migranten habe er sich als "echter Deutscher" beweisen wollen, legen die Forscher dem Bericht zufolge dar.

Mahnmal für die Opfer der Bluttat von MünchenBild: picture-alliance/dpa/T. Hase

Einer der Wissenschaftler komme außerdem zu dem Ergebnis, dass es sich bei David S. um einen sogenannten "Einsamen Wolf"-Terroristen handeln könnte. Dass S. keine Verbindungen zu rechtsextremen Gruppen pflegte, sei kein Beleg dafür, dass er kein Terrorist sei.

Zwar seien Weltbild und Tat von S. durchaus ambivalent, aber individuelle und politische Motive müssten sich nicht ausschließen, schreiben die Gutachter. David S. wurde in der Schule gemobbt und war wiederholt in psychiatrischer Behandlung.

Behörden bleiben bei ihrer Einschätzung

Das bayerische Innenministerium bleibt dagegen dem Bericht zufolge bei der behördlichen Einschätzung der Tat. Auf Anfrage habe es mitgeteilt, dass S. nur Menschen mit Migrationshintergrund als Opfer ausgesucht habe, dürfte „dem persönlichen, aber verallgemeinerten Feindbild der ehemaligen Mobber geschuldet sein". Die Ergebnisse der drei Gutachter sollen am Freitag im Münchner Rathaus vorgestellt werden.

ww/ml (afp, dpa, SZ)

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