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PolitikGlobal

Gute Geschäfte mit Waffen weltweit - trotz Verbotsvertrag

25. August 2024

Vor zehn Jahren beschlossen mehr als 100 Staaten, keine Waffen zu liefern, wenn damit Menschenrechte verletzt werden. Passiert ist nicht viel.

Im Bild rechts sind ein Militärfahrzeug und Panzer zu sehen, links beobachten einige Menschen die Ausstellung
Waffenexporte sind immer noch ein Riesengeschäft. Modelle chinesischer Militärgeräte auf einer Messe nahe Moskau im August 2022Bild: Vitaliy Belousov/SNA/imago

Wenn in Deutschland in diesen Zeiten von Waffenexporten die Rede ist, verbinden die meisten Menschen damit die Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen den russischen Aggressor.  Fast in Vergessenheit ist geraten, dass es lange ein Prinzip der deutschen Politik war, keine Waffen in Kriegs - oder Krisenregionen zu liefern. Vor dem Ukraine-Krieg. Und ebenso in Vergessenheit geraten ist, dass Deutschland zu den 115 Staaten gehört, die den seit Weihnachten 2014 geltenden Waffenhandelsvertrag (englisch Arms Trade Treaty, kurz ATT) unterschrieben haben.  Nur ist der in einer immer nationalistischeren und kriegerischen Welt aus den Schlagzeilen verschwunden.

Konferenz der Vertragsstaaten zehn Jahre danach

In Genf fand die mittlerweile zehnte Folgekonferenz der Unterzeichnerstaaten statt, und die Hilfsorganisation Amnesty International zieht ein ernüchterndes Fazit: Obwohl auch sie teilweise aus den Unterzeichnerstaaten kommen, setzten sich einige der größten Waffenexporteure immer wieder über die Grundregeln des Vertrags hinweg. Und verursachten durch Exporte in Konfliktgebiete wie dem Gaza-Streifen, den Sudan und nach Myanmar neues Leid und neue Tote.

Mathias John, Rüstungsexperte bei Amnesty International Deutschland, glaubt trotz vieler Rückschläge weiter an den Sinn des WaffenhandelsvertragesBild: Privat

Kein Export bei Verletzungen des Völkerrechts

Mathias John, Waffenexperte von Amnesty, erinnert im Gespräch mit der DW an die wichtigste Funktion des ATT-Vertrages: "Die Staaten verpflichten sich, keine Rüstungsexporte zu genehmigen, die zu Verletzungen internationaler Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts führen." Dabei, so John, seien damals, vor zehn Jahren in New York, akribisch Kategorien für die Waffenarten aufgelistet worden, für die das Verbot gelten sollte: "Das sind beispielsweise die Kampfpanzer, die Kampfflugzeuge, die Kriegsschiffe, aber auch die sogenannten Kleinwaffen. Und auch das war damals ein großer Erfolg des Abkommens: Die Staaten sollten das auch auf die Munition anwenden."

Zehn Jahre später ist der Waffenhandel nicht geringer

Zehn Jahre später ist die Bilanz ernüchternd: Das "Stockholm International Peace Research Institut" (SIPRI)  schrieb im März diesen Jahres in einem Bericht, zwar sei der globale Waffentransfer zwischen 2019 und 2023 im Vergleich zu den Jahren davor um 3,3 Prozent gesunken, aber die europäischen Staaten importierten im gleichen Zeitraum 94 Prozent mehr Waffen als in den fünf Jahren davor. Eine direkte Folge der russischen Aggression zunächst auf der Krim 20214 und dann mit dem Überfall auf die Ukraine im Frühjahr 2022. Dagegen werden etwa nach Afrika weit weniger Waffen verkauft. Zwischen 2014 und heute ist der Gesamtumfang des Waffenhandels global ungefähr konstant geblieben. 

Israel, Gaza, Sudan, Myanmar

Amnesty listet drei besonders gravierende aktuelle Verstöße gegen den Vertrag auf: Angeführt von den USA als größtem Waffenlieferant, würden gleich mehrere Staaten Israel weiterhin mit Waffen beliefern, obwohl es genug Hinweise gebe, dass im Krieg im Gaza-Streifen gegen das Völkerrecht verstoßen werde. Im Bürgerkrieg im Sudan (mit den meisten Binnenflüchtlingen weltweit) würde sich Serbien als Waffenlieferanten hervortun, trotz eines Waffenembargos des UN-Sicherheitsrates  für die Region Darfur im Westen des Landes. Und, so Mathias John: "Auch China, das ja erstaunlicherweise dem Waffenvertrag beigetreten ist, liefert weiterhin Waffen an den Sudan." In Myanmar habe das Militär seit der Machtübernahme im Februar 2021 Waffen und militärische Ausrüstung im Wert von mindestens einer Milliarde US-Dollar erhalten. Vor allem aus China.

Nur die Hälfte der Staaten liefert Berichte

Viele der Vertragsstaaten, so Mathias John, hielten sich auch nicht an weitere der damals gemachten Versprechen: So sollten die Staaten offen und transparent über ihre genehmigten und vollzogenen Waffengeschäfte berichten. John: "Es sind etwas mehr als die Hälfte der Staaten, die regelmäßig ihre Berichte abgeben. Alles andere müssen wir dann mühsam recherchieren, was ein großes Problem ist, weil Waffengeschäfte gern geheim gehalten werden."

Patrouillenboote für Saudi-Arabien liegen auf dem Gelände der Peene-Werft in Mecklenburg-Vorpommern. In diesem Jahr zählt Saudi-Arabien wieder zu den Hauptabnehmern deutscher RüstungsgüterBild: dpa/picture alliance

Deutschland liefert an Saudi-Arabien und Katar

In Deutschland war schon im Juli der Rüstungsexportbericht der Bundesregierung auf harsche Kritik gestoßen: Das Bundeswirtschaftsministerium veröffentlichte die Bilanz der genehmigten Rüstungsexporte für die ersten sechs Monate des Jahres. Demnach wurde die Ausfuhr von Waffen und Rüstungsgütern im Wert von rund 7,6 Milliarden Euro erlaubt. Knapp zwei Drittel davon entfielen allein auf die Ukraine mit 4,9 Milliarden Euro.  Zu den Empfängerländern in diesem Jahr zählen bislang aber auch Saudi-Arabien (132 Millionen Euro), Katar (100 Millionen Euro) und die Vereinigten Arabischen Emirate (51 Millionen Euro). Dennoch hat Mathias John den Eindruck, dass alle deutschen Regierungen seit 2014 der Vertrag wollen und unterstützen: "Deutschland ist auch immer dabei, andere Staaten zu unterstützen, Kontrollsysteme einzuführen. Das heißt aber nicht, dass nicht auch aus Deutschland Waffen exportiert werden, bei denen wir Sorge haben, dass sie zu Menschenrechtsverletzungen beitragen."

Vertrag bleibt eine gute Grundlage

Dennoch, so das Fazit des Waffen-Experten von Amnesty International, ist der Vertrag eine gute Grundlage, um die Öffentlichkeit für das Thema des erlaubten und vor allem des irregulären Waffenhandels zu sensibilisieren. Beim Einsatz für internationale Verträge unter dem Dach der Vereinten Nationen gelte im Übrigen immer: Man brauche langen Atem und viel Geduld. Der Waffenhandels-Vertrag müsse ergänzt werden um einen Strafenkatalog, der greift, wenn gegen die Bestimmungen verstoßen wird. Solche Sanktionen gibt es aber bislang nicht.

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