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Gute Schokolade, glückliche Affen

Enrique Gili
4. April 2017

Immer mehr Wald wird für Kakaoplantagen zerstört und damit auch der Lebensraum der Klammeraffen. Kakaobauern in Ecuador lernen durch ein Schutzprojekt, ihren Anbau nachhaltiger zu gestalten.

Braunkopf-Klammeraffe hängt waghalsig in einem Baum
Bild: Etienne Littlefair

Eigentlich kam Mika Peck 1995 nach Ecuador, um als junger Forscher nach wirbellosen Wassertieren zu suchen. Zwei Monate wanderte er durch die Flusslandschaften des Landes, immer auf der Suche nach biologischen Proben. Dann war es um ihn geschehen.

"Ich habe mich in Ecuador und seine Wälder verliebt und fühlte mich ihnen emotional sehr verbunden", erzählte der Universitätsprofessor aus Sussex der DW. 

Eine Verbundenheit, die bis heute andauert. Nach seiner Arbeit an Projekten zur Wasserqualität in Großbritannien und Australien kehrte er in das südamerikanische Land zurück, wo inzwischen die Holzwirtschaft und unökologische Anbaumethoden die Regenwälder an den Küsten nahezu zerstört hatten.

Er wollte etwas tun, um die verbliebenen Bäume vor den Kettensägen zu retten und damit auch den Lebensraum der stark gefährdeten Braunkopf-Klammeraffen. Um die Natur tatsächlich nachhaltig zu schützen, musste er auch die lokale Bevölkerung an Bord holen. Der Choco Regenwald im Nordwesten Ecuadors ist nicht nur Heimat einer einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt, sondern auch Lebensraum von Kleinbauern, die eben diesen Wald abholzen, um Kakao anzupflanzen - ihre vorrangige Einkommensquelle.

"Fast 90 Prozent des Waldes wurden in diesem Bereich bereits abgeholzt", sagt Peck. Das hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Klammeraffen. Laut Naturschutzorganisationen sind nur noch 250 von ihnen überhaupt noch in der Wildnis zu finden. Etwa 150 davon leben in den Überresten des Choco Regenwaldes in Ecuador.

Mika Peck kam 1995 als junger Forscher nach Ecuador und hat sich in das Land verliebtBild: privat

Hilf einem Bauern, dann rettest du auch einen Affen

Durch seine Studienreisen wusste er, dass eine dauerhafte Lösung nur möglich war, wenn er sich mit beidem beschäftigte: den treibenden Kräften hinter der Umweltzerstörung und den Anforderungen der lokalen Bevölkerung.

"Wissenschaftliche Analysen sind nicht besonders verführerisch. Ich hatte keine Lust mehr, immer nur Daten zu sammeln und Aufsätze zu publizieren, ohne je Ergebnisse zu sehen", sagt er. 

Also begann er, mit den Kakaobauern in der Region zu arbeiten, und wurde dadurch zu einem wahren Liebhaber und Verfechter edelster Schokolade.  

"Sie werden von den globalen Kakaoverarbeitern im wahrsten Sinne des Wortes abgezockt", meint Peck und fügt hinzu, dass die niedrigen Preise für Kakao am Weltmarkt dafür verantwortlich sind, dass die Bauern immer mehr Land abholzen müssen, um immer mehr anzubauen. Sonst könnten sie die niedrigen Preise nicht kompensieren.

Vor fünf Jahren versuchte er, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, und überredete eine Gruppe von Kleinbauern in der Choco Region rund um das Dorf Tesoro Escondido, ihren Anbau zu verändern. Sie sollten sich auf eine besondere Kakaosorte konzentrieren und den Kakaoanbau nachhaltig gestalten.

"Ich habe mit ihnen die Vereinbarung geschlossen, dass sie nicht noch mehr Wald abholzen und wir ihnen im Gegenzug helfen, hochqualitative Schokolade herzustellen, die sie zu einem viel besseren Preis verkaufen können", erzählt er.

Zu schön, um vernichtet zu werdenBild: Etienne Littlefair

Der Geschmack des Erfolgs

Zehn Familien meldeten sich für das Choco Projekt an, das unter der Leitung der ecuadorianischen Nichtregierungsorganisation Proyecto Washu durchgeführt wurde. Seitdem pflanzen die Bauern nur noch eine hochwertige Kakaosorte an, den Nacional cacao, eine preisgekrönte Kakaobohne.

Letztes Jahr produzierten die Bauern sechs Tonnen dieses Kakaos und verkauften ihn zu einem Preis von mindestens 3,60 US $ pro Kilo, da die Organisation Proyecto Washu einen guten Vertrag mit dem französischen Chocolatier Bouga Cacao ausgehandelt hatte.

Die Mitglieder des Schutzprojekts produzierten sogar die sogenannte "Washu Chocolate", auf deren Verpackung das Bild der Braunkopf-Klammeraffen prangt. Mit den Einnahmen werden verschiedene Naturschutzprojekte gefördert, darunter auch der Schutz und die Wiedereingliederung von Klammeraffen, die aus den Fängen von Wilderern befreit wurden. Noch ist die Schokolade nicht außerhalb Ecuadors zu bekommen, das soll sich aber bald ändern.  

Dan Pearson ist der Vorsitzende des "Cacao Heirloom Preservation Fund", einer Vereinigung, die sich weltweit für diese besondere Kakaosorte einsetzt. Ihm zufolge gibt es eine wachsende Zahl von Menschen in den USA und Europa, die bereit wären, höhere Preise für besondere Schokolade zu zahlen. "Die Nachverfolgbarkeit der Bohnen hat Vorteile für die Kakaobauern und die Schokoladenhersteller", sagt Pearson. "So kann der Chocolatier ganz genau bestimmen, aus welcher Region seine Bohnen stammen sollen oder mit welchen Bauern er zusammenarbeiten will."

Schokolade hat die Macht so viel mehr Bedürfnisse zu stillen als nur unseren HeißhungerBild: Etienne Littlefair

Und das lohnt sich auch im Sinne der Biodiversität und der tropischen Regenwälder. Die Bauern in diesem Pilotprojekt besitzen und kontrollieren ihr Land selbst. Sie haben sich darauf geeinigt, einen 220 Hektar großen Biokorridor einzurichten, der zwei Schutzgebiete für Braunkopf-Klammeraffen miteinander verbindet.

Peck und seine Kollegen wollen noch viele weitere Bauern in das Projekt einbinden. Die Gesundheit und Zukunft des Choco Regenwaldes hängt von ihrem Erfolg ab.

Und Peck ist zuversichtlich: "Es ist spannend zu sehen, wie es doch funktionieren kann, diese Region mit ihrer Natur- und Artenvielfalt zu erhalten und dabei gleichzeitig das Leben der Menschen hier zu verbessern."
 

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