Guterres verlangt "politischen Mut" für Gaza-Feuerpause
28. Juni 2025
Angesichts der humanitären Notlage im Gazastreifen hat UN-Generalsekretär António Guterres eine sofortige Waffenruhe zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas gefordert. Die vor wenigen Tagen erzielte Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran gebe "Anlass zur Hoffnung", sagte Guterres. Nun sei es an der Zeit, den "politischen Mut" für eine Feuerpause auch in dem Palästinensergebiet aufzubringen.
"Menschen werden getötet, nur weil sie versuchen, sich und ihre Familien zu ernähren", beklagte der UN-Chef und bezog sich damit indirekt auf die von der Gaza Humanitarian Foundation (GHF) betriebenen Verteilzentren für humanitäre Hilfe. Nach Angaben der Vereinten Nationen sollen im Umfeld der GHF-Essensausgabe seit Ende Mai mindestens 410 Palästinenser getötet worden sein.
"Suche nach Nahrung darf kein Todesurteil sein"
"Die Suche nach Nahrung darf niemals ein Todesurteil sein", sagte Guterres. Jede Operation, die "verzweifelte Zivilisten in militarisierte Zonen leitet", sei unsicher. Es müsse einen uneingeschränkten, sicheren und dauerhaften Zugang für humanitäre Hilfe geben.
Die GHF ist eine von Israel und den USA unterstützte Stiftung. Israel hatte sie nach einer wochenlangen Blockade des abgeriegelten Küstengebiets ins Spiel gebracht, um die Verteilung von Hilfsgütern durch die UN und andere Organisationen zu umgehen.
Die Vereinten Nationen verweigern die Zusammenarbeit mit der GHF, der sie vorwerfen, sich an Plänen der israelischen Armee auszurichten und damit gegen grundlegende humanitäre Prinzipien zu verstoßen. Auch das Deutsche Rote Kreuz und der Rote Halbmond kooperieren nicht mit der Stiftung.
Ärzte ohne Grenzen hatte am Freitag mit scharfen Worten die Einstellung der Hilfsmaßnahmen durch die GHF verlangt. Die Hilfsorganisation teilte mit, es handele sich um ein "als humanitäre Hilfe getarntes Gemetzel".
"Haaretz": Ermittlungen wegen möglicher Kriegsverbrechen
Laut einem Bericht der israelischen Zeitung "Haaretz" ermittelt Israels Militärstaatsanwaltschaft wegen möglicher Kriegsverbrechen in Zusammenhang mit Schüssen nahe den Hilfszentren. Beteiligte Soldaten und Offiziere hätten die unbegründete Tötung von Palästinensern unter Zusicherung ihrer Anonymität bestätigt, schreibt das Blatt. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu bezeichnete den Zeitungsbericht in einer gemeinsamen Erklärung mit Verteidigungsminister Israel Katz als "böswillige Lüge".
In den USA zeigte sich Präsident Donald Trump derweil zuversichtlich, dass bereits "innerhalb der nächsten Woche" eine Waffenruhe im Israel-Hamas-Krieg vereinbart werde. Man stehe kurz davor, sagte Trump vor Journalisten im Weißen Haus. Er habe erst kürzlich mit einigen Beteiligten gesprochen, die sich darum bemühten.
Weitere Details nannte der Präsident nicht. Es blieb daher unklar, worauf sich seine Aussagen stützten.
Auch Katar sieht "Dynamik"
Das Vermittlerland Katar sieht ebenfalls neue Chancen für eine Vereinbarung zwischen den Konfliktparteien. Es habe sich "ein Zeitfenster der Möglichkeiten" aufgetan, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Doha der Nachrichtenagentur AFP. Katar und die anderen beiden Vermittlerstaaten USA und Ägypten versuchten derzeit, "die durch die Feuerpause zwischen dem Iran und Israel entstandene Dynamik zu nutzen, um die Gespräche über den Gazastreifen wiederzubeleben."
Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz äußerte sich in einem Interview zur Zukunft des Palästinensergebiets. "Wenn von Teilen der israelischen Regierung gefordert wird, den Gazastreifen dauerhaft zu besetzen und damit eine Zweistaatenlösung faktisch unmöglich zu machen, dann stößt das nicht auf die Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Regierung", sagte Merz der "Süddeutschen Zeitung".
Die Hamas hatte am 7. Oktober 2023 ein Massaker an israelischen Staatsbürgern verübt, dem nach Angaben von Israels Militär rund 1200 Menschen zum Opfer fielen. Mehr als 250 Personen wurden von palästinensischen Terroristen als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Beim darauffolgenden israelischen Militäreinsatz wurden nach Zahlen der Hamas-Behörden mehr als 56.000 Menschen in dem Palästinensergebiet getötet.
Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht. Die Hamas wird von zahlreichen Staaten als Terrororganisation eingestuft.
jj/se/AR (dpa, afp, rtr)
Redaktionsschluss: 17.00 Uhr (MESZ) - dieser Artikel wird nicht weiter aktualisiert.