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Gutes Leben wichtiger als intakte Umwelt

Karin Jäger26. Januar 2016

Jugendliche interessieren sich einer Studie nach mehr für Markenkleidung und Unterhaltungselektronik als für die Umwelt. Leistungsdruck und unsichere berufliche Perspektiven sind drängende Herausforderungen.

Frau am Laptop (Foto: imago)
Bild: imago/McPHOTO

Apple, Adidas, Fossil, Coca-Cola, Nike, Nivea, Nutella, H&M - diese Labels gehören zu den Lieblingsmarken von Teens und Twens und deren Peergruppen. Natur und Umweltbewusstsein haben dagegen weniger Einfluss auf das Denken und Handeln junger Leute. Das ergab eine Studie im Auftrag des Bundesumweltministeriums und des Umweltbundesamtes (UBA). "Die Bereitschaft, das Handeln nach Umweltgesichtspunkten auszurichten, nimmt vor allem bei Jüngeren eher ab", bilanziert UBA-Präsidentin Maria Krautzberger.

Geborgenheit in der Familie oberste Priorität

Das Internet und neue Medien gehören für Jugendliche und junge Erwachsene zum Alltag. Junge Menschen wachsen in einer globalisierten Welt auf. Leistungs- und Bildungsdruck haben unter internationalen Rahmenbedingungen zugenommen.

Ökonomie- statt ökologieorientiertBild: picture-alliance/dpa

Dabei stehen die Heranwachsenden unter dem Eindruck ökonomischer, politischer und ökologischer Krisen. Die Welt nehmen sie zunehmend als unsicher wahr. Dieses Empfinden erhöht der Befragung nach das Gefühl von Unvorhersehbarkeit und Nicht-Planbarkeit des eigenen Lebenswegs.

Hinzu kommt, dass Ausbildungen sich verlängern, der Wechsel ins eigenständige Berufsleben durchaus nicht reibungslos gelingt und damit die ökonomische Selbstständigkeit verzögert. Beruflich unsichere Perspektiven, drohende prekäre Beschäftigungsverhältnisse und hohe Anforderungen an Flexibilität haben Konsequenzen für Lebens-und Familienplanung und führen zunehmend zur Verunsicherung. In krisenhaften Zeiten dient die Familie den jungen Erwachsenen als verlässlicher Anker.

Vorstellungen von einem guten Leben

71 Prozent der Befragten im Alter zwischen 14 und 25 Jahren gaben an, eine eigene Familie gründen zu wollen und einen guten Lebensstandard anzustreben. Voraussetzung dafür seien gutes Abschneiden in Schule, Ausbildung und Studium. Damit verbunden sind Zweifel an den eigenen Fähigkeiten und Furcht vor einem späteren Leben unter finanziellem Druck.

Nur 30 Prozent der Befragten nannten eine intakte Umwelt und die Möglichkeit, die Natur zu genießen, als wichtigen Bestandteil eines guten Lebens. Zwar wird die Natur als "schöne Seite der uns umgebenden Umwelt" gesehen, mit der Umwelt assoziieren viele Befragte aber auch Probleme, Sorgen und negative Gefühle.

Jugendliche aus aller Welt beim Weltklimagipfel in ParisBild: DW/N. Pontes

84 Prozent der 14- bis 25-jährigen Befragten sind sich der Zusammenhänge zwischen den Konsumansprüchen in den Industrie- und Schwellenländern und den Umweltproblemen, schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen in ärmeren Ländern bewusst. Gleichzeitig könne Deutschland mit seinem technischen Know-how dazu beitragen, die Umweltprobleme in anderen Ländern zu lösen, gaben drei Viertel der Befragten an. Ebenso viele sind sich bewusst, dass die natürlichen Lebensgrundlagen durch Klimawandel, Biodiversitätsverlust und Ressourcenknappheit in Zukunft beeinträchtigt sind. Die Umwelt ließe sich nur durch Einschränkungen im Konsum retten. Gleichzeitig erscheint eine Lösung für die umweltbezogenen Herausforderungen als sehr schwierig.

Abfallvermeidung, Energie und Ernährung

Jugendliche und junge Erwachsene bringen Umweltschutz im Alltag am häufigsten mit Mülltrennung und Abfallvermeidung in Verbindung. Sie praktizieren das Trennen von Abfallstoffen zum Recyceln als selbstverständlich, weil sie es im Elternhaus erlernt haben. Zur Reduktion des Energieverbrauchs im Alltag wurden Beispiele wie Licht ausmachen, Heizung herunterdrehen und Standby ausschalten genannt. Junge Menschen interessieren sich nach eigenen Angaben auch für technische Lösungen unter Einbeziehung von erneuerbaren Energien und Windrädern, Solar- oder Biogasanlagen.

Umweltwissen durch KatastrophenberichterstattungBild: Fotolia/mirpic

Biologisch hergestellte, vegetarische und vegane Lebensmittel und Getränke gelten nicht nur als Bestandteil gesunder und bewusster Ernährung. Fleischreduzierte und fleischlose Essgewohnheiten erscheinen jungen Menschen auch aus ökologischer Sicht sinnvoll. Allerdings fällt es den meisten aktuell schwer, auf Fleisch zu verzichten: Nur vier Prozent der jungen Befragten geben in der repräsentativen Umfrage an, nie Fleisch zu essen.

Sharing und Second Hand

Teilen, Tauschen, Ausleihen, Reparieren als Alternativen zum Individualkonsum sind auch ein Thema unter den Jungen: 79 Prozent der 14 -bis 25-Jährigen sagten in Interviews, dass diese Konzepte sehr viel oder etwas zu einem guten Leben beitragen könnten. Fast ebenso viele haben Erfahrungen mit Bike- oder Carsharing oder suchen auf Internetportalen nach privaten Übernachtungsmöglichkeiten. "Das Auto spielt längst keine so große Rolle wie es das für die Erwachsenen tut", sagt UBA-Chefin Maria Krautzberger. "Das lässt natürlich für eine klimafreundlichere Mobilität in den nächsten Jahren hoffen."

Engagement junger Menschen

Die Hälfte der Befragten kann sich vorstellen, sich für den Umwelt- und Naturschutz zu engagieren. Allerdings stellen einige die Wirksamkeit und die eigenen Einflussmöglichkeiten infrage. Neun Prozent der 14-bis 25-Jährigen sagten, dass sie sich bereits aktiv in Projekten einsetzten.

Viele der Interviewten beklagten, dass Umweltwissen in Schulen und Massenmedien nur unzureichend vermittelt würden. In der digitalisierten Medien- und Alltagswelt junger Menschen spielen Umweltthemen eine geringe Rolle: Am ehesten bleiben umweltbezogene TV-Dokumentationen und die Nachrichtenberichterstattung bei Umweltkatastrophen in Erinnerung.

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