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Guttenberg will offen über Abzug reden

11. November 2009

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg will möglichst rasch eine internationale Afghanistan-Konferenz einberufen. Diese müsse klare Ziele und Zeitvorgaben für den Einsatz in Afghanistan setzen.

Die Uniform eines Bundeswehrsoldaten in Afghanistan (Foto: AP)
Bundeswehr in Afghanistan: Abzug oder Aufstockung?Bild: AP

Der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg will die Frage eines möglichen Bundeswehrabzugs aus Afghanistan offen diskutieren. "Die Sankt-Nimmerleins-Haltung" ist politisch nicht mehr tragbar, sagte er dem Magazin "Stern". "Das Wort 'Exit-Strategie' nehmen wir nicht mehr nur verschüchtert in den Mund, wie noch vor ein, zwei Jahren", sagte der Minister. Er ergänzte, er habe nicht vor, "das Thema Afghanistan gegenüber der Bevölkerung und den deutschen Soldaten verdruckst und verschwurbelt darzustellen". Einen Termin für den Abzug wollte zu Guttenberg aber nicht nennen.

Zu Guttenberg will eine Afghanistan-Konferenz einberufenBild: AP

Im ARD-Morgenmagazin schloss der Minister am Mittwoch (11.11.2009) auch eine Aufstockung der derzeit 4500 deutschen Soldaten in Afghanistan nicht aus. Zuerst müssten jedoch auf der für nächstes Frühjahr geplanten Afghanistan-Konferenz "sehr klare Ziele" und auch klare Zeitvorgaben gesetzt werden. "Aus dieser Konferenz heraus wird man dann wahrscheinlich neue Schlüsse ziehen müssen. Aber wir beteiligen uns weiter an diesem Einsatz, und das nicht zu knapp", sagte der Minister.

Bundeswehr-Soldat verwundet

Die NATO hat die Verbündeten aufgefordert, ihre Truppen in Afghanistan zu verstärken. Das Thema stand auch bei zu Guttenbergs Antrittsbesuch am Mittwoch im NATO-Hauptquartier in Brüssel auf dem Programm. Deutschland ist drittgrößter Truppensteller in Afghanistan - nach den USA und Großbritannien.

Am Mittwoch wurde ein deutscher Soldat bei einem Gefecht in Char Darah in der nordafghanischen Provinz Kundus schwer verwundet. Er schwebe aber nicht in Lebensgefahr, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos in Potsdam. Nach Bundeswehrangaben wurde auch ein afghanischer Soldat verletzt. Eine deutsch-afghanische Patrouille sei in der Nähe des Bundeswehrlagers von Aufständischen beschossen worden und habe daraufhin das Feuer erwidert.

Weniger Taliban-Angriffe seit dem Luftschlag

In Char Darah hatte die Bundeswehr Anfang September die umstrittene Bombardierung von zwei Tanklastzügen angeordnet, die von den Taliban gekapert worden waren. Dabei waren zahlreiche Aufständische, aber auch Zivilisten ums Leben gekommen. Zu Guttenberg verteidigte erneut den Luftschlag. Er habe einen "sehr detaillierten geheimen Bericht der NATO" bekommen, sagte der Minister am Mittwoch der ARD. Dadurch sei er zu der Einschätzung gelangt, dass der Einsatz "militärisch angemessen" gewesen sei. Zugleich bedauerte der Minister die zivilen Todesopfer und sprach deren Angehörigen sein Mitgefühl aus.

Nach Angaben der Bundeswehr hat die Zahl der Taliban-Angriffe und Anschläge in der Region seit dem Bombardement deutlich abgenommen. Vor dem Luftangriff habe es im Schnitt zwei bis drei solcher Zwischenfälle pro Woche gegeben, danach sei die Zahl auf wöchentlich einen zurückgegangen.

Zahlreiche Tote beim verheerenden Luftschlag Anfang SeptemberBild: AP

Guttenberg hatte bereits kurz nach seinem Amtsantritt eingeräumt, dass es sich in Afghanistan um "kriegsähnliche Zustände" handele. Nun sagte er im ARD-Morgenmagazin, er könne es verstehen, wenn Soldaten in Afghanistan von Krieg sprächen. Die Soldaten bräuchten Rechtssicherheit.

Guttenberg: Afghanische Regierung muss Korruption bekämpfen

Hamid Karsai und Abdullah Abdullah

Dem "Stern" sagte er, es habe sich gezeigt, "dass man in Afghanistan an seine Grenzen stößt, wenn man von einer Demokratie westlichen Stils zu träumen beginnt. Ein solcher Traum ist mit den Realitäten vor Ort nicht vereinbar. Auch dieser Traum hat uns viel Zeit gekostet."

Der Minister ließ durchblicken, dass die afghanische Regierung bei der Frage der Bekämpfung von Korruption und Drogenkriminalität unter Beobachtung stehe. Die künftige Unterstützung für die afghanische Regierung sei an deren Willen zu absehbaren Reformen geknüpft. "Die neue Regierung verdient eine Chance. Aber das kann nicht heißen, dass wir jahrelang zuschauen und sagen: Na, schauen wir mal, wie das da so alles wird", sagte zu Guttenberg.

Afghanistans Präsident Hamid Karsai soll am Donnerstag nächster Woche vereidigt werden. Er war mehr als zwei Monate nach der von Wahlbetrug überschatteten Präsidentschaftswahl zum Sieger erklärt worden. Oppositionsführer Abdullah Abdullah hatte zuvor seine Teilnahme an einer Stichwahl abgesagt. In einem BBC-Interview sagte Abdullah, er betrachte die Ernennung Karsais zum Präsidenten als "illegal". Eine Regierungsbeteiligung schloss er erneut aus.

Autorin: Ursula Kissel (dpa, afp, rtr)
Redaktion: Martin Schrader

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