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Höhne: "Klimaabkommen historisch"

6. Oktober 2016

Das UN-Klimaschutzabkommen tritt schon im November in Kraft. "Die Ratifizierung in Rekordzeit zeigt, dass es die Regierungen wirklich ernst meinen", sagt Niklas Höhne vom NewClimate Institute im DW-Interview.

Deutschland München - Prof. Dr. Niklas Höhne  vom NewClimate Institute in Köln
Bild: DW/G. Rueter

Deutsche Welle: Herr Höhne, jetzt hat auch die EU den Weltklimavertrag ratifiziert. Pünktlich zur Klimakonferenz in Marrakesch im November kann das Abkommen in Kraft treten, weniger als 11 Monate nach dem Beschluss auf der Klimakonferenz in Paris. Was bedeutet diese schnelle Entwicklung? 

Es ist ein sehr, sehr gutes Zeichen für den Klimaschutz, dass sich so viele Länder in dieser kurzen Zeit zur Ratifizierung durchgerungen haben. Noch nie wurde ein internationales Umweltabkommen so schnell ratifiziert. Das alles zeigt, wie ernst es die Länder meinen. Der internationale Klimaschutz ist quasi nicht mehr wegzudenken.

Was folgt jetzt? 

Im Pariser Abkommen ist festgeschrieben, dass die Länder Vorschläge machen wie viel Klimaschutz sie bei sich umsetzen wollen. Jetzt ist wichtig, dass es auch passiert. Das bedeutet für einige Länder, dass sie wesentlich mehr Maßnahmen ergreifen müssen, um zum Beispiel die Energieeffizienz zu steigern und Erneuerbare Energien zu fördern. 

Der zweite Punkt ist, dass die Einhaltung der selbst gesteckten nationalen Klimaziele nicht reicht, um das globale Klimaziel zu erreichen - also die Begrenzung der Erderwärmung auf maximal zwei oder besser 1,5 Grad.

Für dieses Ziel müsste noch wesentlich mehr passieren. Also müssen alle Länder ihre Pläne überdenken und schauen wo sie noch mehr tun können.

Ambitioniertere Schritte - ist das möglich?

Die meisten Länder haben konservative Vorschläge gemacht, um die eingereichten Ziele erreichen zu können. Aber Ich glaube, dass die Länder sehr viel mehr machen können. Die technologischen Entwicklungen im Bereich der Erneuerbaren Energien oder der Elektromobilität waren in den letzten Jahren sehr schnell. Aus diesem Grund wird es möglich sein, dass die Länder ihre Ziele deutlich überfüllen. 

Welche Maßnahmen könnten das Tempo für den Klimaschutz beschleunigen?

Die Ratifizierung des Pariser Klimaabkommens ist ein sehr positives Signal. Nun ist klar, dass die Länder sich bewegen und den Klimaschutz umsetzen werden. Nun müssen sie international zeigen, dass sie ihre Klimaziele auch umsetzen können und möglicherweise mit zusätzlichen Maßnahmen nachsteuern. 

Einige Länder werden vorangehen und die Kosten von klimafreundlichen Technologien nach unten treiben. Ein gutes Beispiel ist die Förderung der Erneuerbaren Energien in Europa und vor allem in Deutschland. Dadurch wurde diese Energieerzeugung günstig und kann jetzt weltweit eingesetzt werden. 

Ein anderes Beispiel ist jetzt die Elektromobilität. Vor allem die USA, China, Norwegen und die Niederlande fördern sie so stark, dass die Technologie immer günstiger wird. Langfristig kann sie überall auf der Welt genutzt werden.

Der Umbau zu einem klimafreundlichen Energiesystem kostet auch Geld... 

...aber die Transformation muss nicht unbedingt teuer sein. Unser derzeitiges Energiesystem ist sehr teuer. Wir geben sehr viel Geld für die Energiebeschaffung aus und vergeuden sehr viel Energie. Energieeinsparung erfordert zwar eine Anfangsinvestition spart aber langfristig Kosten ein.

Der Trick ist, die Investitionen in die richtige Richtung zu lenken, in die Energieeinsparung, in erneuerbare Energien und nicht in neue Kohlekraftwerke und das Erschließen von Gasvorkommen.

Und mit dem Emissionshandel oder mit CO2-Steuern können Industrieländer die Schwellen- und Entwicklungsländer beim Aufbau ihres neuen Energiesystems unterstützen und dort die Transformation finanzieren.

Welches System ist besser? Emissionshandel oder CO2-Steuern?

Es kommt auf die Umsetzung an. Der Emissionshandel ist derzeit in der EU nicht effektiv, weil das Ziel nicht ambitioniert gesetzt worden ist. Deshalb ist der Preis für CO2 niedrig und das Instrument kann in der EU seine Wirkung nicht entfalten. Hier müsste das Ziel ambitionierter sein. 

Genauso können CO2-Steuern positiv oder negativ sein. In beiden Fällen muss man darauf achten, dass diejenigen zur Kasse gebeten werden, die auch am meisten verschmutzen und das Instrument nicht durch Lobbyismus aufgeweicht wird.

Wie sollte der Ausstieg gestaltet werden?

Wichtig beim Ausstieg aus Fossilen Energieträgern ist der langfristige Pfad. Die einzelnen Sektoren müssen planen können und wissen bis wann was passieren soll. Alle Länder sind innerhalb des Pariser Abkommens aufgerufen, einen langfristigen Dekarbonisierungsplan aufzustellen. Diese Pläne zeigen den Weg. Sie erfordern auch sehr schwierige Entscheidungen, geben dafür aber eine langfristige Planungssicherheit. 

Ein Beispiel ist die Planung eines neuen Kohlekraftwerks. Wenn es heute gebaut wird, dann steht es noch im Normalfall in den nächsten 40 Jahren und emittiert entsprechend CO2. Im Pariser Abkommen steht aber auch, dass wir die Emissionen aus fossilen Energieträgern bis zur Mitte des Jahrhunderts auf Null bringen wollen. Dann steht ein Kohlekraftwerk, das wir heute bauen würden, noch. Deswegen müssen wir heute wissen, ob es mit dem Pariser Abkommen kompatibel ist oder nicht. Und wenn es das nicht ist, müssen wir heute nach Alternativen suchen, um eben das Kohlekraftwerk nicht zu bauen.

Und so zugleich Fehlinvestitionen vermeiden?

Im schlimmsten Fall würde es heute gebaut und nach 20 Jahren abgeschaltet. Das wäre dann eindeutig eine Fehlinvestition.

Fossilen Energien müssen ersetzt und die Energie effizienter genutzt werden, damit die Klimaziele erreicht werden.

Wie optimistisch sind Sie, dass allen Teile der Gesellschaft und alle Nationen ihre Hausaufgaben auch machen? 

Es ist eine sehr, sehr große Aufgabe aus Fossilen Energieträgern auszusteigen. Wir sind heute noch abhängig von Fossilen Energien. Und das bedeutet tiefgreifende Umwälzungen. Ein Beispiel ist der Ausstieg aus der Kohle in Deutschland. Das hat weitgreifende Konsequenzen für die betroffenen Regionen.

Aber wir können als Gesellschaft diese Herausforderung meistern. Ich bin optimistisch, weil in verschiedenen Bereichen die Entwicklung viel schneller geht als wir das vorhergesehen haben. Besonders bei den Erneuerbare Energien und der Elektromobilität ist es schneller zu einem Umbruch gekommen. Insofern bin ich zuversichtlich, dass wir auch in anderen Bereichen Lösungen finden, die zu schnelleren Transformationen führen als wir uns das heute vorstellen können.         

Professor Niklas Höhne arbeitet im NewClimate Institute for Climate Policy and Global Sustainability in Köln. Das Gemeinnützige Institut berät viele Regierungen in der Welt, das UN-Umweltprogramm UNEP und die Europäische Kommission. Höhne beobachtet die Klimaverhandlungen seit über 20 Jahren,  arbeitete zuvor beim Klimasekretariat der Vereinten Nationen und betreut die englischsprachige Internetseite Climate Action Tracker, dass die Klimaschutzbemühungen der einzelnen Staaten wissenschaftlich analysiert.

Das Interview führte Gero Rueter        

 

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