1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Hürdenlauf am Telefon

Ingo Uhlenbruch18. November 2003

In Seminaren lernen niederländische Manager, wie man erfolgreich mit deutschen Geschäftspartnern telefoniert. Das Ergebnis: Solche Gespräche sind kompliziert und anstrengend.

Niederländische Manager beim KommunikationstrainingBild: Ingo Uhlenbruch

An der Universität Nimwegen diskutieren Führungskräfte aus verschiedenen Branchen über die typischen Fallstricke bei der deutsch-niederländischen Kommunikation. Dazu gehört zum Beispiel das Wort "Börse", das in beiden Sprachen unterschiedliche Bedeutungen hat. Während in Deutschland die Börse üblicherweise ein anderes Wort für Wertpapiermarkt ist, verstehen die Niederländer unter der "beurs" ebenso eine Messe oder Ausstellung.

Teilt ein niederländischer Geschäftsführer also beispielsweise seinem deutschen Handelspartner mit, dass er nächste Woche in Frankfurt an der Börse vertreten ist, kann es sich dabei sowohl um einen Messebesuch als auch um einen Börsengang handeln.

Kühl und kurz angebunden

Die Kursteilnehmer beschäftigen sich aber nicht nur mit Begriffsdefinitionen. In einigen Äußerungen wird deutlich, dass die Niederländer auch deutliche Unterschiede bei der zwischenmenschlichen Kommunikation festgestellt haben:

"Die Deutschen sind ziemlich kühl am Telefon", findet eine Teilnehmerin, "manchmal habe ich bei zehn Telefonaten nur zwei Gespräche, die locker sind und wirklich Spaß machen. Die deutschen Geschäftspartner sind zudem kurz angebunden, und man hat oft das Gefühl, dass man stört. Da werde ich dann unsicher und weiß nicht, wie ich mich verhalten soll."

Telefonitis

Telefonieren ist eine KunstBild: Illuscope

Dozentin Erika Poettgens bestätigt diesen Eindruck: "Der Deutsche telefoniert im Gegensatz zum Niederländer nicht so gerne. Der Niederländer greift meiner Meinung nach wiederum viel zu oft zum Telefon."

Deutsche zögen es lieber vor, Sachverhalte schriftlich festzuhalten und bräuchten Sicherheiten in Form von Dokumenten, sagt Poettgens. "Da reicht sogar eine gewöhnliche Gesprächsnotiz aus. Ungewöhnlich ist das nicht, denn dieses Verhalten macht durchaus Sinn und hat was mit dem deutschen Rechtssystem zu tun."

Wenn Poettgens von "den Deutschen" und "den Niederländern" spricht, greift sie nicht unüberlegt auf Stereotype zurück. Als Sprachwissenschaftlerin mit niederländischem Vater und bayerischer Mutter kennt sie beide Länder gut und weiß zu differenzieren.

Ihr Kollege, der Duisburger Kommunikationstrainer Jörg Renner, ergänzt: "Im Seminar versuchen wir nicht, nach falsch oder richtig zu unterscheiden. Wir wollen vielmehr vermitteln, warum sich jemand in besonderer Weise verhält und wie man darauf richtig reagiert."

Annäherung und Verständnis

Bei der Kommunikation zwischen Menschen aus unterschiedlichen Ländern gehe es stets um Annäherung und Verständnis. "Nur weil die Teilnehmer sich mit deutschen Telefoniergewohnheiten auseinandersetzen, müssen sie nicht unbedingt wie ein Deutscher verhandeln", so Renner.

Zumindest in einem Punkt werden Niederländer und Deutsche wohl noch auf lange Sicht keine Annäherung erzielen. Es geht um die Fähigkeit, sich präzise auszudrücken: "Niederländer haben eine höhere taktische Geschmeidigkeit", sagt Jörg Renner und zeigt damit, dass er in seinem Berufsleben schon viel von den Niederländern gelernt hat.

Erika Poettgens verweist hingegen auf ihre deutschen Wurzeln und drückt sich klarer aus: "Niederländer wirken schwammig!"