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Habeck: Hoffnung auf Ende der Energiekrise

4. Februar 2023

Bei einem Besuch in Schweden wendet sich Deutschlands Wirtschaftsminister Robert Habeck wieder seinem Lieblingsthema zu: der Energiewende. Doch es gibt Gegenwind aus den USA. Aus Stockholm berichtet Jens Thurau.

Schweden, Stockholm: der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck und  die schwedische Wirtschaftsministerin Ebba Busch
Er müde, sie energiegeladen: Wirtschaftsminister Robert Habeck und seine schwedische Kollegin Ebba BuschBild: Claudio Bresciani/TT/picture alliance

Etwas müde wirkt er schon, der deutsche Minister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck. 2022 war ein hartes erstes Jahr als Vizekanzler und Minister in der sogenannten Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP. Der Krieg in der Ukraine brachte extrem schnell steigende Energiepreise und Deutschland löste sich im Rekordtempo von der großen Abhängigkeit von russischem Öl und Gas. Habeck war quasi Tag und Nacht mit diesem Problem befasst, suchte in Norwegen oder in Katar nach Alternativen zu den russischen Lieferungen, lies schwimmende Terminals für Flüssiggas bauen. Und er berichtet jetzt, bei einem kurzen Besuch in Schweden, wie hart dieser Weg war.

Habeck: "Alle zahlen einen hohen Preis"

Aber Habeck betont auch, dass er letztendlich erfolgreich war - oder hoffentlich langfristig erfolgreich sein wird. Im Gespräch mit der DW sagt Habeck in Stockholm: "Dass wir alle als Gesellschaft einen hohen Preis zahlen, ist unstrittig. Hohe Inflation, hohe Energiepreise. Und sicherlich gibt es auch viele Ängste und Sorgen, die damit verbunden sind. Aber auf der Habenseite steht, dass wir es bisher hinbekommen haben ohne dramatische volkswirtschaftliche Einbrüche. Vielleicht ist es aber noch etwas früh, zu sagen: Wir haben die Energiekrise abgewandt."

Nur kein russisches Gas: In Brunsbüttel in Schleswig-Holstein kommt ein schwimmendes Terminal für Flüssiggas anBild: Marcus Brandt/dpa/picture alliance

In Schwedens Hauptstadt steht Habeck jetzt also etwas ermattet neben seiner schwedischen Kollegin Ebba Busch, die erst seit einigen Monaten im Amt ist und vor Energie sprüht. Die 35-jährige Parteichefin der schwedischen Christdemokraten erklärt Habeck in blendendem Englisch, dass sie sich beim Zuschnitt ihres Ministeriums durchaus ein Beispiel an Habeck genommen habe. Auch sie ist für Industrie, Wirtschaft und Klimaschutz verantwortlich. Und stellvertretende Regierungschefin ist sie auch, so wie Habeck Vizekanzler in Berlin ist.

Schweden setzt auf Atomstrom, Deutschland nicht

Gerade hat sie klargemacht, dass Schweden beim Weg in die Klimaneutralität auch auf die Kernenergie setzt, anders als Deutschland. Und schon ist Habeck mitten drin in seinem Lieblingsthema, dem deutschen Weg in die Klimazukunft, ohne Kohle, ohne Atomkraft, dafür mit viel Windenergie und Sonnenstrom.

Dafür ist er eigentlich angetreten im Dezember 2021, als die neue Regierung in Berlin mit der Arbeit begann. Aber damals konnte niemand ahnen, dass der Krieg bald jedes andere Thema in den Hintergrund drängen würde.

Noch sind die letzten drei deutschen Atomkraftwerke am Netz - hier das AKW Isar 2 in der Nähe von Landshut in BayernBild: Frank Hoermann/SVEN SIMON/picture alliance

Trotzdem bleibt Habeck jetzt im Gespräch mit der DW beim deutschen Weg ohne Kohle und Atom: "Deutschland ist eigentlich immer sehr gut damit gefahren, wenn es sehr ehrgeizige Pläne hatte. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien zieht gerade richtig an. Und für die Phasen, wo nicht genug erneuerbarer Strom da ist, brauchen wir hoch flexibel einsetzbare Kraftwerke mit großer Kapazität. Deswegen brauchen wir Wasserstoffkraftwerke." Ohnehin seien neue Atomkraftwerke zumeist viel zu teuer.

Ein riesiges Investitionsprogramm in den USA

Es gibt also so mittlerweile wieder andere Themen als die Aggressionspolitik des russischen Präsidenten Wladimir Putin - Themen, die sowohl Schweden wie Deutschland umtreiben. Das Problem etwa mit dem sperrigen Namen Inflation Reduction Act (IRA): Das US-amerikanische Gesetz stellt massive Subventionen von über 400 Milliarden US-Dollar für die heimische Wirtschaft bereit, vor allem für klimafreundliche Zukunftstechnologien. Manche in Europa empfinden das als Protektion der US-amerikanischen Wirtschaft. Liegt es daran, dass Europa bei genau diesen Technologien zurückfällt? Und gibt es eine gemeinsame Antwort der EU darauf?

Elektroautos bei Volkswagen in Wolfsburg: Fahren sie bald mit Batterien aus Schweden?Bild: Peter Steffen/picture alliance/dpa

Es passt ganz gut, dass Schweden gerade für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat. Und dass Ebba Busch ihrem Kollegen Habeck verspricht, eine Antwort auf diese Fragen ins Zentrum der Präsidentschaft zu rücken. Habeck selbst befürwortet als europäische Reaktion Steuerbegünstigungen für europäische Firmen - so ungefähr erwägt es auch die EU-Kommission. "Hier scheint mir der Umriss einer sehr starken europäischen Antwort auf den IRA zu sein." Grundsätzlich sollten neue Technologien nur in Ausnahmefällen subventioniert werden, fügt Habeck hinzu. Da Europa aber in zentralen Feldern wie der Halbleiter- oder Batterietechnik zurückzufallen drohe, müsse man pragmatisch entscheiden.

Eine schwedische Batteriefabrik in Deutschland - vielleicht

Was es bedeutet, wenn den Europäern ein rauer Wind entgegenbläst, erfährt Habeck beim Besuch des Batterieherstellers Northvolt eine Autostunde nordwestlich von Stockholm. Hier werden in großem Maßstab Batterien für Elektroautos gebaut. Northvolt will auch in Deutschland ein Werk bauen, mit 3000 Arbeitsplätzen. Habeck freut das sehr, denn als  Standort ist Heide in Schleswig-Holstein auserkoren, in dem Bundesland also, aus dem der Grünen-Politiker kommt. Und die strukturschwache Region kann jeden zusätzlichen Job gebrauchen. Allerdings überdenken die Schweden ihren Plan jetzt nochmal - wegen der hohen Energiepreise in Deutschland und wegen des US-amerikanischen Subventionsgesetzes. Das Gesetz enthält zum Beispiel die Vorschrift, dass Elektroautos in den USA nur gefördert werden, wenn sie auch Batterien aus US-amerikanischer Produktion enthalten. Also keine aus Heide. Vielleicht wird der Baubeginn für das Werk in Deutschland verschoben und Northvolt forciert stattdessen den Baubeginn für eine Fabrik in den USA, die ebenfalls geplant ist. Habeck erklärt der DW: "Im Herbst letzten Jahres war Northvolt entschieden, in Heide zu investieren. Dann haben die Amerikaner ihr Paket gestartet. Das hat das Unternehmen nicht unbeeindruckt gelassen." Viele Gespräche mit den Schweden, fügt Habeck hinzu, habe es seither gebraucht, damit der Standort in Deutschland wieder im Spiel ist.

Bürokratie - Gefahr für die Energiewende?

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Und so kommen neue Probleme auf den Wirtschafts- und Klimaminister zu, selbst wenn die hohen Energiepreise in Deutschland nicht mehr das beherrschende Thema sind. Auch der Krieg in der Ukraine geht weiter. Keine Zeit zum Ausruhen. Kein Wunder, dass Habeck etwas müde wirkt.

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