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Politik

Haft für Teilnehmer der Moskauer Proteste

3. September 2019

Mehr als einen Monat nach den ersten Massenfestnahmen in Moskau sind Aktivisten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Unterdessen nahm die Polizei weitere Oppositionsvertreter fest.

Der Blogger Wladislaw Siniza (M.) bei der Ankunft im Bezirksgericht
Der Blogger Wladislaw Siniza (M.) bei der Ankunft im BezirksgerichtBild: picture-alliance/dpa/M. Grigoryev

Erstmals ist ein Teilnehmer der Demonstrationen vor der Kommunalwahl in Russland zu einer längeren Haftstrafe verurteilt worden. Der Demonstrant Iwan Podkopajew erhielt eine dreijährige Gefängnisstrafe, weil er am 27. Juli Tränengas gegen Polizisten eingesetzt hatte. Ein anderer Demonstrant wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil er einen Polizisten geschubst haben soll.

Der Schuldspruch gegen Podkopajew war erwartet worden, weil er ein Geständnis abgelegt hatte. Unterdessen wurde der Vorwurf der Beteiligung an "massiven Unruhen" gegen fünf Demonstrationsteilnehmer fallengelassen, die sich aber weiter wegen kleinerer Vergehen verantworten müssen.

Der Blogger Wladislaw Siniza wurde wegen der Verbreitung einer "Hassbotschaft" im Internet zu fünf Jahren Straflager verurteilt. Er wurde von einem Moskauer Bezirksgericht schuldig befunden, in einer Twitter-Kurzbotschaft Angriffe auf Kinder von Sicherheitskräften nahegelegt zu haben. Er verteidigte sich, seine Worte seien aus dem Zusammenhang gerissen worden.

Demonstration am Samstag für eine freie KommunalwahlBild: picture-alliance/dpa/Sputnik/G. Sysoev

Online-Inhalte werden in Russland in den vergangenen Jahren zunehmend strafrechtlich verfolgt. Sinizas Anwalt Denis Tichonow sprach von einem "Akt der Einschüchterung".

Seit Wochen geht die russische Opposition in der Hauptstadt auf die Straße, um für eine freie und faire Abstimmung bei der Stadtratswahl am kommenden Sonntag zu demonstrieren. Die Behörden hatten zahlreiche Kandidaten nicht zugelassen. Außerdem richtet sich der Protest gegen Polizeigewalt.

Festnahmen in der Nacht

Die Sicherheitskräfte hielten derweil ihren Druck auf die Opposition aufrecht. Mehrere führende Vertreter der Opposition wurden in der Nacht vorübergehend festgenommen.Zu den nun Festgenommenen zählten der Journalist Ilja Asar von der oppositionellen Zeitung "Nowaja Gaseta", sowie Nikolai Ljaskin und die Anwältin Ljubow Sobol, zwei Verbündete des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny. Asar, Ljaskin und Sobol müssen sich wegen der Organisation nicht genehmigter Demonstrationen vor Gericht verantworten. Sie wurden zunächst wieder auf freien Fuß gesetzt.

Für Ilja Asar (M.), hier am 27. Juli, sind Festnahmen nichts Neues Bild: picture-alliance/dpa/TASS/V. Sharifulin

"Die Leute sind zu weiteren Protesten bereit", sagte Sobol der Nachrichtenagentur AFP. Sie habe in den vergangenen zwei Monaten umgerechnet rund 12.000 Euro an Strafzahlungen für ihre Beteiligung an den Protesten zahlen müssen.

Asar gab über den Messengerdienst Telegram bekannt, dass seine 20 Monate alte Tochter bei der Festnahme von der Polizei unbeaufsichtigt zurückgelassen worden sei.

Der Oppositionspolitiker Konstantin Jankauskas kritisierte das Vorgehen gegen die führenden Vertreter der Opposition: "Nächtliche Festnahmen sind eine rein stalinistische Taktik, die im 21. Jahrhundert wiederbelebt wird", twitterte Jankauskas.

Seit Mitte Juli gab es nahezu an jedem Wochenende Kundgebungen gegen den Ausschluss oppositioneller Kandidaten von der Wahl zum Moskauer Stadtparlament. Am vergangenen Samstag beteiligten sich hunderte Menschen an einem "Marsch gegen politische Unterdrückung", zu dem Nawalny aufgerufen hatte. Die Polizei nahm bei den Kundgebungen der vergangenen Monate fast 2700 Menschen fest und ging teils gewaltsam gegen die Demonstranten vor.

stu/qu (afp, dpa, ap)

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