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Halal durch den Ramadan

Jennifer Fraczek, Köln28. Juni 2014

Der "Halalkauf" in Köln ist wohl der einzige Supermarkt in Deutschland, in dem es ausschließlich Islam-konforme Lebensmittel gibt. Er hat einigen Zulauf, zunehmend auch von deutschen Kunden.

Tütensuppen mit der Aufschrift Halal aus dem Maggi-Kochstudio (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Frisches Obst und Gemüse im Eingangsbereich, drei Regalreihen mit Reis- und Linsenpäckchen, Soßen, Konserven, Süßigkeiten, im hinteren Bereich eine Fleischtheke, eine Tiefkühltheke, ein Brotregal. Am "Halalkauf"-Supermarkt ist eigentlich nichts ungewöhnlich, bis auf die Zertifikate an einer der Säulen und der großen Infotafel "Halal - Das Erlaubte und das 'Gesunde'". Sie zeigen das Besondere an dem Markt: Er ist der erste und, wie Geschäftsführerin Nurten Devecioglu sagt, bislang einzige Supermarkt in Deutschland, in dem es ausschließlich Halal-Lebensmittel gibt - also Lebensmittel, die für Muslime nach den Regeln des Koran unbedenklich sind.

Der Supermarkt wurde im Februar 2013 im Kölner Stadtteil Ehrenfeld eröffnet, mittlerweile hat er pro Tag 300 bis 400 Kunden. Sie kaufen vor allem Fleisch, vielfach aber auch Getränke und Süßigkeiten. Eine Kundin sagt, sie schätze die Frische der Waren und den Service. Tatsächlich scheinen Kunden und Inhaber hier häufiger miteinander ins Gespräch zu kommen als in anderen Supermärkten. Adem Devecioglu, einer der vier Brüder, mit denen Nurten Devecioglu den Laden betreibt, sagt, er gehe auf die Kunden zu, falls sie unsicher wirken und erkläre ihnen die Produkte.

Den Markt suchten auch zunehmend deutsche Kunden auf, erklärt seine Schwester, viele kommen mit der Frage: Was ist "Halal" eigentlich? "'Halal'", sagt sie, "ist kein Begriff, vor dem man Angst haben muss. Man kann darüber diskutieren, die Hauptsache ist aber, dass man überhaupt darüber spricht."

"Halal"-Produkte schwer zu finden

Das Wort "halal" kommt aus dem Arabischen und bedeutet "rein" oder auch "unbedenklich". Der Begriff bezeichnet Dinge und Handlungen, die nach islamischem Recht erlaubt sind. Das Gegenstück ist "haram" und heißt "verboten".

Wie auch für andere Bereiche des Lebens, so gibt es auch fürs Essen und Trinken Vorschriften: Unbedenklich sind Nahrungsmittel, die keinen Alkohol und kein Schweinefleisch oder andere Bestandteile des Schweins enthalten. In vielen Süßigkeiten ist aber Schweinegelatine, Fruchtsäfte werden mitunter mit ihr geklärt, auch in Chips kann Schwein enthalten sein - für das Aroma.

In deutschen Supermärkten werden Muslime oft nicht fündig. Auch das Studieren der Packungen mit den Angaben zu den Inhaltsstoffen hilft da manchmal nicht weiter. Denn nicht in jedem Fall werden alle Zutaten aufgeführt. Auch Nurten Devecioglu stand oft ratlos vor den Regalen. Sie sagt: "Die großen Lebensmittelkonzerne haben ja halal-zertifizierte Produkte, die sie zum Beispiel in arabische Länder exportieren, die aber in Deutschland nicht angeboten oder zumindest nicht als 'halal' beworben werden." Warum das so ist? Devecioglu glaubt, dass die Firmen Angst vor der Reaktion der nicht-muslimischen Konsumenten haben. In anderen Ländern, etwa Frankreich, Belgien und den Niederlanden ist die Zurückhaltung nicht so groß.

Eine Infotafel im "Halalkauf" erklärt, was "halal" istBild: DW/J.Fraczek

Vor nun etwa dreieinhalb Jahren entwickelte Devecioglu die Idee, selbst einen Supermarkt nur mit Halal-Lebensmitteln zu eröffnen. Zwei Jahre dauerten die Vorbereitungen. Gemeinsam mit ihren Brüdern und Freunden recherchierte sie, welche der zahlreichen Halal-Zertifikate aus ihrer Sicht am vertrauenswürdigsten sind, mit welchen Produzenten und welchen Schlachthöfen sie zusammenarbeiten wollten - denn es gibt im Islam auch Regeln für die Haltung von Tieren und die Schlachtung.

Kein einheitliches Halal-Siegel

Bis zu einem gewissen Grad ist "halal" Auslegungssache. Nicht eindeutig geklärt ist zum Beispiel, inwiefern Schweinegelatine "halal" oder "haram" ist. Es gibt Gelehrte, die sagen, dass Gelatine in ihrem Ursprung verboten, jedoch durch die chemische Umwandlung und neue molekulare Zusammensetzung zu Erlaubtem wird. Auch wegen dieser Unklarheiten gibt es wohl noch kein einheitliches Zertifikat, wie es sich etwa der Zentralrat der Muslime in Deutschland wünscht. "Wir wären darüber auch sehr froh, denn dann müssten die Menschen sich nicht noch über den Hintergrund der einzelnen Zertifikate schlau machen, sondern es gäbe eine allgemeingültige Definition für den 'Halal'-Begriff", sagt Nurten Devecioglu.

Der "Halalkauf" ist ein Familienbetrieb: Er wird geführt von Nurten, Ebubekir, Erkan, Adem (Bild) und Ahmet DeveciogluBild: DW/J.Fraczek

Der "Halalkauf" ist nicht der einzige Supermarkt, in dem Islam-konforme Lebensmittel erhältlich sind. Es gibt in Deutschland viele tausend türkische Supermärkte, die zumindest einige anbieten. "Aber sie können sich nicht Halal-Läden nennen, weil sie nicht bei allen Produkten überprüfen, woher sie genau kommen und welche Inhaltsstoffe drin sind", sagt Devecioglu. Wenn die 37 Jahre alte Diplom-Kauffrau und ihre Brüder bei einem Produkt unsicher sind, weil es keines der für sie relevanten Zertifikate hat, schicken sie es ins Labor, um es untersuchen zu lassen. Den Großteil ihrer Lebensmittel beziehen sie aus Deutschland und der Türkei.

Am Samstag (28.06.14) beginnt der Fastenmonat Ramadan, bei dem Muslime zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang keine Nahrung zu sich nehmen. Für den "Halalkauf" ist das eine lukrative Zeit. Geschäftsführerin Devecioglu sagt: "Während des Ramadan steigt der Umsatz, es kommen viel mehr Kunden. Vor allem Fleisch wird dann vermehrt bei uns nachgefragt. Während des Ramadan sind viele Muslime sensibler beim Thema Nahrungsmittel, denken mehr darüber nach." Falls Fragen auftauchen, können sie sie entweder im Laden stellen, über die Website oder die Facebook-Seite des "Halalkauf".

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