Get Well Soon sind Headliner am Donnerstagabend. Hinter dem Musikprojekt steckt Konstantin Gropper. Sein erster Auftritt beim Haldern vor zehn Jahren verhalf ihm zum Durchbruch. Kleine Festivals seien nicht so darauf angewiesen, dass ein riesiges Publikum kommt, und könnten sich daher mehr trauen, sagt er im DW-Interview.

Clueso spielt um Mitternacht vor der Hauptbühne. Seit Stunden regnet es in Haldern in Strömen - seine Vorgängerbands haben vor lediglich 50 bis 70 Fans gespielt. Doch zum Clueso-Konzert haben sich alle nochmal ihre Regencapes übergestülpt und feiern den Musiker - für Songs wie "Cello", "Mitnehmen" und "Neuanfang".

In Großbritannien ist er schon ein Star. Lange wird es nicht mehr dauern, bis der 22-Jährige mit seinem souligen und jazzigen Hip Hop auch in Deutschland durchstartet. Im Spiegelzelt ist es am zweiten Festivaltag brechend voll.

Wer es nicht ins Spiegelzeit hineinschafft, kann die Konzerte draußen auf einer großen Leinwand verfolgen. Am Donnerstag rocken dort Alynda Segarra und ihre Band Hurray for the Riff Raff. Ein bisschen erinnert die amerikanische Frontfrau mit puerto-ricanischen Wurzeln an Shirley Manson von Garbage. Ihre Texte sind politisch und rotzfrech und passen hervorragend zu ihrem gitarrenlastigen Sound.

Im Ortskern befindet sich die kleine Haldern Pop Bar. Diese Besucher standen zuvor lange an, um sich einen Platz bei TootArd zu sichern. Die syrische Band aus den besetzten Golanhöhen bezeichnet ihre Musik selbst als "Mountain Rock Reggae". Sie verbinden west- und nordafrikanische Elemente und karibische Grooves.

Ebenfalls im Ortskern von Haldern finden Konzerte in der Kirche statt, die eine wunderbare Akustik bietet. Am Freitagmorgen spielt hier der niederländische Musiker Joep Beving. Fast meditativ ist die Stimmung bei diesem zarten, melancholischen Klavierkonzert.

Für viele Besucher ist das Festival am Niederrhein jedes Jahr ein Muss. Diese Haldern-Fans sind mit einem Bauwagen aus einem der umliegenden Dörfer angereist. Natürlich sind sie mit Kühlschränken, Bierbänken und genügend Autobatterien angereist, die ihre Musikanlagen mit Strom versorgen.

Christian hat sein Baby mit zum Konzert genommen. Auf Haldern sind viele Familien, mit großen und kleinen Kindern. Sie dürfen aber nur mit Gehörschutz auf das Festival- Gelände. Mit knallbunten Ohrschützern sitzen sie auf den Schultern der Eltern oder tanzen im Gras.

Käpt'n Peng und die Tentakel von Delphi ziehen die Zuschauer mit Wort- und Bildgewalt in einen skurrilen Kosmos aus Wahnsinn, Leidenschaft und Poesie. Kopf des Kollektivs ist Robert Gwisdek: Sänger, Rapper, Schauspieler und Autor. Eineinhalb Stunden lang lässt Gwisdek seine Bilderwelt in schnellen Sätzen und präzisen Reimen auf das Publikum los.

Zuvor hatte Benjamine Clementine mit seinem dunklen Timbre die Hauptbühne verzaubert. Der Brite zog mit 19 Jahren nach Paris und lebte dort auf der Straße. Er spielte in der Pariser Metro und wurde letztendlich entdeckt. Auf der Bühne hat er eine unglaubliche Präsenz. So ruhig seine Stücke auf Platte daherkommen, so eindrücklich ist es, ihn live zu erleben. Vielleicht der nächste Prince?

Das Penguin Café Orchestra verzaubert die Besucher mit sanften und verspielten Klängen. Im Vordergrund stehen die Streicher, begleitet von Percussion und Klavier. Eine gute Stunde lang können die Zuschauer träumen - von Blumenwiesen, Faunen und tanzenden Feen.

Mit erst 23 Jahren klingt der Schweizer Faber wie eine Mischung aus Tom Waits und Charles Aznavour. Seine Musik: melancholisch, mit einem Touch Balkan und Singersongwriter-Folk. Faber perfomt mit einer kaum zu zügelnden Leidenschaft und großer Spielfreude. Auch seiner Band sieht man den Spaß an - die Truppe wird vom Publikum gefeiert, am Ende küssen sich die Bandmitglieder innig. Ein Statement.

Tami und Fabi pusten Seifenblasen aus einer Pistole, das ist symptomatisch für das Haldern Pop Festival. Hier ist alles etwas verspielter, heimeliger und familiärer als auf den großen Festivals. Den Besuchern sieht man die Lust an, sich drei Tage lang von der einzigartigen Stimmung verzaubern zu lassen.

Die niederländische Band Blaudzun zeigt schon am Nachmittag, wo in Haldern der Hammer hängt. Die Truppe um Johannes Sigmond liefert ein dynamisches und tanzbares Indie-Rock-Konzert ab, das stellenweise an die britische Indieband Arcade Fire erinnert. Feine Elektronik, krachende Drums, Akkordeon, Trompete und die charismatische Stimme von Sigmond bringen das Publikum zum Feiern und Tanzen.

Die Kölner Musiker gehören zu den Hauptacts beim diesjährigen Haldern Pop Festival. So ist das Gelände vor der Hauptbühne bei ihrem Auftritt gerammelt voll. Annenmaykantereit liefern einen lauten, aber ordentlichen Gig ab, mit allen Hits von "Oft gefragt" bis "Pocahontas".

Die britische Rapperin Kate Tempest feuert ihre Texte ab, als hätte sie nicht genug Zeit, dem Publikum all das zu sagen, was sie zu sagen hat. Ihre Texte kommen mit viel Gesellschaftskritik und Alltagsgeschichten daher, vorgetragen mit Wut, Frust und Leidenschaft. Darunter fesselnde Hip Hop Beats - das Halderner Publikum wippt mit und feiert ihren Hit "Europe Is Lost".

Die österreichische Band Bilderbuch mit ihrem charismatischen Sänger Maurice Ernst spielt zum Ende des Festivals. Sie sind keine Neulinge auf Haldern - hier waren sie schon zu Beginn ihrer Karriere. Mit Hits wie "Maschin" und "Bungalow" schicken sie die Festivalbesucher zu ihren Zelten. Haldern ist vorbei. Für dieses Jahr. Die meisten kommen wieder: Denn wer Musik liebt, liebt auch Haldern.