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Hamburger Debakel

Cornelia Rabitz 10. Dezember 2003

Querelen und Machtkämpfe um den Rechtspopulisten und Ex-Innensenator Schill haben die Hamburger Mitte-Rechts-Koalition gesprengt. Doch das Debakel hat auch sein Gutes, meint Cornelia Rabitz in ihrem Kommentar.

Bürgermeister Ole von Beust (CDU) kündigte am Dienstag (9.12.2003) das Ende des nur gut zwei Jahre bestehenden Regierungsbündnisses aus CDU, FDP und Schill-Partei an. Zur Neuwahl der Bürgerschaft kommt es voraussichtlich am 29. Februar 2004. Angela Merkel, die CDU-Vorsitzende, hat unrecht: Die Auflösung der Koalition in Hamburg war gerade kein mutiger und entschlossener Schritt. Hamburgs Regierender Bürgermeister von Beust hat im allerletzten Moment die Notbremse gezogen, getrieben vom Sturmwind der Ereignisse. Kurz bevor das Ansehen der Hansestadt, das persönliche und politische Renommee ihres Regierenden, das Image der Regierungsparteien endgültigen und irreparablen Schaden erlitten haben. Mutig wäre es gewesen, schon vor Wochen Neuwahlen auszurufen. Noch mutiger, die nun aufgelöste Regierung im September 2001 gar nicht erst zu bilden.

Keine Zukunft mehr

Aus der Peinlichkeit einer um den puren Machtgewinn geschmiedeten Koalition von Konservativen, Rechtspopulisten und Liberalen drohte tatsächlich politisches Kindertheater zu werden. Spätestens seit der ehemalige Innensenator Ronald Schill, Begründer der zeitweise nach ihm benannten "Partei rechtsstaatlicher Offensive", mit geschmack- und skrupellosen Enthüllungen über das angebliche Sexualleben des Regierungschefs an die Öffentlichkeit getreten war muss von Beust klar gewesen sein: Diese Koalition, die ja maßgeblich gelebt hatte von der zunächst guten Zusammenarbeit ihrer Protagonisten, hat keine Zukunft mehr.

Der Amtsrichter Schill hatte im Wahlkampf vor gut zwei Jahren mit rechtspopulistischen Law-and-Order-Parolen Furore gemacht und ein fulminantes Wahlergebnis eingefahren. Ein Triumph - auch weil er die seit vier Jahrzehnten währende sozialdemokratische Dauerherrschaft in der Hansestadt beenden half. Was folgte, war eine Serie von Pleiten und Pannen. Es gelang der Hamburger Koalition nicht, Tritt zu fassen. Solide Arbeitsergebnisse blieben aus. Stattdessen gab es Skandale um die Person des Innensenators, der so gern den Saubermann gab und selbst in unappetitliche Affären verwickelt wurde.

Etwas anderes für den Stadtstaat

Schills Partei entpuppte sich unterdessen als eine Gruppe politischer Hasardeure - unerfahrene, rücksichtlose, unfähige Glücksspieler. Die liberalen Koalitionspartner - marginalisiert. Ihnen fiel die Rolle des profillosen Beifalls-Spenders zu. Die Christdemokraten unter dem zögerlichen von Beust sahen fast ungläubig zu. Man hatte sich für den Stadtstaat etwas anderes gewünscht. Dass der Regierende Bürgermeister glaubte, in dieser Konstellation politisch handeln zu können, war ein schwerer Fehler. Das Hamburger Debakel geht vor allem auf seine Rechnung.

Und dennoch: Das Ende der Koalition hat auch etwas Positives. Es zeigt: In der Politik braucht es mehr als billige, rechte Phrasendrescherei. Bislang hat es noch keine der vielen rechtsgerichteten Mini-Parteien in der Bundesrepublik geschafft, politische Verhältnisse maßgeblich mit zu gestalten. Ziemlich schnell sind sie alle wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Meist dann, wenn aus Worten politische Taten werden sollten.