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Klima-Handel

Ranty Islam19. Januar 2008

Die US-Autoindustrie denkt um: Sparmotoren und Hybridantriebe punkten auf der Detroit Motor Show. Doch allein darum geht es nicht mehr: US-Regionen machen mobil gegen den Klimawandel - und handeln mit Emissionsrechten.

Mann im Anzug steht mit Zapfpistole neben einem grün lackierten Auto (Quelle: dpa)
General Motors stellt in Detroit ein Auto mit Hybridantrieb vor - immerhin die Farbe ist grünBild: picture-alliance/dpa

Die noch bis Sonntag (27.1.2008) dauernde Detroit Motor Show verbreitet bei den heimischen Herstellern wenig Feierlaune. General Motors (GM) und Chrysler setzten in den USA im vergangenen Jahr sechs Prozent weniger ab als 2006. Ford kämpft gar mit einem Absatzminus von zwölf Prozent. Immobilienkrise und Rekord-Ölpreise sind zwei der Gründe: Amerikaner, die um ihr Dach über dem Kopf bangen, haben immer weniger Lust auf Spritfresser, deren Tanks sie gleich mit Dollarscheinen stopfen könnten. In Detroit versuchen GM, Chrysler und Co. daher mit Hybridantrieben und Sparmotoren zu punkten. Doch allein darum geht es nicht mehr.

"Schneller Politikwechsel unter Bush-Nachfolger"

Der Transportsektor verursacht 40 Prozent der CO2-Emissionen in den USABild: AP

Die Motor Show steht am Anfang eines Jahres, das eine Kehrtwende in der US-Klimapolitik einläuten könnte: Nach Kalifornien haben sich immer mehr Staaten zu Maßnahmen gegen den Klimawandel entschlossen. In regionalen Zusammenschlüssen wollen sie verbindliche Grenzen etwa für den CO2-Ausstoß festlegen und einen Handel mit Emissionsrechten einrichten.

Nach Informationen der Beratungsfirma PointCarbon, die Energie- und Emissionsmärkte beobachtet, sind US-Firmen, Organisationen und Individuen für die Hälfte des gesamten weltweiten Umsatzes im freiwilligen Emissionsrechtehandel verantwortlich. "Die öffentliche Unterstützung ist also da und regionale Initiativen entwickeln sich", sagt PointCarbon-Analyst Andreas Arvanitakis. Allein der Widerstand der Bush-Regierung gegen verbindliche Klimaschutzmaßnahmen "hält diesen Geist der Veränderung in der Flasche gefangen". Bushs Nachfolger im Weißen Haus könnte somit "sehr schnell einen Wechsel im US-Klimaschutz herbeiführen".

Regional-Deals auf dem Vormarsch

Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger ist mit seinem Staat Vorreiter beim Klimaschutz in den USABild: AP

Der Handel mit Emissionsrechten könnte dann zu einem wichtigen Werkzeug werden: Die Kombination aus Klimaschutz und Prinzipien des freien Marktes sind auf Staatenebene zum Mittel der Wahl geworden. Kalifornien, Oregon und vier weitere Staaten im Westen der USA sowie zwei kanadische Provinzen haben sich im Februar 2007 zur Western Climate Initiative zusammengeschlossen. Die Staaten wollen im Verbund ihren Treibhausgas-Ausstoß bis 2020 um 15 Prozent unter das Niveau von 2005 reduzieren. Zentraler Punkt: Ein Emissionshandel, auf den sich die Teilnehmer bis August 2008 einigen wollen.

Nach ähnlichem Muster haben sich die kanadische Provinz Manitoba und neun US Staaten im Mittleren Westen, darunter auch Michigan, in dem die Automobilmetropole Detroit liegt, im November 2007 auf den Mid-Western Greenhouse Gas Accord geeinigt. Feste Emissionslimits gibt es noch nicht. Doch auch hier soll ein marktbasierter Emissionshandel aufgezogen werden. Gleiches gilt für die Regional Greenhouse Gas Initiative, zu der sich zehn Staaten im Nordosten der USA zusammengetan haben.

Klimaschutzbörse: Geld für viel heiße Luft

Ölhändler an der Wall Street. Kommt der Handel mit Emissionsrechten?Bild: AP

400 Kilometer westlich von Detroit hat sich ein Zentrum des Emissionrechtehandels etabliert – der Chicago Climate Exchange (CXX). An der 2003 gegründeten Klimabörse können die über 300 Mitglieder – darunter Großunternehmen und andere Organisationen – Emissionsrechte bis zu einem festgelegten Llimit untereinander handeln. Jedes Jahr soll das Gesamtlimit sinken, 2008 um 4,5 Prozent, 2010 um sechs Prozent gegenüber dem Niveau von 2002. Die Teilnahme am CCX ist freiwillig. Doch wer einmal dort handelt, für den sind Limits und Emissionsrechte rechtsverbindlich.

Erhöht ein Mitglied, etwa ein Industrieunternehmen, seinen Kohlendioxidausstoß um eine Tonne über sein zugeteiltes Limit, muss es sich das "Recht" dazu für rund zwei Dollar von einem anderen Mitglied der Klimabörse kaufen. Sinkt der Ausstoß dagegen unter das Limit, kann das Unternehmen die nicht benötigten Emissionsrechte an andere verkaufen. Investiert das Unternehmen zusätzlich in Maßnahmen, um Kohlendioxid einzufangen, dann erzeugt es so genannte CO2-Offsets, die auch verkauft werden können. Nach dem gleichen Prinzip beziehen die Klimabörsenmakler auch andere Treibhausgase, wie Methan, in den Handel ein.

Handel auf geringem Niveau

Richard Sandor ist Gründer und Chef des Chicago Climate ExchangeBild: cce/presse

2007 wurden am CCX Rechte für knapp 23 Millionen Tonnen CO2 gehandelt – für gegenwärtig umgerechnet 1,4 Euro pro Tonne. Beim europäischen Weltmarktführer European Climate Exchange (ECX) waren es 2007 über eine Milliarde Tonnen für 23 Euro je Tonne.

Auch der Autokonzern Ford gehört auch zu den Mitgliedern des CCX. Angesichts des noch geringen Handelsvolumens geht die Autoschmiede damit kein wirkliches Wagnis ein. Das Ende der Bush-Regierung in Washington könnte auch hier das Blatt wenden. Die Bewerber um seine Nachfolge haben sich Emissionsgrenzen in ihre Programme geschrieben. Die demokratischen Anwärter auf die Präsidentschaftskandidatur Hillary Clinton und Barack Obama wollen im Fall ihrer Wahl den Treibhausgas-Ausstoß bis 2050 um 80 Prozent unter den Level von 1990 drücken. Die Ford-Wettbewerber GM, Chysler und andere wären dann zur Teilnahme an der Klimaschutzbörse nicht nur ermuntert – sondern möglicherweise gezwungen.

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