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Handelskrieg, Währungskrieg - Börsencrash?

Brigitte Scholtes Frankfurt am Main
8. August 2019

Die Gemengelage taugt nicht für Euphorie: Der Handelskonflikt zwischen China und den USA bezieht jetzt auch die Wechselkurse ein. Die Aktienmärkte schwanken zwischen Hoffen und Bangen.

USA Börse in New York
Bild: Getty Images/S. Platt

Nach den Turbulenzen der vergangenen Tage haben sich die Aktienmärkte zur Wochenmitte wieder beruhigt. Der deutsche Aktienindex Dax schloss am Mittwoch mit einem Plus von 0,7 Prozent bei 11.650 Punkten. Damit beträgt der Verlust des deutschen Börsenbarometers seit Wochenbeginn allerdings noch immer rund vier Prozent.

Wie groß aber die Unsicherheit in der Wirtschaft wirklich ist, zeigte sich an anderen Indikatoren: Der Preis für eine Feinunze Gold kletterte um 1,6 Prozent auf ein Sechseinhalbjahreshoch von fast 1500 Dollar. Neben dem als Krisenwährung angesehenen Edelmetall kauften die Investoren auch wieder als sicher geltende Staatsanleihen. So lag die Umlaufrendite, das ist die Durchschnittsrendite der deutschen Staatsanleihen auf einem neuen Tiefstand von minus 0,55 Prozent. Die Anleger nehmen also Einbußen in Kauf, wenn sie dadurch ihr Geld sicher parken können.

Börsianer (noch) guten Glaubens

Die Börsianer glauben aber offenbar den Zusicherungen Chinas, dass es seine Währung nicht aus politischen oder wettbewerblichen Gründen abwerten oder sie als Instrument im Handelskonflikt mit den USA einsetzen wolle, wie Peking dies am Dienstag versichert hatte. "Die chinesische Notenbank hat ihr letztes Fixing unter sieben Yuan je Dollar gesetzt, um zu versuchen, die Situation zu deeskalieren", sagt etwa Esty Dwek, Marktstrategin von Natixis Investment Managers. Sollte sich die Währung um oder unter sieben stabilisieren, könnte sich die Situation entspannen, hofft sie.

Noch ist viel los im Hafen von Yangshan (China) Bild: picture-alliance/dpa/AP/Xinhua/Ding Ting

Am Montag hatte der Dollar erstmals seit elf Jahren diese "rote Linie" für den Wechselkurs überschritten. Daraufhin hatten die USA China Währungsmanipulation vorgeworfen. China aber hat offenbar nur auf die Androhung weiterer Strafzölle in Höhe von zehn Prozent auf chinesische Waren im Volumen von 300 Milliarden Dollar reagiert. "Diese Abwertung entsprach in etwa der anderer asiatischer Währungen", hat Claudia Calich, Managerin des Schwellenländerfonds von M&G Investments, festgestellt. Wenn überhaupt, sei der Renminbi bis vor kurzem sogar weniger abgewertet worden als die Nachbarwährungen. Und auf die schaue die chinesische Notenbank genau.

Die hatte heute als auch schon am Dienstag den Referenzwert des Yuan wieder auf knapp unter sieben Yuan je Dollar festgesetzt. Doch dass sie es am Montag zugelassen habe, dass die "rote Linie" des Wechselkurses von sieben Yuan je Dollar überschritten wurde, habe schon Signalkraft, meint Rudolf Besch, Volkswirt der Dekabank. Es zeige, dass die Chinesen auch ihre Währung als Instrument im Handelskonflikt einsetzen könnten. Das hält Besch nicht für wahrscheinlich, weil die Stabilisierung der letzten Jahre nicht nur der Weltwirtschaft, sondern auch den asiatischen Nachbarn und den Chinesen geholfen habe.

Will China wirklich einen Währungskrieg? 

Stabilität ist eine wichtige Voraussetzung für den Handel. Wie labil aber das Gleichgewicht inzwischen ist, zeigte sich am Mittwoch in der Zinssenkung gleich mehrerer Notenbanken im asiatisch-pazifischen Raum. Indien, Neuseeland und Thailand reduzierten die Zinssätze teils deutlich, weil die Konjunktur sich abschwächt und der Handelskonflikt sich zuspitzt. Mit Zinssenkungen werden die Waren der heimischen Industrie im Ausland günstiger, weil die Währung sich abschwächt. Erst in der vergangenen Woche hatte auch die amerikanischen Notenbank Fed den Zins leicht um 25 Basispunkte herabgesetzt.

Wollen im September weiter verhandeln: US-Finanzminister Mnuchin, US-Handelsbeauftragter Lighthizer und Chinas Vize-Premier Liu (von links)Bild: REUTERS/N. H. Guan

China dürfte auch deshalb einen Währungskrieg nicht wollen, weil es dann einen Kapitalabfluss befürchten müsste, vermutet Ulrich Leuchtmann, Volkswirt der Commerzbank. Das war in der Krise vor vier Jahren geschehen, seither kontrolliert die chinesische Notenbank zwar den Kapitalverkehr stärker, aber privaten Investoren stünden immer noch Wege offen.

Wird aus der Flaute eine Rezession?

Wie stark der sich zuspitzende Handelskonflikt auch auf andere Volkswirtschaften wirkt, auch in Europa, zeigt sich auch an weiteren aktuellen Konjunkturdaten. In Deutschland schrumpfte die Produktion im Juni unerwartet stark um 1,5 Prozent gegenüber dem Mai. Damit wird eine Rezession wahrscheinlicher. Dass die Industrie sich so schwer tut, liegt auch an der Unsicherheit der Investoren, wie es im Handelskonflikt und beim Brexit weitergeht und wie sich die geopolitische Lage etwa bei der Auseinandersetzung der USA mit Iran entwickeln könnte. Die Unternehmen kaufen in einer solchen Situation dann weniger Investitionsgüter, auf die viele deutsche Unternehmen spezialisiert sind. So verstärkt sich eine beginnende Flaute.

Anleger sollten diese labile Lage aufmerksam beobachten, meint Marc Sattler, Vorstand der Bank für Vermögen, einer Tochter des Maklerpools BCA. "Vergangene Wirtschafts- und Börsenzyklen haben gezeigt, dass die Notenbanken eine aufkommende Rezession und einen damit einhergehenden Bärenmarkt bei Aktien nicht verhindern können", sagt er und rät Anlegern, jederzeit bereit zu ihre Risikoanlagen weiter zu reduzieren, wenn die Aufwärtstrends und die Stimmung der Marktteilnehmer drehen.

"Das kann unserer Einschätzung nach relativ schnell geschehen", fürchtet er. Sollte China im Handelsstreit doch seine Währung abwerten, dann sei noch mit weitaus größeren Schwankungen an den Märkten zu rechnen: "Die Frage wird einzig lauten: Wohin soll das Geld fließen, wenn die Notenbanken die Zinsen gleichzeitig weiter senken?" Denn an den Anleihemärkten verliert man jetzt schon Geld, Immobilien sind schon überteuert, und in Gold sollte man nur einen kleinen Teil seines Vermögens anlegen.

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