Die Handelmesse in Havanna soll Investoren anlocken. Während Deutschland ein Wirtschaftsbüro eröffnet, verstärkt vor allem Russland seine Präsenz auf Kuba. Aus Havanna Andreas Knobloch.
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Es waren ebenso erfreuliche wie überraschende Nachrichten, die da Ende September die Runde machten. Kuba und die Vereinigten Staaten bilden ein Joint-Venture im Bereich Biotechnologie: Innovative Inmmunotherapy Aliance S.A. Das gemischte Unternehmen soll Krebsmedikamente und -therapien entwickeln. Der Gouverneur von New York, Andrew Cuomo, der den Deal maßgeblich eingefädelt hatte, feierte die Allianz gegenüber der Presse als "historischen Schritt".
Ein Lichtblick in Zeiten, da die Beziehungen zwischen beiden Ländern wieder frostiger geworden sind. Beobachten lässt sich dieser Trend auch anhand der am Montag (29.10.) beginnenden alljährlichen Handelsmesse FIHAV in Havanna.
Hatte die Messe vor drei Jahren noch ganz im Zeichen der Annäherung zwischen den USA und Kuba gestanden - mit einer Rekordbeteiligung von US-Unternehmen - ist die damalige Euphorie mittlerweile verflogen. An der diesjährigen Ausgabe nehmen nur wenige Aussteller aus den USA teil. Ähnlich wenige wie im vergangenen Jahr, sagte Kubas Außenhandelsminister Rodrigo Malmierca gegenüber der Presse in Havanna. 2017 hatten 16 US-Unternehmen rund 250 Quadratmeter Ausstellungsfläche belegt.
Trump lässt Kuba nach Russland blicken
Knapp vier Jahre nach Barack Obamas Schwenk in der Kuba-Politik der USA ist Ernüchterung eingekehrt. Unter Trump sind die USA zur Kalten Krieg-Rhetorik zurückgekehrt. Von Obama erlassene Reise- und Handelserleichterungen zwischen den USA und Kuba wurden zum Teil zurückgenommen. Die nach wie vor bestehende Blockade gegen Kuba soll in einigen Bereichen wieder strenger durchgesetzt werden. Geschäfte mit vom kubanischen Militär kontrollierten Unternehmen wurden verboten.
Die Messe ist Kubas Schaufenster für potentielle Investoren auf der Insel und gleichzeitig Spiegel der wirtschaftlichen Entwicklung. Und die stagniert. Erst vor wenigen Tagen hatte die Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) ihre Wachstumsprognose für Kubas Wirtschaft für 2018 auf 1,1 Prozent abgesenkt.
Kubas engster Verbündeter Venezuela liefert weniger Öl, der Tourismus ist rückläufig, Wirbelstürme und Überschwemmungen haben schwere Schäden angerichtet - das Land benötigt dringend ausländische Investitionen. Das wiederholt der seit April amtierende Präsident Miguel Díaz-Canel bei jeder Gelegenheit.
Im Rahmen der FIHAV wird Kuba einen neuen Investitionskatalog vorstellen. Im vergangenen Jahr umfasste dieser 456 Projekte mit einem Investitionsvolumen von 10,7 Milliarden US-Dollar. Von seinem Ziel, jährlich 2,5 Milliarden US-Dollar an ausländischem Kapital anzuziehen, ist das Land derzeit aber noch weit entfernt.
Deutsche Wirtschaft eröffnet Handelsbüro
Insgesamt haben Aussteller aus mehr als 60 Ländern ihre Teilnahme an der FIHAV zugesagt. Das zeige, so Malmierca, "dass die Welt zu Kuba hält, trotz Verschärfung der Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade durch die Vereinigten Staaten". Zu den wichtigsten Ausstellern gehören traditionsgemäß Spanien, Venezuela, China und Russland. Auch deutsche Firmen werden wieder mit einem eigenen Pavillon vertreten sein. Zudem wird am Dienstag (30.10.) das "Deutsche Büro zur Förderung von Handel und Investitionen in Kuba" in Anwesenheit des stellvertretenden Hauptgeschäftsführers des DIHK, Achim Dercks, sowie mehrerer Staatssekretäre verschiedener Bundesministerien feierlich eröffnet.
Aber vor allem zu einem früheren Partner werden die Beziehungen wieder enger: Russland. So findet im Rahmen der Messe ein Unternehmerforum "Russland - Lateinamerika und Karibik" statt. Dabei sollen "Perspektiven für die Zusammenarbeit in den Bereichen Handel, Wirtschaft und Investitionen zwischen Russland und den Ländern der Region" ausgelotet werden, wie es in der Ankündigung hieß. Russland als Nachfolgestaat der Sowjetunion hatte Kuba 2014 rund 90 Prozent seiner Altschulden erlassen. Die verbliebenen rund 3,5 Milliarden US-Dollar sollen mit Vorzugskonditionen für russische Investitionen auf der Insel ausgeglichen werden.
So soll der russische Ölkonzern Rosneft Kubas größte Raffinerie in Cienfuegos modernisieren, die wegen der reduzierten Öllieferungen aus Venezuela nur mit halber Kraft läuft. Im September 2017 unterschrieben beide Länder zudem ein Paket an Vereinbarungen unter anderem im Energiesektor, zum Eisenbahntransport und zur Lieferung von Fahrstühlen. Weitere Abkommen betreffen die Lebensmittelherstellung sowie die Textilindustrie. Darüber hinaus liefert Russland Lkw, Busse und Lokomotiven. Dazu passt, dass Kubas Präsident Díaz-Canel in der kommenden Woche zu seinem ersten Staatsbesuch nach Russland aufbrechen wird. Kuba orientiert sich wieder gen Osten.
Das Kuba der Castro-Brüder
An ein Leben ohne die Castros kann sich in Kuba kaum jemand erinnern. Ab dem 19. April steht erstmals kein Castro mehr an der Spitze des Staates. Fast 60 Jahre hatten die Brüder das Land mit eiserner Faust regiert.
Bild: Reuters
1959 - Die Revolution triumphiert
Die Rebellen um Fidel Castro kommen an die Macht, nachdem Diktator Fulgencio Batista im Januar geflohen ist. Die USA erkennen die neue Regierung zunächst an, stören sich aber schnell an der "revolutionären" Landreform. Präsident Dwight D. Eisenhower billigt einen Plan der CIA, Castro innerhalb eines Jahres zu stürzen und durch eine USA-freundliche Junta zu ersetzen.
Bild: AP
1960 - Verstaatlichungen und Annäherung an die Sowjetunion
Eisenhower verbietet alle Exporte nach Kuba (außer Nahrungsmittel und medizinische Güter) und setzt die Einfuhr von Zucker aus. Kuba verstaatlicht daraufhin US-amerikanisches Eigentum und sucht die Nähe zur Sowjetunion. Hier sieht man Fidel Castro (links) und seine Mitstreiter bei der Beerdigung für die Opfer der Explosion des Frachters "La Coubre", für die Kuba die CIA verantwortlich machte.
Bild: AP
1961 - Invasion in der Schweinebucht
Die Spannungen zwischen den USA und Kuba nehmen zu. Washington bricht am 3. Januar 1961 die diplomatischen Beziehungen zu Havanna ab. Im April landet eine von der CIA unterstützte Expedition von Exil-Kubanern in der Schweinebucht, um das Regime von Fidel Castro zu stürzen. Die Invasion scheitert innerhalb von drei Tagen.
Bild: AP
1962 - Einer der Höhepunkte des kalten Krieges: Kubakrise
1960 sagte der damalige Regierungschef der Sowjetunion Chruschtschow: "Ich weiß nicht, ob Fidel ein Kommunist ist, aber ich bin eine Fidelist." Die Sowjetunion verstärkte die Unterstützung und beschloss die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Kuba. Dies führte zur sogenannten "Kubakrise". Die Krise endete nach 13 Tagen mit einer geheimen Kompromisslösung zwischen Moskau und Washington.
Bild: imago/UIG
1971 – Fidel Castro in Chile
Die Episode in der Schweinebucht und die Kubakrise verstärkten den marxistisch-leninistischen Charakter der kubanischen Revolution. Kuba wurde in Lateinamerika zunehmend isoliert, entwickelte sich aber gleichzeitig zum Vorbild linksrevolutionärer Bewegungen auf dem ganzen Kontinent. 1971 wurde Castro vom sozialistischen Präsidenten Chiles Salvador Allende (rechts) empfangen.
Bild: AFP/Getty Images
1989 – Die Stunde der Perestroika
Die Machtübernahme von Michail Gorbatschow als Generalsekretär der KPdSU war der Beginn von Glasnost und Perestroika. Der Eiserne Vorhang begann zu zerfallen und das sowjetische Imperium brach auseinander. Kuba verlor seinen wichtigsten Partner und stürzte in eine tiefe Krise. Tausende Kubaner versuchten, in wackeligen Booten nach Miami zu fliehen. Viele sagten das Ende des Castro-Regimes voraus.
Bild: picture-alliance/dpa
1998 – Der erste Papst-Besuch
Ein Dekret von Papst Pius XII hatte 1941 allen Katholiken verboten, kommunistische Regime zu unterstützen. Aufgrund dessen wurde Fidel Castro 1962 exkommuniziert. Aber die Jahrzehnte vergingen und nach dem Ende des Kalten Krieges kam der Moment der Annäherung. 1996 besuchte Castro Papst Johannes Paul II. Zwei Jahre später erwiderte dieser den Besuch. Eine Geste, die als historisch gewertet wurde.
Bild: picture-alliance/AP/Michel Gangne
2002 - Fidel Castro und Jimmy Carter spielen Baseball
Seitdem die USA 1962 ihr Handelsembargo verhängt hatten, gab es nur wenige Momente der Entspannung zwischen Washington und Havanna. Einer dieser Momente war der Besuch des US-amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter im Jahr 2002. Der Versuch einer Annäherung verlief jedoch im Sande.
Bild: Adalberto Roque/AFP/Getty Images
2006 - Fidel und Hugo
Ab den 1990er Jahren verlor Kuba an Ausstrahlungskraft als Exporteur von Revolutionen. Mit dem Zusammenbruch des Ostblocks schien die sozialistische Ideologie auch in Lateinamerika am Ende zu sein. Doch dann kam in Venezuela ein Bewunderer von Fidel Castro an die Macht. Hugo Chavez propagierte die "Bolivarische Revolution" und gab Kuba wertvolle wirtschaftliche Unterstützung.
Bild: picture-alliance/dpa/dpaweb
2006 - Die Übergabe
Das Alter zwang Fidel Castro, die Macht abzugeben. 2006 übergab er sie an seinen Bruder Raúl. Ein klares Signal, dass es keine radikalen Veränderungen in Kuba geben würde. Trotz aller Fortschritte in den Bereichen Bildung und Gesundheit, zahlte das Land dafür einen hohen Preis: mit Menschenrechtsverletzungen, fehlender Meinungsfreiheit und mit Repression.
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2014 - Vorübergehendes Tauwetter
Raúl Castro und Barack Obama überraschen die Welt am 17. Dezember 2014: Sie verkünden gleichzeitig die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen ihren Ländern und den Austausch von Gefangenen. Zudem lockert Obama das Wirtschaftsembargo. Das Tauwetter ist aber nur von kurzer Dauer. Mit Präsident Trump verschlechtern sich die Beziehungen wieder rapide.
So viele Male verkündet und dann doch dementiert: Viele wollen die Todesnachricht von Fidel Castro anfangs nicht glauben. Doch am 25. November 2016 schlossen die Bars und Cafés, als sich die Nachricht in den Straßen Havannas verbreitete. Über Jahre hinweg war Fidel Castro immer wieder für tot erklärt worden, nur um dann doch wieder in Erscheinung zu treten. Doch dieses Mal nicht.
Bild: Getty Images
2018 – Die Nachfolge der Castros
Nach 10 Jahren zieht sich nun auch Raúl, der jüngere der beiden Castro-Brüder, von der Regierung zurück. Das kubanische Parlament wählt am 19. April den Nachfolger, der erstmals seit fast 60 Jahren nicht den Namen Castro trägt. Aussichtsreichster Kandidat ist der bisherige Vizepräsident Miguel Díaz Canel (rechts). Am politischen Kurs Kubas wird sich aber voraussichtlich so bald nichts ändern.