Handelspolitik: Trump gegen alle - und die USA
30. Januar 2018Als der amerikanische Präsident Sonntagabend im britischen Fernsehen interviewt wurde, sprach er mit dem Journalisten Piers Morgan auch über die Handelsbilanz Amerikas. Internationaler Handel stand schon in Trumps Wahlkampf ganz oben auf seiner Agenda. Trumps Handelspolitik steht für sein ‘Make America Great Again' Versprechen, wie kaum ein anderer Politikbereich.
Trump, Handelsminister Willbur Ross und der Handelsbeauftrage Robert Lighthizer greifen in der Debatte deshalb häufig zu emotionaler Rhetorik. Die anderen Länder würden "schummeln", die USA "unterdrücken", "missbrauchen" und "ausnutzen". Meist traf die Kritik China, Kanada oder Mexiko. Im Interview mit Morgan schoss Trump gegen die EU. Mit der habe es in Sachen Handel schon viele Probleme gegeben, die Handelspolitik der europäischen Union bezeichnete er als "unfair".
Trump will weniger Importe
Im Fokus von Trump steht vor allem das Handelsbilanzdefizit seines Landes. Die Handelspolitik der Trump-Regierung zielt deshalb darauf ab, den ausländischen Wettbewerb einzuschränken, den Importüberschuss zu verkleinern und den Absatz heimischer Produkte zu fördern. "Trump empfindet es als Schwäche, dass die USA mehr Güter importieren als exportieren", sagt Linda Lim, die an der Universität Michigan Wirtschaft unterrichtet.
Die Bemühungen von Trumps Regierung, die Importflut einzudämmen, laufen auf Hochtouren. Um gegen mögliche Dumping-Preise von chinesischem Stahl oder kanadischem Papier vorgehen zu können, hat das Wirtschaftsministerium seit Trumps Amtseinführung 84 Untersuchungen gestartet. In 2016 waren es mit 52 deutlich weniger. Dabei geht es darum, einen Grund zu finden, um einen ordentlichen Einfuhrzoll auf die Importe schlagen zu können. Nicht immer gelingt das. "Bislang sind das alles eher Drohgebärden gewesen", sagt jedoch Edward Alden vom Council on Foreign Relations, einer privaten New Yorker Denkfabrik.
Neue Zölle auf Waschmaschinen und Solaranlagen
Doch in 2018 könnte sich das ändern. Innerhalb der ersten Wochen des neuen Jahres hat die amerikanische Regierung Waschmaschinen mit einem Strafzoll belegt. Die ersten 1,2 Millionen importierten Waschmaschinen sollen mit 20 Prozent verzollt werden, später soll der Satz auf 50 Prozent steigen.
Auch importierte Solarpaneele sollen in Zukunft mit zunächst 30 Prozent, später mit 15 Prozent verzollt werden. Beide Maßnahmen zielen vor allem auf China und Südkorea ab. "Die Trump Regierung wird die amerikanischen Arbeiter, Farmer und Unternehmen beschützen", erklärte der Handelsbeauftrage Lighthizer die Entscheidung.
Trumps erste Zoll-Ziele
Im November hatte das das Handelsministerium bereits beschlossen, Bauholz aus Kanada mit knapp 21 Prozent zu verzollen. Dank Subventionen der kanadischen Regierung könnten kanadische Anbieter das Holz zu Dumping-Preisen in den USA absetzen, lautete die Begründung des amerikanischen Handelsministeriums. Aus dem gleichen Grund ist seit Anfang des Jahres auch Papier aus Kanada mit einem Strafzoll von 10 Prozent belegt.
Nach einer Beschwerde des amerikanischen Flugzeugbauers Boeing wollte die amerikanische Regierung Jets des kanadischen Flugzeugbauers Bombardier mit einem Einfuhrzoll von fast 300 Prozent belegen. Die Schiedsstelle der Internationalen Handelskommission der USA entschied in der letzten Woche aber, dass diese Zölle nicht zulässig seien. Eine krachende Niederlage für Trumps Regierung.
Weiterhin im Gespräch sind ebenfalls Strafzölle für Milchprodukte, Wein, Patente und geistiges Eigentum.
Protektionismus schadet der amerikanischen Wirtschaft
Doch anstatt der amerikanischen Wirtschaft damit zu helfen, kann diese Art von protektionistischer Handelspolitik verheerende Folgen haben, fürchten viele Wirtschaftswissenschaftler. "Zu hohe Zölle schaden auch den amerikanischen Verbrauchern und Unternehmen", glaubt Lim. Müssten Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe in Zukunft einen Strafzoll auf importiertes Material wie Holz zahlen, würden sie diese gestiegenen Kosten in der Regel an den Verbraucher weitergeben.
Auch im Einzelhandel werden die gestiegenen Kosten zu spüren sein. Die südkoreanischen Anbieter LG und Samsung haben Händler bereits gewarnt, dass ihre Waschmaschinen in Zukunft etwa 50 Dollar mehr kosten werden. Der Preis für Solaranlagen könnte drei Prozent steigen, schätzt ein Analyst der Investmentbank Raymond James. "Durch Einfuhrzölle haben Verbraucher schlicht weniger im Geldbeutel", sagt Lim. Unternehmen trifft es so gleich doppelt, meint Alden. Zum einen stiegen die Kosten, zum anderen sinke die Kaufkraft der Verbraucher.
Weniger Jobs durch Zölle?!
So erwarten Ökonomen auch Jobverluste als Folge der gestiegenen Zölle. In der Branche für Installationen von Solaranlagen könnten 23.000 Arbeitsplätze von wegfallen. Die Dienstleister rechnen mit massiven Umsatzrückgängen durch höhere Preise für Solaranlagen. Auch die Baubranche könnte es treffen. Der amerikanische Handelsverband der Bauunternehmen NAHB schätzt, dass durch die gestiegenen Preise für kanadisches Bauholz bis zu 8000 Vollzeit-Jobs in Amerika verloren gehen könnten.
Sollte das Handelsministerium beschließen, Aluminium und Stahlimporte höher zu verzollen, könnte das schwerwiegendere Folgen haben, sagt Alden. Die Untersuchungen laufen, nun hat der Präsident noch etwa drei Wochen Zeit, um sich zu entscheiden.
Im schlimmsten Fall droht ein Handelskrieg
Am meisten fürchtet Alden die Reaktion der mit Zöllen belegten Einfuhrländer. "Wir steuern auf einen Handelskrieg mit gleich mehreren Ländern zu". Und tatsächlich ist der Ton rau geworden, vor allem seitens China, Kanada und Süd-Korea. Als Trump entschied, Jets der kanadischen Firma Bombardier mit knapp 300 Prozent zu verzollen, drohte der kanadische Premier Justin Trudeau, einige Flieger von Boeing für das kanadische Militär doch nicht zu kaufen. Im November legte Kanada Beschwerde bei der Welthandelsorganisation ein, um gegen die Einfuhrzölle auf Bauholz vorzugehen. Auch China und Südkorea haben bereits Beschwerde bei der Welthandelsorganisation eingereicht als Reaktion auf die Zölle für Waschmaschinen und Solarpaneele.
Wall Street lehnt Handelsbarrieren ab
Die protektionistische Handelspolitik Trumps macht auch den Anlegern an der Wall Street Sorge. "Die Anleger fürchten Importzölle", sagt Sam Stovall, Investmentstratege bei der Kapitalanalysefirma CFRA. Eine negative Marktreaktion ist bislang aber weitestgehend ausgeblieben. Noch glaubten Anleger daran, dass es Trumps Wirtschaftsberater Gary Cohn gelingen wird, Trump von einer weniger protektionistischen Handelspolitik zu überzeugen. Der ehemalige Goldman-Sachs-Investmentbanker bilde für die Anleger ein wichtiges Gegengewicht zu Ross und Lighthizer.
Laut Wirtschaftswissenschaftlerin Lim basiert die gesamte Handelspolitik Trumps auf einer falschen Annahme, ein Handelsbilanzdefizit sei schlecht für eine Volkswirtschaft. "Trump und einige in der Regierung haben das Konzept des Handelsbilanzdefizits nicht verstanden", sagt Lim.
Trump könnte das Handelsbilanzdefizit noch vergrößern
Dabei würde ein Handelsbilanzdefizit keine wirtschaftliche Schwäche eines Landes bedeuten, im Gegenteil. Es bedeutet, dass in einer Volkswirtschaft viel Geld für privaten oder öffentlichen Konsum ausgegeben wird, bei geringen Steuereinnahmen oder die Unternehmen viel Geld investieren. Beides sorgt für in der Regel Wirtschaftswachstum.
Tatsächlich, rechnet Lim vor, könnte Trumps Handelspolitik das Handelsbilanzdefizit deshalb sogar noch vergrößern. Denn durch die Steuersenkungen werden die Steuereinnahmen der Regierung die Ausgaben noch weniger decken - das Haushaltsdefizit wächst. Die Investitionen der Unternehmen werden eher noch weiter ansteigen. Die Gleichung der Handelsbilanz wird weiter Richtung Defizit kippen, sagt Lim. "Trumps Gerede über Handel ist Politik und Ideologie", sagt Lim. Mit Wirtschaft habe das nichts zu tun.