Handyspiele made in Africa
14. August 2014Ein Matatu, eines der berühmt-berüchtigten kenianischen Sammeltaxis, brettert eine schnurgerade Straße entlang. Auf einem Computerbildschirm, gesteuert von der elfjährigen Kanini, rast der weiße Minibus mit den knallgelben Streifen an Haltestellen vorbei und sackt dabei Geld ein. "Cool", findet Kanini das. "Da muss man diesen ganzen Hindernissen ausweichen: Lastwagen, Motorrädern, alten Autos." Da taucht plötzlich ein anderer, pechschwarzer Minibus auf. Die Konkurrenz! Es folgt ein übler Crash. Game Over.
Das Rennspiel vor der Kulisse der kenianischen Hauptstadt Nairobi heißt Ma3 Racer. Was so viel bedeutet wie Matatu-Rennen. "Die Matatus hier fahren ohnehin wie die Henker", erklärt Mwaura Kikore die Idee hinter dem Spiel. Kikore ist Mitgründer von Planet Rackus, einer Firma, die eine der ersten Spiele-Apps in Kenia entwickelt hat.
Drei Jahre ist es her, dass die erste Version von Ma3 Racer erschienen - eine simple, ziemlich verpixelte Ausgabe für ganz einfache Handys. Die Erwartungen der Entwickler waren nicht sehr hoch. "Wenn das Spiel 10.000 Mal runtergeladen wird im ersten Jahr, das wäre klasse", beschreibt Kikore seine damaligen Erwartungen. "Und dann hatten wir das schon in den ersten drei Tagen. Im ersten Jahr waren es über eine Million Downloads."
Handyspiele als Kulturgut
Einfache Handys gibt es überall in Kenia. Rund 80 Prozent der Bevölkerung telefoniert mobil in dem Land, in dem es praktisch kein Festnetz gibt. Und das gilt überall in Ostafrika. Der Markt wächst rasant. "Darauf haben wir gesetzt," sagt Daniel Okalany, der Chef von Kola Studios in Uganda. "Wir hoffen, dass Smartphones sich noch schneller verbreiten als alle anderen Handys. Deshalb machen wir auch Apps für Mobiltelefone und nicht für das Internet oder für den PC."
Okalanys Kola Studios haben bereits mehrere Spiele am Start: Mosquito Rush zum Beispiel, bei dem der Spieler scheußlich sirrende, stechwütige Insekten zerklatschen muss. Oder ein traditionelles Kartenspiel aus Uganda, das ein bisschen an Mau Mau erinnert. Damit leiste das Unternehmen sogar einen Beitrag zur Bewahrung afrikanischer Kultur, sagt Okalany. "Alles, was nicht digitalisiert wird, wird schnell vergessen heutzutage. Deshalb wollen wir solche Spiele erhalten."
Afrikanische Helden
Spiele aus Afrika sind ein bisschen anders als die Konkurrenz aus Europa oder den USA, sagt auch Mwaura Kikore. "Das heißt nicht unbedingt, dass die Spiele nur für Afrikaner gedacht sind. Die Themen sind universell. Aber wir haben Helden aus Afrika, die Hintergründe sind afrikanisch oder es dreht sich um Afrikaner an anderen Schauplätzen", erklärt der Unternehmer.
Spiele nur für den afrikanischen Markt, das rechnet sich noch nicht. Bisher können sich die meisten Afrikaner selbst die günstigeren Smartphone-Modelle noch nicht leisten, geschweige denn Geld für Spiele ausgeben. Die App-Stores, die Plattformen von denen man sie herunterladen kann, sind ohnehin international. Die Konkurrenz auf dem Milliardenmarkt ist hart, wie Kikore erklärt. "Niemand auf diesem Kontinent kann bisher seinen Lebensunterhalt mit der Spieleentwicklung verdienen. Wir haben alle unsere Jobs und machen Spiele, wann immer wir können."
Sein Geld verdient Mwaura Kikore derzeit noch mit einer Werbeagentur. Aber das soll nicht so bleiben. Derzeit entwickelt er mit seinem Team ein Abenteuerspiel. Zehn Level soll es haben, komplett dreidimensional sein und gut genug, dass die Spieler bereit sind, für Zusatzinhalte auch echtes Geld auszugeben.