Hans-Dietrich Genscher und die Kultur
Heike Mund / Sabine Oelze1. April 2016Hans-Dietrich Genscher als Freund der Kultur
Es ist eine Seite, die er in seinem politischen Leben nie nach außen gekehrt hat: Hans-Dietrich Genscher war auch ein Förderer der Kultur. Fotografien und Bilder von Lyonel Feininger gehörten zu seinen Vorlieben.
Gelb als Markenzeichen
Große Politiker haben ihre modischen Vorlieben. Bei Helmut Schmidt war es die Prinz-Heinrich-Mütze, für Helmut Kohl die Strickjacke und für Hans-Dietrich Genscher: der gelbe Pullunder. Zu seinen aktiven Zeiten als Politiker trug er ihn immer und überall. In den eleganten Herrenbekleidungsgeschäften der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn kennt jeder das "Genscher-Gelb".
Politisches Statement
Das liberale Hellgelb passte perfekt zu ihm. Gelb war schon im 19. Jahrhundert die Farbe des Liberalismus. Und auch die Farbe jener, die zu gesellschaftlichen Außenseitern gemacht wurden - und für die sich Genscher immer engagierte. Der Judenstern war gelb, Verräter im Kaiserreich trugen gelb. Umso mehr Bedeutung hatte es, wenn Genscher seinen gelben Pullunder bei offiziellen Anlässen trug.
Bayreuther Festspiele
Genscher liebte klassische Musik. Vor allem Kompositionen von Dvořák und Tschaikowsky. In seiner Zeit als Bundesinnenminister kamen die Bayreuther Festspiele in Geldnot. Genscher schlug die Gründung einer Stiftung vor, getragen vom Bund und vom Freistaat Bayern. "Das lieferte auch die hinreichende Begründung für meine alljährliche Reise nach Bayreuth", scherzte er.
Goldene Henne
Bei der Verleihung der "Goldenen Henne", dem wichtigsten ostdeutschen Medienpreis, war Hans-Dietrich Genscher Stammgast. In zehn Kategorien wird dieser Preis alljährlich verliehen - die ostdeutsche Antwort auf den "Bambi". Hier genießt er 2009 neben Angela Merkel und Preisträger Václav Havel den Bühnenauftritt im Berliner Friedrichstadtpalast.
Willy-Brandt-Preis
Die Problemlagen der deutschen Außenpolitik trieben auch dem pensionierten Politiker Genscher Sorgenfalten ins Gesicht. Neben Altbundeskanzler Gerhard Schröder und dessen Frau Doris Schröder-Köpf ist er hier Gast bei der Verleihung des Willy-Brandt-Preises 2011. Für die Karikaturisten und Puppenmacher waren seine Stirnfalten und Ohren immer die wichtigsten Merkmale.
"Hurra Deutschland"
Die legendäre Polit-Satiresendung "ZAK", in den 1990er Jahren produziert vom Westdeutschen Rundfunk, nahm sich die Freiheit, damals amtierende Politiker wie Kanzler Kohl und Außenminister Genscher zur Zielscheibe ihres bissigen Spottes zu machen. In der Satirereihe "Hurra Deutschland", die mit ihren Puppen auch bei "ZAK" vertreten war, trat Genscher als Adlatus von König Kohl auf.
Genschman
Es ist selten, dass ein Politiker in der Welt der Satire gut wegkommt. Genscher gelang das: "Genschman" nannte die Satirezeitschrift "Titanic" ihre Comicfigur, die wie der Superman der Außenpolitik die Welt rettete - mit Segelohren als Flügel. "Genschman" kämpfte für das Gute und gegen CSU-Politiker wie Theo Waigel oder Edmund Stoiber. Er wurde zur Kultfigur - bis heute unvergessen.
Sinn für Humor
Mit Vergnügen eröffnete der FDP-Vorsitzende Genscher in Bonn die Ausstellung "Politische Karikaturen 1986". Die Karikatur des Künstlers Josef Partykiewicz scheint ihn zu amüsieren. Sie zeigt Genscher, der es sich im Auswärtigen Amt gemütlich gemacht hat, dahinter der polternde CSU-Politiker Franz Josef Strauß.
Späte Ehrung
Im September 2014 wurden Hans-Dietrich Genscher und das Gewandhaus-Quartett mit dem Internationalen Mendelssohn-Preis zu Leipzig ausgezeichnet. Genscher wurde als Person geehrt, die sich gesellschaftlich engagiert. Damit stand er in einer Linie mit Kurt Masur, Marcel Reich-Ranicki und Richard von Weizsäcker. Zur Preisverleihung spielte das Gewandhausorchester.
Halle - ein Ort der Kunst
Bauhaus-Künstler Lyonel Feininger lebte in Halle, der Barock-Komponist Georg Friedrich Händel und Hans-Dietrich Genscher wurden in der Stadt an der Saale geboren. Sein Geburtshaus in Sachsen-Anhalt (Bild) ist heute ein Museum, das an die Wiedervereinigung von Ost- und Westdeutschland erinnert. Den Gemälden Feiningers fühlte sich Genscher sein Leben lang verbunden.
Sein politisches Markenzeichen war die Ost- und Entspannungspolitik. Er galt als Meister der Außenpolitik. Doch wofür er nie im Mittelpunkt stand, war sein Interesse für die schönen Künste. Völlig zu Unrecht, denn er war ein Freund und Förderer der Kultur. Daran erinnern wir in dieser Bildergalerie.