Flick: "All in" mit den besten Spielern
10. August 2021Dass der neue Bundestrainer bei seiner ersten Pressekonferenz auf dem neuen Posten zwar den Namen von Mads Buttgereit nannte, nicht aber den von Thomas Müller, muss Fußball-Deutschland nicht beunruhigen. Mads wer? Buttgereit ist neuer dänischer Mitstreiter im Trainerteam und wird als solcher zwar keine entscheidenden Tore schießen, wie das Müller gerne auch vor dem EM-Aus gegen Englandgemacht hätte. Aber er wird als Experte für Standardsituationen künftig dafür sorgen, dass die Bälle dort landen, wo sie hingehören. Und die dänische Nationalelf ist ja wahrlich keine so schlechte Empfehlung.
Also, erster Pressetermin mit Hansi Flick und seinem Team auf der Baustelle des neuen DFB-Campus in Frankfurt am Main. Sie sind tatsächlich physisch da, und tatsächlich sind auch Journalisten im Raum, die persönlich Fragen stellen können. Das passt zu Flick, dem bislang in seiner Karriere auch geholfen hat, pragmatisch, bodenständig zu sein. Ein Pep Guardiola oder ein José Mourinho, der für sich in Anspruch nimmt, eher speziell zu sein ("the special one"), hätte hier längst nicht so viel Optimismus verbreiten können. Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) rund um Manager Oliver Bierhoff sind viele froh, dass es geklappt hat mit der Personalie Flick.
Außer Kroos hat keiner abgesagt
Doch was ist denn jetzt nun mit Thomas Müller und Mats Hummels, vielleicht auch mit Jérôme Boateng, nach dem ein Journalistenkollege in Frankfurt fragt? "Nachwuchs ist die Zukunft, aber es ist wichtig, dass die besten Spieler Deutschlands in dieser Mannschaft spielen sollen", sagt Flick nicht nur einmal in den 55 Minuten der Konferenz. Und da werden auch Mario Götze und Marco Reus nicht ausgeschlossen. "Marco Reus ist für mich einer der besten Spieler im letzten Drittel", sagt Flick über die Offensivqualitäten des Dortmunders, "einer der besten auf dieser Position." Außer Toni Kroos habe ihm niemand seinen Rücktritt mitgeteilt.
Fußballnation "ist Erfolg gewohnt"
Der neue Bundestrainer betont, dass der Job als neuer Bundestrainer doch einen entscheidenden Vorteil hat im Vergleich zur Vereinsarbeit. Flick bekommt hier nichts vorgesetzt, kann sich seinen Kader selbst zusammenstellen - natürlich nach Leistungsprinzipien. "Das sind die besten Spieler Deutschlands, das möchte ich auf dem Platz auch sehen", sagt Flick. Erwartungsdruck? "Das ist ganz normal, wenn man mit so einer Mannschaft, mit den besten Spielern arbeiten darf." Und: "Die Fußballnation Deutschland ist Erfolg gewohnt."
"Kennt ihr ja alle vom Pokern"
Flick hat die Europameisterschaft verfolgt, hat "die Intensität im Spiel gesehen" und den Erfolg von Mannschaften, die "früh attackieren". So hat er das schon erfolgreich bei Bayern München gehalten, und so wird er es beim DFB versuchen, ab September in der WM-Qualifikation gegen Liechtenstein (2. September), Armenien (5. September.) und Island (8. September). Es sei "wichtig, dass wir alle eine All-In-Mentalität zeigen", betont Flick und outet dabei sich und die Journalisten als versierte Glücksspieler. "Kennt ihr ja alle vom Pokern", so der neue Bundestrainer. "All-In-Mentalität heißt, dass man alles gibt."
Die Aufgabe, die Nationalmannschaft wieder an die Weltspitze heranzuführen, schultert Flick nicht alleine. Seine Co-Trainer Marcus Sorg und Danny Röhl, den noch parallel beim SC Freiburg arbeitenden Torwart-Coach Andreas Kronenberg, den bereits erwähnten Dänen-Zugang Buttgereit und den als Team-Manager installierten Benedikt Höwedes lernt man bei dieser Pressekonferenz kennen. Ein alter Bekannter ist an diesem Tag nicht gekommen, den Flick aber als Scout unbedingt beim DFB dabei haben wollte und auch bekommen hat: Hermann Gerland, Erfolgsfaktor beim FC Bayern über viele, viele Jahre, soll ebenfalls helfen, die Nationalmannschaft wieder nach vorne zu bringen. "Erfolg hat, wer andere erfolgreich macht", sagt Flick, der - nicht nur artig - auch noch einmal die Arbeit des bisherigen Bundestrainers Löw würdigt. Der 67-jährige Gerland wird auch dem neuen Bundestrainer in dem Sinne mitunter schon geholfen haben.
Dass es um mehr geht als um die Qualifikation zur Weltmeisterschaft und um den Gewinn der nächsten Spiele, macht bei der Pressekonferenz in Frankfurt Vizepräsident Peter Peters deutlich. Es gelte, die Aufbruchstimmung mit Flick dazu zu nutzen, die Menschen in Deutschland wieder zu erreichen. "Wir wissen auch, dass wir diese Begeisterung ein wenig verloren haben", sagt Peters. Insofern müssen nicht nur der Bundestrainer, nicht nur "die Mannschaft" liefern. "Der Verband braucht seine Ehre wieder zurück", sagt Peters. Auch das wird keine leichte Partie.