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Hansi Flick: "Es hat alles seinen Sinn"

Thomas Klein z. Zt. Oman
17. November 2022

Bei der WM-Generalprobe gegen den Oman entgeht die DFB-Elf knapp einer Blamage. Für Hansi Flick bringt das Trainingslager sportlich nur wenig Erkenntnisse, aber vor der WM in Katar stehen aktuell andere Dinge im Fokus.

Bundestrainer Hansi Flick verfolgt am Spielfeldrand das Spielgeschehen des Länderspiels Oman - Deutschland
Bundestrainer Hansi Flick verfolgt am Spielfeldrand das Spielgeschehen des Länderspiels Oman - DeutschlandBild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Mit einem Lächeln auf den Lippen lief Niclas Füllkrug an den wartenden Journalisten vorbei und stieg in den Mannschaftsbus der DFB-Elf. Der 29-Jährige war der einzige Spieler, der nach dem knappen 1:0 (0:0)-Sieg gegen den Oman ein gutes Gefühl gehabt haben dürfte. Füllkrug, der von Bundestrainer Hansi Flick erstmals in den DFB-Kader berufen wurde, feierte gegen den Oman sein Debüt im Trikot der Nationalmannschaft. Nach seiner Einwechslung in der zweiten Halbzeit war er an den wenigen Torchancen beteiligt und erzielte in der 80. Minute den erlösenden Siegtreffer. "Ich freue mich sehr, dass ich helfen konnte", sagte Füllkrug.

Mit seinem Tor sorgte der Bremer Stürmer für Erleichterung bei seinen Mitspielern und dem Trainerstab, denn die Leistung der Nationalmannschaft war wenige Tage vor dem WM-Start in Katar alles andere als gut. Der Bundestrainer hatte die letzte Partie vor dem Turnierstart in Katar zum großen Experimentierfeld gemacht und verzichtete auf Stammkräfte wie Antonio Rüdiger, Serge Gnabry, Niklas Süle, Thomas Müller oder auch Rückkehrer Mario Götze. Stattdessen sollten Spieler wie Armel Bella-Kotchap, Lukas Klostermann oder Debütant Youssoufa Moukoko Spielpraxis sammeln.

Mit erst 17 Jahren feiert Youssoufa Moukoko (r.) sein Debüt im Trikot der DFB-ElfBild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Die Folge war ein harmloser Auftritt der DFB-Elf gegen einen mutig spielenden Gastgeber. Der Pfostentreffer von Moukoko war die einzige gefährliche Toraktion der Gäste in der ersten Halbzeit. Es fehlte dem deutschen Spiel an Kreativität und Einsatzbereitschaft. Viele Fehlpässe, Abstimmungsprobleme und teilweise haarsträubende Fehler in der Defensive bestimmten das Spiel der Flick-Elf.

Kein Zeichen von Dominanz, Souveränität oder Selbstvertrauen - und das nur eine Woche vor dem ersten WM-Spiel gegen Japan. "Es ist bestimmt etwas schwierig das aus dem Kopf rauszukriegen, weil es der letzte Test vor der WM war", gab Thilo Kehrer zu, ergänzte aber: "Natürlich sind wir alle motiviert und ehrgeizig. Aber ich denke, dass wir heute noch etwas Luft nach oben gelassen haben, was Aggressivität und Präzision im Spiel angeht."

DFB-Elf noch nicht auf WM-Niveau

Trotz aller Selbstkritik sieht der Bundestrainer keinen Grund zur Panik und warb stattdessen für Verständnis: "Wenn wir die Zweikämpfe sehen, muss man sagen, dass es nicht das Niveau ist, das wir uns für die WM wünschen. Aber man muss auch Verständnis haben für die Spieler. Nicht jeder ist so in die Zweikämpfe gegangen, weil man auch Angst hat, sich zu verletzen", so Flick. "Wir wollten uns an die Temperaturen gewöhnen. Wir wollten den einen oder anderen sehen, aber auch Möglichkeiten geben, das Spiel als Pause oder Regeneration zu sehen. Genauso war es auch geplant."

Es habe alles seinen Sinn, so Flick weiter. Vor allem Spieler wie Rüdiger, Götze oder auch Müller nutzten die kurze Zeit im Oman zum Regenerieren, da die Belastung in den vergangenen Monaten teilweise extrem hoch war. Durch die Verschiebung der Weltmeisterschaft im Wüstenstaat Katar in den Winter wurden die Spielpläne der nationalen Ligen und internationalen Klub-Turniere verschoben. Es folgte ein Spiel auf das andere und führte zu stark verkürzten Regenerationsphasen, vor allem für Stammspieler.

Rüdiger hat 7.200 Minuten in den Beinen

Bei den letzten WM-Turnieren hatten die teilnehmenden Teams einem aktuellen Report der Spielervertretung FIFPro zufolge, im Durchschnitt mehr als 30 Tage Zeit, um sich vorzubereiten. Bei der Endrunde in Katar ist das, wie so vieles andere auch, aber anders.

Anführer mit müden Beinen? Antonio Rüdiger hat rund 80 Spiele in den KnochenBild: Frank Hoermann/Sven Simon/picture alliance

Zwischen dem letzten Bundesliga-Spieltag und dem ersten WM-Spiel gegen Japan liegen zum Beispiel nur zehn Tage. Wenig Zeit also, um an taktischen Dingen zu arbeiten oder gar ein Gemeinschaftsgefühl in den Köpfen der Spieler zu erzeugen. "Diese WM hat, was die Vorbereitung betrifft, andere Maßstäbe", erklärte Flick.

Rüdiger, der seinen letzten Einsatz mit Real Madrid vergangenen Donnerstag hatte, gehört zu den Spielern bei der WM, die die meisten Spielminuten in den Beinen haben. Der Innenverteidiger hat laut FIFPro seit dem 12. Juli 2021 rund 7.200 Minuten auf dem Platz gestanden. Das entspricht einem Einsatz bei 80 Spielen über die volle Distanz. Kein Wunder also, dass Flick bei fast jeder Möglichkeit auf das Thema "Erholung" seiner Spieler zu sprechen kommt und deswegen im Oman auch darauf den Fokus gelegt hatte.

Niclas Füllkrug macht Hoffnung

Niclas Füllkrug (2.v.r.) erzielt den Siegtreffer gegen den Oman und feiert ein perfektes Debüt in der DFB-ElfBild: Annegret Hilse/REUTERS

Daher wirkte der Schlusspfiff im Oman auch eher wie eine Erlösung. Die Spieler wirkten froh, das Spiel in der schwülen Abendhitze hinter sich gelassen zu haben. Die DFB-Elf schlich müde vom Platz, der Gastgeber freute sich dagegen über eine gute Leistung. Vor allem der omanische Vorsänger, der während der gesamten Zeit das fast ausverkaufte Sultan-Qabus-Stadion angeheizt hatte, gab noch einmal alles. Die omanische Nationalmannschaft, die Nummer 75 der FIFA-Weltrangliste, und ihre Fans waren stolz auf ihr Team, das den Weltmeister von 2014 sogar an den Rand einer Blamage gedrängt hatte.

"Man darf jetzt auch nicht alles schlechtreden. Wenn wir bei der WM jedes Spiel 1:0 gewinnen, sind wir am Ende Weltmeister", sagte Jonas Hofmann. Neben der Feststellung, dass die Nationalmannschaft noch viel Arbeit und eigentlich viel zu wenig Zeit vor dem ersten Spiel gegen Japan vor sich hat, dürfte der Trip in den Oman zumindest einem Nationalspieler richtig gut gefallen haben: Niclas Füllkrug. Und vielleicht ist auch das die einzige sportliche Erkenntnis für den Bundestrainer, denn der Bremer Angreifer ist bereit und könnte die schwächelnde Offensive der DFB-Elf bei der Wüsten-WM wiederbeleben und für überraschende Höhepunkte sorgen.

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